Wissenschaftsgeschichte: Wer entdeckte die Expansion des Alls wirklich?
Die Entdeckung zählt zu den wichtigsten Kulturleistungen der Menschheit: Das Universum bläht sich immer weiter auf. Vor rund 90 Jahren führte diese Einsicht zur Theorie des Urknalls. Seitdem sind die meisten Astromomen überzeugt: Der Kosmos hatte einen Anfang, und er hat eine Geschichte. Es ist die größte Geschichte der Welt, nämlich die Geschichte der Welt selbst. Seit 13,8 Milliarden läuft sie stetig fort – und wir Menschen sind mittendrin. Aber wer hat diesen Gedanken zuerst gefasst, wer hat die Expansion des Universums erdacht, und wer konnte sie zuerst mit Messdaten untermauern?
Seit 1929 wird sie vor allem mit einem Namen verknüpft: Edwin Powell Hubble. Am berühmten Mount Wilson Observatory in Kalifornien bestimmte der US-Astronom bei mehreren Dutzend Galaxien den Zusammenhang zwischen ihren Entfernungen und ihren »Fluchtgeschwindigkeiten«, mit einer Präzision, die keinen Zweifel mehr zuließ: Je weiter eine Galaxie entfernt ist, desto schneller bewegt sie sich von uns weg. Aber was hatte das zu bedeuten? Und war Hubble wirklich der Erste, der diesen Zusammenhang erkannte?
Hubble war nicht allein
Daran scheint nicht zuletzt die Internationale Astronomische Union (IAU) zu zweifeln, die weltgrößte Astronomenvereinigung mit gut 12 000 Mitgliedern. Sie hat sich nach einer Abstimmung im Oktober 2018 dafür ausgesprochen, neben Hubble einen weiteren Wissenschaftler aufs Podest zu heben: Georges Lemaître. So soll die berühmte Hubble-Relation, die den Zusammenhang zwischen Entfernung und Geschwindigkeit zum Gesetz erhebt, künftig Hubble-Lemaître-Beziehung heißen.
Eine ganze Reihe von Wissenschaftlern – und auch eine oft übersehene Wissenschaftlerin – haben an der Entdeckung der Ausdehnung des Kosmos mitgewirkt
Wer sich mit Anfängen der Kosmologie in den 1920er Jahren beschäftigt, hält das rasch für eine gute Idee. Denn die Entdeckergeschichte der kosmischen Expansion bestätigt wieder einmal eine Regel des Statistikers Stephen Stigler aus dem Jahr 1980: Keine wissenschaftliche Entdeckung ist nach ihrem Entdecker benannt. Manchem gilt die Causa Hubble seit Langem sogar als Paradebeispiel für diese Feststellung.
Viele geniale Geister
Was die Expansion des Alls angeht, ist ein einzelner Entdecker allein schon deshalb unsinnig, weil es den einen genialen Geist gar nicht gegeben hat. Vielmehr haben eine ganze Reihe von Wissenschaftlern – und auch eine oft übersehene Wissenschaftlerin – an der Entdeckung der Ausdehnung des Kosmos mitgewirkt. Sowohl mit ihren am Schreibtisch gewonnenen theoretischen Erkenntnissen als auch mit ihren in zahllosen Nächten an den Fernrohren zusammengetragenen Beobachtungen.
Aber der Reihe nach. Schon 1917 wendete Albert Einstein die Feldgleichungen seiner allgemeinen Relativitätstheorie auf die Raum-Zeit-Struktur des Kosmos als Ganzes an. Sehr zum Unmut Einsteins lieferte das aber eine Beschreibung der Welt, die ganz und gar nicht seinen Vorstellungen entsprach: Unter dem Einfluss einer im Wortsinn All-gegenwärtigen Gravitation der Materie konnte der Kosmos nicht statisch stabil sein.
