Fluidmechanik: Zähes Kräftespiel
Auf den ersten Blick scheinen sich Honig und Zahnpasta fließtechnisch sehr ähnlich zu verhalten: Aus der Tube gequetscht, sinkt der zähe Strang zu Boden und rollt sich dabei häufig von selbst auf. Der aufmerksame Beobachter kann jedoch gleichwohl Unterschiede entdecken, die sich auch bei einer mathematischen Beschreibung des Phänomens herauskristallisieren.
Neil M. Ribe mag Honig. Das hat der Physiker des Institut de Physique du Globe in Paris bereits vor einem Jahr bewiesen, als er sich im Rahmen eines theoretischen Modells dem Fließverhalten von Honig und anderen viskosen Flüssigkeiten gewidmet hat. Damals ging es vor allem um die Faltenmuster, welche die dickflüssigen Substanzen beim Auftreffen auf eine Unterlage produzieren. Aber die Natur ist weit vielseitiger. So häuft sich der klebrige Strang je nach Bedingung nicht nur zu einem geschwungenen Zickzack-Muster, zuweilen rollt er sich auch ein. Schön zu sehen, wenn Honig aus der richtigen Höhe aufs Toastbrot tropft.
Klar, dass Ribe sich auch diesem Phänomen nicht verschließen konnte und an einer allgemeinen theoretischen Beschreibung werkelte. Eine solche stellt der Forscher nun auf üppigen 17 Seiten vor. 17, das ist auch die Zahl der eindimensionalen Differenzialgleichungen, auf die sich das eigentlich dreidimensionale Strömungsphänomen zurückführen lässt. Und ganze 19 Randbedingungen braucht es, um eine eindeutige Lösung zu diesen Gleichungen zu finden, denn zwei freie Parameter gehen in die Rechnungen ein.
Doch der Aufwand lohnt, kann doch nun in schönster Allgemeinheit ein beliebiger Fall von viskosem Fließen und Tropfen diskutiert und die Wicklungsfrequenz der jeweiligen Substanz in Abhängigkeit von Dichte, Flussrate, Öffnungsradius des Behältnisses und Fallhöhe berechnet werden. Das indes macht der Computer, da sich die vielen Differenzialgleichungen dort am besten handhaben lassen. Heraus kommen jedenfalls drei wesentliche voneinander verschiedene Arten des Einrollens – je nachdem, welche Parteien beim Kräftespiel überwiegen.
Da wäre zunächst der einfachste Fall: das "viskose Aufrollen". Hier spielen – nomen est omen – lediglich die viskosen Kräfte in der Paste eine Rolle, welche die Verformbarkeit der zähflüssigen Masse bestimmen. Gravitation und Trägheitskräfte sind indes zu vernachlässigen. Das Paradebeispiel für ein Material, das sich vor allem viskos kringelt ist Zahnpasta – das ist auch der Grund, warum sich die Dicke der Paste nach dem Austritt aus der Tube nicht mehr sonderlich verändert.
Ganz anders beim Honig. Dieser fließt anfangs noch in einem breiten Strang aus seinem Behältnis, der sich jedoch im Fallen immer mehr verjüngt. Schuld daran ist die Schwerkraft, welche den Strang in die Länge zieht und den viskosen Kräften Paroli bietet. Deshalb spricht Ribe in diesem Fall auch von einer "gravitativen Wicklung".
Tropft der Honig aus großer Höhe, dann kommen zudem noch Trägheitskräfte zum Tragen, denn schließlich beschleunigt die zuckersüße Masse beim Fall und bringt somit einiges an Bewegungsenergie mit sich. Heraus kommt eine "träge Wicklung". Alle drei Fälle lassen sich sowohl im Experiment wie auch nun im theoretischen Modell nachstellen und passen zudem zu Ergebnissen, die andere Wissenschaftler zuvor erarbeitet hatten.
Fast 50 Jahre des Forschens an fluiden Aufrollvorgängen stecken hinter dem theoretischen Modell, das uns Ribe nun präsentiert. Denken Sie mal daran, wenn Sie das nächste Mal einen Honigtoast verspeisen. In jedem Fall: Guten Appetit!
Klar, dass Ribe sich auch diesem Phänomen nicht verschließen konnte und an einer allgemeinen theoretischen Beschreibung werkelte. Eine solche stellt der Forscher nun auf üppigen 17 Seiten vor. 17, das ist auch die Zahl der eindimensionalen Differenzialgleichungen, auf die sich das eigentlich dreidimensionale Strömungsphänomen zurückführen lässt. Und ganze 19 Randbedingungen braucht es, um eine eindeutige Lösung zu diesen Gleichungen zu finden, denn zwei freie Parameter gehen in die Rechnungen ein.
Doch der Aufwand lohnt, kann doch nun in schönster Allgemeinheit ein beliebiger Fall von viskosem Fließen und Tropfen diskutiert und die Wicklungsfrequenz der jeweiligen Substanz in Abhängigkeit von Dichte, Flussrate, Öffnungsradius des Behältnisses und Fallhöhe berechnet werden. Das indes macht der Computer, da sich die vielen Differenzialgleichungen dort am besten handhaben lassen. Heraus kommen jedenfalls drei wesentliche voneinander verschiedene Arten des Einrollens – je nachdem, welche Parteien beim Kräftespiel überwiegen.
Da wäre zunächst der einfachste Fall: das "viskose Aufrollen". Hier spielen – nomen est omen – lediglich die viskosen Kräfte in der Paste eine Rolle, welche die Verformbarkeit der zähflüssigen Masse bestimmen. Gravitation und Trägheitskräfte sind indes zu vernachlässigen. Das Paradebeispiel für ein Material, das sich vor allem viskos kringelt ist Zahnpasta – das ist auch der Grund, warum sich die Dicke der Paste nach dem Austritt aus der Tube nicht mehr sonderlich verändert.
Ganz anders beim Honig. Dieser fließt anfangs noch in einem breiten Strang aus seinem Behältnis, der sich jedoch im Fallen immer mehr verjüngt. Schuld daran ist die Schwerkraft, welche den Strang in die Länge zieht und den viskosen Kräften Paroli bietet. Deshalb spricht Ribe in diesem Fall auch von einer "gravitativen Wicklung".
Tropft der Honig aus großer Höhe, dann kommen zudem noch Trägheitskräfte zum Tragen, denn schließlich beschleunigt die zuckersüße Masse beim Fall und bringt somit einiges an Bewegungsenergie mit sich. Heraus kommt eine "träge Wicklung". Alle drei Fälle lassen sich sowohl im Experiment wie auch nun im theoretischen Modell nachstellen und passen zudem zu Ergebnissen, die andere Wissenschaftler zuvor erarbeitet hatten.
Fast 50 Jahre des Forschens an fluiden Aufrollvorgängen stecken hinter dem theoretischen Modell, das uns Ribe nun präsentiert. Denken Sie mal daran, wenn Sie das nächste Mal einen Honigtoast verspeisen. In jedem Fall: Guten Appetit!
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