Veterinärmedizin: Zwangsweise frühreif
Der Tasmanische Teufel ist der Letzte seiner Art, das größte noch lebende Fleisch fressende Beuteltier und eine Ikone seiner australischen Heimat. Eine verheerende Krankheit bedroht jedoch seine Existenz - und zwingt ihn zu einer außergewöhnlichen Änderung seines Verhaltens.
Könnte man die letzte Zufluchtsstätte einer vom Aussterben bedrohten Art hoffnungsvoller als Maria Island titulieren? Noch dazu wenn die gefährdete Spezies den Namen des Antichristen trägt? Das kleine Eiland vor der Küste Tasmaniens soll nun jedenfalls zum Rettungsanker für den Beutelteufel (Sarcophilus harrisii) werden, dessen Bestand auf der Hauptinsel in rasender Geschwindigkeit dahinsiecht – hinweggerafft von einer heimtückischen Krankheit namens Teufelsgesichtstumorkrankheit (Devil Facial Tumour Disease, DFTD).
Wie ein Flächenbrand
Die Zeit drängt jedoch, denn seit DFTD erstmals nachgewiesen wurde, starben daran tausende Tasmanische Teufel. Von den rund 100 000 Tieren aus dem Jahr 1999 hat bis heute allenfalls die Hälfte überlebt; stellenweise kamen nur elf Prozent der ursprünglichen Population durch. Und rasch breitet sich die Pest vom Osten Tasmaniens nun immer weiter nach Westen in die letzten noch gesunden Bastionen des urigen Beuteltiers aus.
Verzweifelt suchen Naturschützer und Wissenschaftler nach Möglichkeiten, den kleinen Teufel zu retten und die Krankheit aufzuhalten. Menna Jones von der University of Tasmania in der Inselhauptstadt Hobart und ihre Kollegen wollten deshalb wissen, ob die Tiere ihr Verhalten ändern, wenn sie erkranken, und was dies für die Erhaltung der Art bedeuten könnte. Vieles deutet momentan daraufhin, dass sich der Krebs durch Verletzungen während der Paarung oder bei Revierkämpfen überträgt, denn beides geht oft mit üblen Wunden im Gesichtsbereich einher. Infektiöse Zellen gelangen dadurch von einem Tier zum nächsten – ohne Unterschied zwischen den gleichermaßen streitlustigen Geschlechtern.
Frühes Sterben
DFTD trifft allerdings überdurchschnittlich oft ältere Individuen, wenn es ein Gebiet neu erreicht, bemerkte Jones Team an ihren fünf Studienstandorten: Bevor die Krankheit ausbricht, dominieren erwachsene Männchen und Weibchen, die älter als drei Jahre sind, danach fehlt die Kohorte nahezu vollständig. Jüngere Tiere entgehen dagegen dem Krebs zunächst, weil sie seltener in die lebensgefährlichen Kämpfe und das Paarungsgeschäft involviert sind.
Letzteres ändert sich aber gerade zwangsläufig: Bislang ruhte die Fortpflanzung nahezu vollständig auf den gesetzteren Teufelinnen, die mit zwei Jahren geschlechtsreif werden und bis einschließlich des fünften Lebensjahrs fortpflanzungsfähig sind – anschließend müssen sie dem auch ohne DFTD zehrenden Leben der Beutelteufel Tribut zollen und verscheiden. Da diese älteren Weibchen nun aber rasch wegsterben, müssen die jüngeren die entstehenden Lücken füllen. Sie werden nach Jones' Erkenntnissen früher fruchtbar und schon im ersten Lebensjahr zur Mutter: In manchen Gebieten stellen sie schon mehr als 80 Prozent der Gebärenden – ein Anstieg um das 16-fache.
Eine Hoffnung namens Cedric
Damit geraten sie allerdings in Reichweite des Krebses, der durch die wenig zärtlichen Liebesbisse beim Geschlechtsakt übertragen wird. Mit fatalen Folgen, denn oft leben die Tiere anschließend nicht lange genug, um ihren Wurf auch aufzuziehen. Für die Forscher ist dies dennoch ein einmaliger Vorgang unter Säugetieren: Erstmals wiesen sie nach, dass eine Art ihre übliche Fortpflanzungsstrategie – mehrere Geburten im Laufe einiger Jahre – unfreiwillig nahezu völlig umkrempelt und nun auf frühreife Einmalversuche zurückgreift.
Für die Erhaltung der Art ist dadurch allerdings noch kaum etwas gewonnen, weil viele Jungmütter vorzeitig verenden. Und da die Krankheit selbst bei sehr niedriger Bestandsdichte kursiert, fürchten viele Biologen, dass die Beutelteufel in 20 bis 25 Jahren in freier Wildbahn ausgestorben sein könnten. Sie setzen also vorerst weiterhin auf Projekte wie Maria Island und Zuchtgruppen in Zoos, wo gesunde Tiere momentan eine Art Notpopulation begründen.
Vielleicht retten sich die Teufel aber auch selbst: So scheint der Vormarsch von DFTD gegenwärtig an den Gebirgen im Westen der Insel vorerst zu stoppen, jenseits davon wurde die Krankheit jedenfalls bislang nicht nachgewiesen. Und dann gibt es noch Cedric, ein junges Männchen im Forschungszentrum der Universität, das Antikörper gegen ihm verabreichte Krebszellen bildet und gesund bleibt. Auf ihm ruhen nun Hoffnungen für den rettenden Impfstoff.