Er musste entweder schrumpfen, oder – wie man später erkannte – er konnte auch expandieren. Das widersprach jedoch dem Weltbild seiner Zeit, das noch ganz auf der Naturphilosophie von Aristoteles beruhte: Das Universum ist unveränderlich und ewig. Also ergänzte Einstein, der kreative Freigeist, seine Gleichungen ad hoc um eine »universelle Konstante Lambda«. Sie konnte als Widerpart der Gravitation genau so gewählt werden, dass sie Einsteins Welt wieder ins Gleichgewicht brachte: Raum, Zeit, Materie und Gravitation fügten sich wieder zusammen zu dem unveränderlich ewigen Kosmos, wie ihn sich das in dieser Hinsicht erstaunlich konservative Genie vorstellte.
Erst viele Jahre später soll Einstein seine willkürliche kosmologische Korrektur als »größte Eselei« seines Lebens bewertet haben. In vielen Büchern ist zu lesen, dass Einstein zu dieser Einsicht 1931 bei einem Besuch des Hooker-Teleskops auf dem Mount Wilson gelangt ist. Dort habe ihn der versierte Himmelsbeobachter Hubble davon überzeugt, dass er die Expansion des Kosmos empirisch nachgewiesen habe.
Das größte Fernrohr der Welt
Aber was hatte Hubble tatsächlich herausgefunden? Auf jeden Fall hatte er Mitte der 1920er Jahre mit dem damals größten Fernrohr der Erde die Natur der nebligen Lichtwölkchen enthüllt, die wir heute Galaxien nennen: In Wahrheit sind diese »Nebel« gigantische Wolken aus jeweils vielen Milliarden Sternen weit außerhalb der Milchstraße.
In der Folgezeit widmete Hubble sich der Aufgabe, die Entfernungen der Galaxien zu messen. Dabei benutzte er unter anderem eine Methode, die zurückging auf eine Entdeckung von Henrietta Leavitt. Sie war eine der offiziell als »Computer« bezeichneten, weiblichen Hilfskräfte am Harvard-Observatorium der University of Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. Diese Rechenkräfte bestimmten und katalogisierten systematisch die Positionen, Helligkeiten und Farben der vielen Sterne, die auf jeder Aufnahme des Himmels abgebildet sind.
Unter den zahllosen Sternen befanden sich auch so genannte Cepheiden. Bei ihnen handelt es sich um Sterne, die regelmäßig ihre Helligkeiten innerhalb weniger Tage oder Wochen, aber stets nach demselben Muster ändern. 1912 erkannte Henrietta Leavitt in den Daten der Cepheiden, mit denen sie zu tun hatte, eine Systematik, die zu einem sehr wertvollen Werkzeug der kosmischen Entfernungsmessungen werden sollte: Je heller ein Cepheiden-Stern im Mittelwert leuchtet, desto langsamer schwankt seine Helligkeit.
Kurze Zeit später konnte der dänische Astronom Eijnar Hertzsprung die Entfernung von 13 Cepheiden-Sternen in der Milchstraße messen. Damit war ihre Helligkeit kalibriert, mit anderen Worten: Die Periodendauer, in der ein Cepheiden-Stern seinen Helligkeitswechsel wiederholt, verrät uns gleichzeitig auch direkt, wie viel Licht er insgesamt aussendet – Grundlage seiner fotometrischen Entfernungsbestimmung.
So gelang es Hubble mit dem Hooker-Teleskop ab Mitte der 1920er Jahre, auch in manchen der fernen verschwommenen Galaxien einzelne Cepheiden-Sterne aufzuspüren. Aus der Dauer ihres Helligkeitswechsels ergab sich mit der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung von Henrietta Leavitt, wie viel Licht sie jeweils abstrahlten. Und aus der Messung des wenigen Lichts, das davon noch auf der Erde ankommt, konnte Hubble die Entfernungen dieser Cepheiden berechnen und damit auch die Entfernungen ihrer jeweiligen Heimatgalaxien selbst. Zusammen mit anderen Messungen und Überlegungen konnte Hubble den Aufbau des Kosmos immer besser erkennen: Die Galaxien leuchten weit verstreut in riesigen Räumen. Zwischen ihnen klaffen jeweils Entfernungen von Millionen von Lichtjahren.
