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News: Woher stammt das kalte Plasma?

Wenn es so richtig heiß wird und Elektronen sich von den Atomrümpfen trennen, entsteht ein Plasma - ein Gas ionisierter Atome. Unter extremen Bedingungen, wie sie beispielsweise im Zentrum des Riesenplaneten Jupiter herrschen, nimmt dieses Plasma vermutlich ganz besondere Eigenschaften an. Wie genau es sich bei dem hohen Druck verhält, können Physiker vielleicht demnächst im Laborversuch simulieren. Denn einem amerikanischen Team ist es gelungen, Materie in einen ähnlichen Zustand zu versetzen. Allerdings bildete sich ihr Plasma fast am absoluten Nullpunkt der Temperaturskala spontan aus - und niemand weiß so richtig, woher es die Energie dafür genommen hat.
Ein klassisches Plasma ist heiß. Erst bei über 10 000 Grad Celsius überwinden die äußeren Elektronen die Anziehungskraft ihres Atomkerns und bewegen sich fortan auf eigenen Bahnen. Nur selten lassen sie sich dabei durch ihre Nachbarn irritieren. Wird allerdings der Druck sehr hoch und steigt die Dichte dadurch an, kommt es häufiger zu Wechselwirkungen. Die Teilchen beeinflussen sich gegenseitig, und schließlich beherrscht die Interaktion den Weg der Ionen und Elektronen. Solch ein "stark gekoppeltes" Plasma vermuten Wissenschaftler zum Beispiel im Zentrum des Planeten Jupiter. Um den Kern des Riesen zu verstehen, müssen Forscher also dieses besondere Ionengas studieren, am besten in Experimenten auf der Erde.

Da keine Maschine der Welt einen Druck wie im Innern des Jupiter herstellen kann, wählen die Physiker einen anderen Zugang: so genannte Rydberg-Atome. Diese Giganten unter den Atomen können so groß wie Viren werden. Dazu regt man ein äußeres Elektron vorsichtig immer stärker an, bis es sehr weit vom Kern entfernt und nur noch schwach daran gebunden ist. Auf diese Weise hat Thomas Gallagher von der University of Virginia in Charlottesville Rydberg-Atome aus Cesium geschaffen, die rund 160 Nanometer Durchmesser hatten. "Das sind enorme Atome", sagt er.

Die größere Überraschung bereiteten ihm die Teilchen jedoch, als er zusammen mit einem Team um Pierre Pillet vom National Center for Scientific Research in Orsay Wolken aus Rubidium und Cäsium untersuchte. Zunächst kühlten die Forscher die Atome mit Lasern ab und fingen sie mit Hilfe einer magneto-optischen Falle. Dort dämpften sie die Wärmebewegungen der Atome so weit herab, dass deren Temperatur im Wesentlichen bei 140 bis 300-millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt lag. Nur etwa ein Prozent blieb "heiß" und wies etwa Zimmertemperatur auf. Mit Laserpulsen regten Pillet und Gallagher die Atome dann in den Rydberg-Zustand an. Zu ihrem Erstaunen bildete sich daraus innerhalb weniger Millisekunden spontan ein Plasma – nur einen Hauch über dem Nullpunkt (Physical Review Letters vom 20. November 2000, Abstract).

Rydberg-Atome mögen riesig sein, doch selbst ihr äußerstes Elektron ist immer noch an den Kern gebunden. Woher stammte also das letzte Fünkchen Energie, das die Trennung ermöglichte? Da sich bei Versuchen, in denen wirklich alle Atome abgekühlt waren, kein Plasma bildete, vermutet Gallagher, dass Zusammenstöße zwischen kalten und heißen Rydberg-Atomen eine wichtige Rolle spielen. Außerdem werden einige davon schon durch thermische Photonen in der Gaswolke ionisiert. Doch selbst beide Effekte zusammen können höchstens zehn Prozent der nötigen Energie liefern, um ein Plasma hervorzurufen. Der Löwenanteil muss aus einer anderen Quelle stammen.

Die Wissenschaftler wollen sich jetzt auf die Suche nach diesem mysteriösen Energiespender machen. Einfach wird das wohl nicht werden, denn über ultrakaltes Plasma ist bislang wenig bekannt. "Es sind Versuche an der Schnittstelle zwischen der Physik einzelner Körper – bei dem jedes Atom als Individuum zu betrachten ist – und der Physik vieler Körper mit kollektiven Effekten", sagt Steve Rolston vom National Institute for Standards and Technology in Gaithersburg. "Wir wissen nicht, was uns erwartet, und es gibt zur Zeit unheimlich wenig Theorien, die uns helfen können."

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