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Schlangenstern: Wer braucht schon Augen, um zu sehen

Rote Schlangensterne nehmen Schatten wahr, obwohl sie keine Augen haben. Nun ist bekannt, wie die wirbellosen Tiere Licht verarbeiten.
Schlangenstern Ophiocoma wendtii

Weder Hirn noch Augen haben Rote Schlangensterne. Und doch können die Meeresbewohner irgendwie ziemlich gut sehen, haben gar eine starke Abneigung gegen Licht. Lange rätselten Forscherteams, wie das möglich ist. So manch überzeugende Theorie wurde zwischenzeitlich wieder verworfen. Nun gibt es neue Erkenntnisse um Ophiocoma wendtii, die ein Forscherteam im Magazin »Current Biology« veröffentlicht hat.

Vor rund 30 Jahren haben Schlangensterne erstmals für große Aufregung gesorgt. Damals nämlich wurde bekannt, wie lichtempfindlich die wirbellosen Tiere mit ihren fünf Ärmchen sind. Je nach Lichteinfall wechseln die Stachelhäuter innerhalb weniger Stunden die Farbe: Den Tag verbringen sie in einem gleichmäßigen Rot, nachts aber sind sie eher beigefarben.

Dabei haben die Tiere keine Augen. Woher wissen sie also, ob es Tag oder Nacht ist? Wie erkennen sie, dass sich ein Fressfeind nähert? Und wie finden sie die nächste Spalte, um sich zu verstecken? Vor Jahren wollten Wissenschaftlerinnen und Forscher herausgefunden haben, dass der Großteil des Körpers mit Kristalllinsen bedeckt ist, die einfallendes Licht auf Nervenzellen projizieren und Schlangensterne so sehen lassen. Das gesamte Tier wäre gewissermaßen ein Komplexauge, ähnlich dem von Insekten, hieß es. Doch Untersuchungen mit drei Arten der Gattung Ophiocoma offenbarten, dass die Nervenbahnen der Tiere nicht in tieferen Hautschichten, sondern sehr nahe an der Oberfläche zwischen den Kristallstrukturen verlaufen – damit kämen sie als Lichtsammelorgane nicht weiter in Frage, schrieben damals die Biologin Lauren Sumner-Rooney und Kollegen. Nun will ihr internationales Team die Lösung gefunden haben: Die Fähigkeit, die Farbe der Haut zu wechseln, soll entscheidend sein.

Nutzt die Seegurke denselben Trick?

Sumner-Rooney untersucht seit Jahren visuelle Systeme. »Verhaltensexperimente lieferten uns nicht nur den ersten Beweis, dass diese Schlangensterne sehen können, sondern sind erst das zweite bekannte Beispiel für das Sehvermögen eines Tieres, dem die Augen fehlen«, sagt Sumner-Rooney, die mit dem Museum für Naturkunde in Berlin zusammenarbeitet, in einer Pressemitteilung. »Überraschend für uns war jedoch, dass die Reaktionen der Tiere, die tagsüber erfolgreich getestet wurden, bei nächtlichen Tests keine positiven Ergebnisse zeigten. Die lichtempfindlichen Zellen schienen aber immer noch aktiv zu sein.«

Indem sie diverse Techniken kombinierten, erstellten die Forscher aus Oxford und Berlin digitale Modelle einzelner lichtempfindlicher Zellen zweier Arten, mit und ohne die dunkle Tagespigmentierung von Ophiocoma wendtii. »Wir konnten nachweisen, dass das Pigment tagsüber das Licht, das die Sensoren erreicht, auf einen engeren Winkel beschränkt, der ihrer hypothetischen visuellen Auflösung entspricht«, erklärt die an der Forschung beteiligte Esther Ullrich-Lüter vom Museum für Naturkunde Berlin. »Ohne dieses Pigment – bei Ophiocoma pumila oder während der Nacht bei Ophiocoma wendtii – erreichte das Licht die Sensoren aus einem viel breiteren Winkel, was das räumliche Sehen unmöglich macht.« Die Schlussfolgerung: Bewegliche Pigmentzellen und tausende Hautlichtsensoren erlauben Schlangensternen, grobe Strukturen zu erkennen.

Tatsächlich hat eine Seegurkenart im Labor ebenfalls Sumner-Rooneys Test bestanden. Weitere Versuchen würden zeigen, ob die Seegurke einen ähnlichen Trick wie Ophiocoma nutzt oder die Mechanismen sich doch unterscheiden, schreiben Sumner-Rooney und Kollegen.

Rote Schlangensterne leben gern in Korallenriffen. Man hat sie im Pazifik gefunden, aber auch im Atlantik etwa vor Belize, Bermuda und Brasilien. Bis zu 25 Zentimeter wird Ophiocoma wendtii groß. Der Körper besteht aus einer Rumpfscheibe, an der deutlich abgesetzte, stark bewegliche Arme sitzen. Das ist der wesentliche Unterschied zu Seesternen.

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  • Quellen
https://www.eurekalert.org/emb_releases/2020–01/uoo-seo121919.php

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