Licht, nach Farbe sortiert
Das allein war eine wichtige Erkenntnis, aber zur Entdeckung der Expansion des Kosmos fehlte noch eine weitere wichtige Information: Die Entfernungen der Galaxien von uns und auch untereinander vergrößern sich. Dies zeigte sich durch eine ganz andere, nicht minder erstaunliche Eigenschaft, auf die der Astronom Vesto Slipher bereits ab 1912 bei einer zunehmenden Zahl von Galaxien gestoßen war. Slipher war es gelungen, das Licht von Galaxien spektroskopisch in seine Farben zu zerlegen. Und dabei zeigte sich, dass dieses Licht rötlicher, also mit größeren Wellenlängen, bei uns ankommt, als die Galaxien es abgestrahlt haben müssen.
Heute wissen wir, was die Rotverschiebung des Lichts ferner Galaxien anzeigt: Während das Licht Millionen oder Milliarden von Jahren lang durch die Weiten des Weltalls fliegt, dehnen sich diese Weiten immer noch weiter aus. Lichtwellen werden daher gestreckt und dadurch etwas »röter«. Etwas Ähnliches beobachten wir bei den Schallwellen aus der Sirene eines von uns wegfahrenden Krankenwagens: Die Töne werden tiefer. Physiker sprechen vom »Doppler-Effekt«.
Selbst auf dem Mond ist die wissenschaftshistorische Ungerechtigkeit verewigt
Aber nicht nur Astronomen interessierten sich Anfang des 20. Jahrhunderts für das Weltall. Auch der russische Mathematiker Alexander Friedmann machte sich darüber Gedanken. Schon 1922 erkannte er, dass nach den Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie der Kosmos seinem Zusammensturz dadurch entgehen kann, dass er expandiert.
Friedmann kam jedoch nicht auf die Idee nachzuprüfen, ob Beobachtungen des wirklichen Weltalls, wie zum Beispiel die Rotverschiebungen von Vesto Slipher, mit seiner theoretisch abgeleiteten Expansion übereinstimmten. Und so blieben die anspruchsvollen Rechnungen graue Theorie – mathematisch mögliche Weltmodelle ohne jeden weiteren Hinweis, ob sie irgendwas mit der Realität zu tun hatten.
Die Rolle des belgischen Priesters
Ganz anders dagegen der belgische Priester Georges Lemaître, weshalb die IAU ihn künftig auch stärker würdigen will. Lemaître beschäftigte sich nicht nur als Theologe mit dem Himmel. Als promovierter Mathematiker und Astronom berechnete er zudem, welche Eigenschaften des Himmels sich aus den einsteinschen Gleichungen ableiten ließen. Im Unterschied zu Friedmann versuchte er jedoch, sein theoretisch gefundenes Weltmodell an die Beobachtungsdaten des Kosmos anzupassen.
Wie schon der Titel seiner Veröffentlichung 1927 verrät, hegte er keinen Zweifel an der Ursache der von Slipher gemessenen Rotverschiebungen des Lichts von Galaxien: Der Kosmos expandiert. Und als Erster beschrieb Lemaître auch, wie die kosmische Expansion Lichtwellen verlängert: Obwohl die Galaxien selbst nicht durch den Raum rasen, vergrößert die Expansion des Raums doch ständig ihre Entfernungen von uns. Dadurch entsteht ein »kosmologischer Doppler-Effekt«, der die von den Galaxien abgestrahlten Lichtwellen auseinanderzieht, so dass sie mit größeren Wellenlängen bei uns ankommen.
Die Beobachtungsdaten bestärkten Lemaîtres Hoffnung, mit dieser Beschreibung auf der richtigen Expansionsspur zu sein. Denn genau so, wie sein Weltmodell es theoretisch vorhersagte, schienen die aus den Rotverschiebungen berechneten »Fluchtgeschwindigkeiten« der Galaxien tatsächlich umso größer zu sein, je weiter die Galaxien jeweils entfernt waren. Die von Lemaître verwendeten Daten der Rotverschiebungen stammten dabei fast alle von Slipher und waren ziemlich genau.
Schwieriger war die Messung der Entfernungen der Galaxien; sie war bis dahin nur in ganz wenigen Einzelfällen gelungen. Lemaître blieb deshalb nichts anderes übrig, als auf Messdaten von Hubble zurückzugreifen. Dieser hatte die von ihm gemessenen Helligkeiten von 42 Galaxien in einer Liste vermerkt. Unter der keineswegs selbstverständlichen Annahme, dass alle Galaxien ungefähr gleich viel Licht abstrahlen, schätzte Lemaître aus ihren beobachteten Helligkeiten grob ihre Entfernungen ab. Dabei wies er ausdrücklich auf die großen Fehlermöglichkeiten dieser Methode hin.
