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Die betreffenden Gewitter entluden sich zwischen dem 8. April und dem 7. Juni 1998, als eine aus Dürrefeuern stammende Rauchwolke in Südmexiko nach Norden driftete und die Luft von Texas bis Kanada – besonders über den südlichen Great Plains – verunreinigte. Atmosphärenforscher Walter Lyons und seine Kollegen von FMA Research in Fort Collins, Colorado, stellten bei den Gewittern über den Great Plains ein ungewöhnliches Verhalten fest: Es trat eine gewaltige Anzahl sogenannter Sprites auf, die des öfteren hoch über heftigen Gewittern auftauchen. Sie sind gekennzeichnet durch geisterhaftes rotes Glühen, hervorgerufen durch geladene Stickstoffmoleküle.
Die Wissenschaftler überprüften die Daten vom National Lightning Detection Network, welches Ort, Ladung und Stärke der meisten Blitze aufzeichnet, indem es die hierbei erzeugten atmosphärischen Störungen verfolgt. Normale Blitze transportieren negative Ladung aus den unteren Schichten einer Wolke zur Erde. Doch manchmal entlädt sich die positive Ladung, die im oberen Teil der Wolke aufgebaut worden ist, in besonders kräftigen Blitzen zur Erdoberfläche hin. Diese positiv geladenen Blitze machen gewöhnlich etwa zehn Prozent aller Blitze aus. Die Daten ließen erkennen, daß jene Blitze, die aus mit Rauch angereicherten Gewitterstürmen stammen, merklich stärker als andere waren. "Es gab eine anormale Anzahl positiv geladener erdwärts gerichteter Blitze, und die maximalen Stromstärken dieser Blitze verdoppelten sich", sagt Lyons.
Lyons Team nimmt an, daß die zusätzliche positive Aufladung dadurch erzeugt wird, daß in den winzigen Rauchpartikeln mehr Kondensationskeime vorhanden sind. Die gebildeten Tröpfchen sind dann kleiner. Diese Größenveränderung beeinflußt die Art und Weise, in der sie eine elektrische Ladung annehmen, wenn sie zu Eiskörnchen gefrieren und hoch oben im Sturm hin- und hergewirbelt werden, erläutert Lawrence Radke vom National Center for Atmospheric Research in Boulder, Colorado. "Es wäre spannend, wenn wir über richtige Beobachtungen aus dem Innern dieser Wolken verfügen könnten, um zu erkennen, was sich dort eigentlich verändert", erklärt der Wissenschaftler. Dazu wird jedoch eine weitere "Feuersaison" nötig sein. Bis dahin "ist alles reine Spekulation."
Siehe auch
- Spektrum der Wissenschaft 10/97, Seite 64
"Blitze zwischen Wolken und Weltraum"
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