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News: Zeit zu blühen

Wenn die ersten Blüten im Frühling auftauchen, ist das eines der sichersten Zeichen, dass der Winter vorbei ist. Doch auf welche Weise sind Pflanzen in der Lage, die wechselnden Jahreszeiten zu registrieren, und wie verwenden sie diese Information, um zur rechten Zeit ihre Blüten auszubilden?
Arabidopsis
Erst vor etwa 80 Jahren gelang es zu zeigen, dass Tabakpflanzen zwischen Sommer und Winter unterscheiden können, indem sie die Tageslänge messen. Wie man später herausfand, ist dieser Vorgang, der so genannte Photoperiodismus, im Pflanzenreich weit verbreitet. Er kommt sogar bei Säugetieren, Insekten und Vögeln vor. Außer der Blütenbildung werden auch noch andere, saisonabhängige Vorgänge über die Tageslänge gesteuert, wie beispielsweise die Bildung der Knollen bei der Kartoffel oder die Winterruhe der Knospen von Obstbäumen.

Das erste Modell, mit dem man die Mechanismen des Photoperiodismus zu erklären suchte, stammt von Erwin Bünning (1906-1990), der in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Jena und Königsberg und nach 1946 in Tübingen arbeitete. Danach werden viele Aspekte des pflanzlichen Verhaltens vom Tagesrhythmus gesteuert, zum Beispiel die Bewegung der Blätter, um das Sonnenlicht optimal zu verwerten, oder das Schließen der Spaltöffnungen an den Blättern, um den Wasserverlust während des Tages möglichst gering zu halten. Diese Verhaltensweisen folgen also einem circadianen Rhythmus, das heißt sie werden von einer inneren Uhr gesteuert, deren Zyklus etwa 24 Stunden dauert.

Bünning schlug damals vor, die innere Uhr bilde auch die Basis für den Photoperiodismus. Nach seiner Vorstellung kontrolliert der von der inneren Uhr erzeugte Rhythmus die Blütenbildung, wobei ein Abschnitt des Rhythmus lichtempfindlich sei. Wann eine Pflanze also zu blühen beginnt, hängt davon ab, ob sie während des lichtempfindlichen Abschnitts ihres inneren Rhythmus tatsächlich dem Sonnenlicht ausgesetzt war. Demnach kann die Blütenbildung nur an langen, nicht aber an kurzen Tagen eingeleitet werden, da die lichtempfindliche Phase bei langer Sonneneinstrahlung im Licht, an kurzen Tagen aber in der Dunkelheit liegt. Die Blütenbildung hängt also davon ab, ob ein externes Signal, nämlich Licht, mit einem internen Rhythmus zusammenwirkt. Sie deshalb als "externes Koinzidenzmodell" bekannt.

Bünnings Modell wurde in den letzten Jahren vertieft, als es gelang, Gene zu isolieren, die die Blütenbildung kontrollieren. Arabidopsis thaliana, auch Ackerschmalwand oder Mausohrkresse genannt, ist die Modellpflanze, die für genetische Experimente am häufigsten verwendet wird. Ihr Genom wurde inzwischen vollständig entschlüsselt und enthält etwa 25 000 Gene, welche die Basis für pflanzliches Leben darstellen. In der Natur blüht Arabidopsis im Frühling, als Folge der länger werdenden Tage. Die Pflanze kann jedoch nicht mehr zwischen langen und kurzen Tagen unterscheiden, wenn eines der Gene inaktiviert wird, die an diesem Vorgang beteiligt sind.

Eines dieser Gene ist CONSTANS. Es wird von der inneren Uhr kontrolliert, indem seine Boten-RNA erst etwa 12 Stunden nach Tagesanbruch zum ersten Mal gebildet und dann noch bis zum nächsten Morgen hergestellt wird. Dieses charakteristische Expressionsmuster bewirkt, dass an langen Tagen das CONSTANS-Gen auch im Tageslicht abgelesen wird, während an kurzen Tagen die Expression nur in der Dunkelheit stattfindet. Wenn CONSTANS daher die Blütenbildung nur unter der Bedingung induziert, dass sich seine Expression mit der Einwirkung von Licht überlappt, so würde das erklären, warum Pflanzen an langen, nicht aber an kurzen Tagen zu blühen beginnen.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung haben nun einen der wesentlichen Mechanismen aufgeklärt, über den das Licht auf das CONSTANS-Protein einwirkt. Hieran beteiligt sind die Pflanzenproteine Cryptochrom und Phytochrom A, die blaues beziehungsweise dunkelrotes Licht detektieren. Sie sind notwendig, um CONSTANS zu aktivieren. Sind diese Licht-Rezeptoren am Ende des Tages durch das einwirkende blaue oder dunkelrote Licht immer noch aktiv, so wird verhindert, dass das neu hergestellte CONSTANS-Protein gleich wieder abgebaut wird. Vielmehr kann es sich dann im Zellkern anreichern und dort bestimmte Zielgene einschalten, welche die Blütenbildung auslösen.

Sind diese Lichtrezeptoren jedoch wegen der einsetzenden Dunkelheit nicht mehr aktiv, so haftet sich ein kleines Protein namens Ubiquitin an das CONSTANS-Protein und führt zu dessen raschem Abbau im Proteasom. Daher ist bei kurzer Tageslänge das CONSTANS-Protein in Pflanzenzellen nicht zu finden, obwohl seine Boten-RNA gebildet wird. Ähnlich wie es seinerzeit Bünning vorgeschlagen hat, folgt die Anreicherung des CONSTANS-Protein im Zellkern also einem Licht-sensitiven Rhythmus, der die Blütenbildung nur bei größerer Tageslänge erlaubt, wenn Pflanzen auch 12 Stunden nach Tagesanbruch noch Licht erhalten.

Die genaue Analyse des CONSTANS-Proteins zeigte verschiedene Regulationsebenen, die in den physiologischen Experimenten von Bünning und anderen seinerzeit noch nicht vorherzusehen waren. Zusätzlich zur Stabilisierung des CONSTANS-Proteins am Ende des Tages entdeckten die Kölner Wissenschaftler, dass ein weiterer Lichtrezeptor, Phytochrom B, dafür sorgt, dass CONSTANS bei Tagesanbruch wieder abgebaut wird. Dass CONSTANS am Ende des Tages aktiviert wird, hängt also sowohl vom circadianen Rhythmus ab, der die Bildung der Boten-RNA steuert, als auch vom Antagonismus zwischen verschiedenen Lichtrezeptoren. Während einige der Rezeptoren zum Abbau des CONSTANS-Proteins am Morgen führen, bewirken andere dessen Stabilisierung am Abend.

Diese grundlegenden Beobachtungen sind nicht auf die Ackerschmalwand Arabidopsis allein beschränkt. So haben japanische Forscher erst vor kurzem gezeigt, dass CONSTANS und andere Proteine der Blütenbildung auch im Reis vorkommen, dessen letzter gemeinsame Vorfahre mit Arabidopsis immerhin vor gut 150 Millionen Jahren existierte. CONSTANS kontrolliert also die von der Tagenslänge abhängig Blütenbildung auch in dieser wichtigen Nutzpflanze. Die von den Kölner Wissenschaftlern gemachte Entdeckung hat daher wahrscheinlich Bedeutung für alle Blütenpflanzen.

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