Innerhalb von nur drei Monaten zerstört dieser Krebs das Gesicht der Tiere, sodass sie nicht mehr fressen können, und übersät ihren Körper mit Geschwulsten. Was die Krankheit auslöst – etwa Viren oder mutierte Zellen, die nach Kontakt mit gesundem Gewebe dieses ebenfalls aus dem Ruder laufen lässt –, entzieht sich bislang noch ebenso der Kenntnis wie potenzielle medizinische Gegenmaßnahmen.
Wie ein Flächenbrand
Die Zeit drängt jedoch, denn seit DFTD erstmals nachgewiesen wurde, starben daran tausende Tasmanische Teufel. Von den rund 100 000 Tieren aus dem Jahr 1999 hat bis heute allenfalls die Hälfte überlebt; stellenweise kamen nur elf Prozent der ursprünglichen Population durch. Und rasch breitet sich die Pest vom Osten Tasmaniens nun immer weiter nach Westen in die letzten noch gesunden Bastionen des urigen Beuteltiers aus.
Verzweifelt suchen Naturschützer und Wissenschaftler nach Möglichkeiten, den kleinen Teufel zu retten und die Krankheit aufzuhalten. Menna Jones von der University of Tasmania in der Inselhauptstadt Hobart und ihre Kollegen wollten deshalb wissen, ob die Tiere ihr Verhalten ändern, wenn sie erkranken, und was dies für die Erhaltung der Art bedeuten könnte. Vieles deutet momentan daraufhin, dass sich der Krebs durch Verletzungen während der Paarung oder bei Revierkämpfen überträgt, denn beides geht oft mit üblen Wunden im Gesichtsbereich einher. Infektiöse Zellen gelangen dadurch von einem Tier zum nächsten – ohne Unterschied zwischen den gleichermaßen streitlustigen Geschlechtern.
Frühes Sterben
DFTD trifft allerdings überdurchschnittlich oft ältere Individuen, wenn es ein Gebiet neu erreicht, bemerkte Jones Team an ihren fünf Studienstandorten: Bevor die Krankheit ausbricht, dominieren erwachsene Männchen und Weibchen, die älter als drei Jahre sind, danach fehlt die Kohorte nahezu vollständig. Jüngere Tiere entgehen dagegen dem Krebs zunächst, weil sie seltener in die lebensgefährlichen Kämpfe und das Paarungsgeschäft involviert sind.
Letzteres ändert sich aber gerade zwangsläufig: Bislang ruhte die Fortpflanzung nahezu vollständig auf den gesetzteren Teufelinnen, die mit zwei Jahren geschlechtsreif werden und bis einschließlich des fünften Lebensjahrs fortpflanzungsfähig sind – anschließend müssen sie dem auch ohne DFTD zehrenden Leben der Beutelteufel Tribut zollen und verscheiden. Da diese älteren Weibchen nun aber rasch wegsterben, müssen die jüngeren die entstehenden Lücken füllen. Sie werden nach Jones' Erkenntnissen früher fruchtbar und schon im ersten Lebensjahr zur Mutter: In manchen Gebieten stellen sie schon mehr als 80 Prozent der Gebärenden – ein Anstieg um das 16-fache.
Eine Hoffnung namens Cedric
Damit geraten sie allerdings in Reichweite des Krebses, der durch die wenig zärtlichen Liebesbisse beim Geschlechtsakt übertragen wird. Mit fatalen Folgen, denn oft leben die Tiere anschließend nicht lange genug, um ihren Wurf auch aufzuziehen. Für die Forscher ist dies dennoch ein einmaliger Vorgang unter Säugetieren: Erstmals wiesen sie nach, dass eine Art ihre übliche Fortpflanzungsstrategie – mehrere Geburten im Laufe einiger Jahre – unfreiwillig nahezu völlig umkrempelt und nun auf frühreife Einmalversuche zurückgreift.
Für die Erhaltung der Art ist dadurch allerdings noch kaum etwas gewonnen, weil viele Jungmütter vorzeitig verenden. Und da die Krankheit selbst bei sehr niedriger Bestandsdichte kursiert, fürchten viele Biologen, dass die Beutelteufel in 20 bis 25 Jahren in freier Wildbahn ausgestorben sein könnten. Sie setzen also vorerst weiterhin auf Projekte wie Maria Island und Zuchtgruppen in Zoos, wo gesunde Tiere momentan eine Art Notpopulation begründen.
Vielleicht retten sich die Teufel aber auch selbst: So scheint der Vormarsch von DFTD gegenwärtig an den Gebirgen im Westen der Insel vorerst zu stoppen, jenseits davon wurde die Krankheit jedenfalls bislang nicht nachgewiesen. Und dann gibt es noch Cedric, ein junges Männchen im Forschungszentrum der Universität, das Antikörper gegen ihm verabreichte Krebszellen bildet und gesund bleibt. Auf ihm ruhen nun Hoffnungen für den rettenden Impfstoff.
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