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Theoretische Astronomie: Wieso Pulsare strahlen

Pulsare sind seit den 1960er Jahren bekannt, völlig verstanden sind sie aber nicht. Forscher präsentieren nun eine Erklärung, wie die intensive Radiostrahlung von den sich schnell drehenden Neutronensternen entstehen könnte. Ähnlich wie bei einem Blitz kommt es zu einer starken Entladung und einem Nachglühen, das schließlich zu pulsierenden Radiowellen führt.
Illustration eines strahlenden Sterns

Als Astronomen im Jahr 1967 zum ersten Mal die rhythmisch wiederkehrenden Radiowellen eines Pulsars beobachteten, zogen sie in Betracht, dass es sich dabei um Signale einer fremden Zivilisation handeln könnte. Das glaubt heutzutage keiner mehr – gleichwohl ist die Entstehung der intensiven Radiostrahlungspulse von sich schnell drehenden Sternen nicht im Detail verstanden. Nun haben Forscher im Fachmagazin »Physical Review Letters« eine mögliche Erklärung des Mechanismus präsentiert: Die starken elektrischen Feldern des Pulsars reißen Elektronen von der Oberfläche des Sterns und beschleunigen sie auf extreme Energien. Die rasend schnellen Elektronen beginnen, hochenergetische Gammastrahlen auszusenden, die wiederum durch das ultrastarke Magnetfeld des Pulsars absorbiert werden und eine wahre Flut von zusätzlichen Elektronen und ihren Antimaterie-Gegenstücken, den Positronen, erzeugen. Diese neugeborenen geladenen Teilchen bringen die elektrischen Felder des Sterns zum Schwingen. In Kombination mit den starken Magnetfeldern des Pulsars führen die schwankenden elektrischen Felder schließlich zu elektromagnetischen Wellenpulsen, die in den Weltraum entweichen. Mit Hilfe von Simulationen konnten die Forscher verifizieren, dass solche elektromagnetischen Wellen genau mit den bei Pulsaren beobachteten Radiowellen übereinstimmen.

Bei Pulsaren handelt es sich um Neutronensterne, also sehr kompakte und stark magnetisierte Überreste kollabierter Sterne. Im Gegensatz zu anderen Neutronensternen drehen sich Pulsare mit enormen Geschwindigkeiten, oft mehr als 700-mal pro Sekunde. Es war bekannt, dass durch diese Drehung starke elektrische Felder erzeugt werden; und das führt schließlich irgendwie zu den pulsierenden Radiowellen, welche die beiden Magnetpole des Sterns aussenden. Das Besondere an diesen Wellen ist, dass sie kohärent sind, das heißt, sie laufen im Gleichschritt miteinander. Die Drehung des Pulsars führt nun dazu, dass sich die Strahlen kreisförmig über den Himmel bewegen. Von der Erde aus scheinen die Pulsare daher zu blinken, weil sich die Strahlen in unsere Beobachtungslinie hinein- und wieder aus ihr herausbewegen. Die Blinksignale sind so regelmäßig, dass sie es mit der Genauigkeit von Atomuhren aufnehmen können.

Um endlich eine Erklärung für das Phänomen zu finden, haben die Autoren der jetzigen Veröffentlichung zweidimensionale Simulationen des Plasmas erstellt, das die Magnetpole eines Pulsars umgibt. Man könne sich den Prozess wie einen Blitz vorstellen, wird der leitende Studienautor Alexander Philippov, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Computational Astrophysics des Flatiron-Instituts in New York City, in der Pressemitteilung zitiert. »Wie aus dem Nichts kommt es zu einer starken Entladung, die eine Wolke aus Elektronen und Positronen erzeugt.« Anschließend entstehe ein »Nachglühen«, wobei die Elektron-Positron-Paare mit ihren eigenen elektrischen Feldern dem anfänglichen elektrischen Feld entgegenwirken und es dämpfen. Dadurch beginnt Letzteres irgendwann zu oszillieren, was schließlich dazu führt, dass elektromagnetische Strahlung ausgesandt wird.

Die Forscher planen nun, ihre Simulationen auszubauen, um noch näher an die reale Physik eines Pulsars heranzukommen. Die Entdeckung könnte aber bereits Forschungsprojekten helfen, die sich auf Pulsaremissionen stützen. Zum Beispiel versuchen Astronomen mit Hilfe solcher Signale, Gravitationswellen aufzuspüren. Da Gravitationswellen die Raumzeit stauchen und dehnen, verursachen sie nämlich winzige Abweichungen in der Pulsarperiode.

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