625 Kilometer pro Sekunde
Trotzdem wagte er es, aus dem Mittelwert der (genaueren) Rotverschiebungen des Lichts dieser Galaxien und dem Mittelwert ihrer (unsicheren) Entfernungen sogar schon eine Expansionsrate des Kosmos zu berechnen: 625 Kilometer pro Sekunde pro Megaparsec. Das bedeutete: Sind zwei Galaxien ein Megaparsec, also 3,26 Millionen Lichtjahre, voneinander entfernt, vergrößert sich ihr Abstand mit einer Geschwindigkeit von 625 Kilometern pro Sekunde. Bei doppeltem Abstand wächst ihr Abstand doppelt so schnell, und so weiter.
Aber expandierte der reale Weltraum tatsächlich so, wie Lemaîtres theoretisches Weltmodell auf der Basis noch ziemlich ungenauer Beobachtungsdaten es darstellte? 1928, ein Jahr nach seiner Veröffentlichung, nahm der Belgier an der 3. Versammlung der Internationalen Astronomischen Union in Leiden teil.
Auch Hubble war aus den USA angereist. Kamen die beiden während der acht Tagungstage ins Gespräch über ihre Forschungen? Bat Lemaître den erfahrenen Himmelsbeobachter Hubble vielleicht sogar, seine Hypothese eines expandierenden Kosmos und seiner linearen Beziehung zwischen Entfernung und Expansionsgeschwindigkeit empirisch zu überprüfen? Es sind bis heute keinerlei Hinweise darauf gefunden worden, dass ein solches Gespräch tatsächlich stattfand.
Die IAU hält es zumindest für möglich. Wissenschaftshistoriker haben daran jedoch zuletzt Zweifel angemeldet, wie das Magazin »Science« berichtet. Wodurch Hubble auch immer motiviert wurde: Schon 1929 erschien seine erste Veröffentlichung zu diesem Thema. Darin hatte er die Daten von insgesamt 46 Galaxien verarbeitet. Die Rotverschiebungen ihres Lichts stammten dabei zum Teil wieder von Vesto Slipher, zum Teil aber auch schon von Hubbles kongenialem Mitarbeiter Milton Humason.
Hubble selbst war es mittlerweile gelungen, die Entfernungen der Galaxien mit wesentlich größerer Genauigkeit zu messen – unter anderem mit der Cepheiden-Methode. Und so zeigten die Daten nun mit großer Sicherheit die Beziehung, die Hubbles wissenschaftlichen Weltruhm begründen würde: Die »Fluchtgeschwindigkeiten« v der Galaxien sind proportional zu ihren Entfernungen r, also v = H · r. Den Proportionalitätsfaktor H berechnete Hubble aus den ihm vorliegenden Daten zu rund 500 Kilometern pro Sekunde pro Megaparsec.
Hubble blieb die korrekte Deutung schuldig
Hubbles empirisch gefundene Beziehung bestätigte grundsätzlich Lemaîtres Hypothese eines expandierenden Weltraums. Sogar die von den beiden angegebenen Expansionsraten, heute oft als »Hubble-Konstante« bezeichnet, liegen erstaunlich nahe beieinander. (Aus heutiger Sicht waren die Zahlen sehr ungenau – Kosmologen schätzen H mittlerweile auf rund 70 km/s/Mpc, streiten aber seit Längerem über den genauen Wert.)
In seiner Veröffentlichung aus dem Jahr 1929 erwähnte Hubble den belgischen Priester nicht. Auch von einer Expansion des Kosmos steht nirgendwo auch nur ein Wort. Hubble verweist vielmehr ausdrücklich auf ein ganz anderes kosmologisches Weltmodell, das der niederländische Astronom Willem de Sitter schon 1917 aus den einsteinschen Feldgleichungen abgeleitet hatte. Es beschreibt einen statischen Kosmos, in dem jedoch gleich aus zwei Gründen trotzdem Rotverschiebungen auftreten.
Im Übrigen wollte Hubble es, wie er in einem späteren Brief an de Sitter schreibt, seinen dafür kompetenten Kollegen überlassen, die Bedeutung des von ihm entdeckten Zusammenhangs zu ergründen. Auch in der Folgezeit behauptete Hubble niemals, die Expansion des Kosmos entdeckt zu haben.
Trotzdem wurde nicht Lemaître, sondern Hubble der strahlende Held in der Entdeckergeschichte der kosmischen Expansion. Die Geschichte dieser Ungerechtigkeit begann damit, dass Lemaîtres Veröffentlichung von 1927 in französischer Sprache in einer wenig gelesenen belgischen Fachzeitschrift erschien. Erst vier Jahre später übersetzte er sie auf Englisch.
1931 erschien sie in den angesehenen »Monthly Notices« der Royal Astronomical Society – mit einer kleinen, aber wesentlichen Kürzung: Seine Überlegungen und Berechnungen hinsichtlich der Entfernungen der Galaxien und der mit ihnen berechneten Expansionsrate hatte Lemaître ganz bewusst weggelassen.
Der bescheidene Georges Lemaître
Wie er bescheiden in einem Brief an den Herausgeber erläuterte, hielt er sie nun wegen der 1927 vorliegenden ungenauen Beobachtungsdaten für »provisorisch« und nicht mehr von »aktuellem Interesse«. In der englischen Version stand deshalb nur noch sein nacktes Rechenergebnis für die Expansionsrate – und dies auch noch zusammen mit einer äußerst unglücklichen Formulierung Lemaîtres: »From available data we adopt …«
So konnte, ja musste der falsche Eindruck entstehen, als hätte er diese Zahl aus irgendeiner neueren Veröffentlichung übernommen und nicht 1927 schon selbst berechnet. Folgerichtig konnten alle Leserinnen und Leser, die nur die englische Version von Lemaîtres Arbeit zu Gesicht bekamen, zu dem Schluss kommen, dass Hubble 1929 der Erste war, der die Expansionsrate des Kosmos empirisch bestimmt und damit auch die kosmische Expansion entdeckt hatte.
Schon Einstein, der es doch eigentlich besser hätte wissen müssen, nannte fortan fast immer nur den Namen Hubble (Einstein schrieb ihn oft »Hubbel«), wenn er auf kosmologische Fragen zu sprechen oder zu schreiben kam. Auch heute noch tragen das »Hubble-Gesetz« und die in ihm enthaltene »Hubble-Konstante« als griffige Beschreibung der Expansion des Kosmos den Ruhm ihres vermeintlichen Entdeckers durch Lehrbücher und Hörsäle.
Selbst auf dem Mond ist die Ungerechtigkeit verewigt
Und seit fast 20 Jahren heftet zudem das Hubble-Weltraumteleskop den Namen des US-amerikanischen Astronomen an jedes seiner Bilder aus den expandierenden Weiten des Weltalls. Gewiss: Auch der belgische Priester-Astronom wurde schon einmal Namensgeber eines Raumschiffs. Es war ein Raumfrachter, der 2014 Ausrüstung, Kleidung und Nahrungsmittel zur Internationalen Raumstation brachte – unter anderem Käsespätzle für Alexander Gerst. Im Februar 2015 verglühte »Georges Lemaître« beim Wiedereintritt in die Atmosphäre – das Hubble-Teleskop fliegt hingegen noch immer.
Selbst auf dem Mond ist die wissenschaftshistorische Ungerechtigkeit verewigt: Ein immerhin 80 Kilometer großer Mondkrater am nordöstlichen Rand auf der uns zugewandten Seite des Mondes trägt den Namen »Hubble«. Auch nach Milton Humason hat man einen kleinen Krater benannt, der von der Erde aus zu sehen ist. Dagegen ist der Krater »Lemaître« mit 94 Kilometern Durchmesser zwar etwas größer als »Hubble«, er liegt jedoch von der Erde aus für alle Zeiten unsichtbar auf der Rückseite des Mondes. Daran wird auch die IAU nichts ändern können.
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