Direkt zum Inhalt

Modellansatz: Smart Meter Gateway

Vernetzung weltweit

Zur GPN17 des Entropia e.V. im ZKM – Zentrum für Kunst und Medien und der Hochschule für Gestaltung (HfG) hat Manuel Lösch einen Vortrag zu Smart Meter Gateways gehalten. Manuel promoviert am FZI Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe zu intelligenten Stromnetzen und der Flexibilisierung von elektrischen Lasten, um diese netzdienlich zur Verfügung zu stellen.

Die Einführung des Smart Meter Gateway wurde mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende Ende 2016 in Deutschland beschlossen. Dabei muss man Smart Meter Gateways deutlich von den so genannten Smart Metern oder intelligenten Zählern unterscheiden, die im Fall der elektrischen Energie den Ferraris-Zähler ablösen werden und den Stromverbrauch digital aufzeichnen und verarbeiten können. Die Kombination von intelligenten Zählern und einem Smart Meter Gateway resultiert in einem Intelligenten Messsystem, das Informationen auch an externe Entitäten wie Energielieferanten oder Netzbetreiber versenden kann.

Viele Smart Meter sind mit einer Infrarot-Schnittstelle via Smart Message Language beispielsweise über das Volkszähler-Projekt auslesbar. Neuere Geräte verfügen über eine standardisierte M-Bus-Schnittstelle zur digitalen Datenübertragung zwischen Zähler und z.B. dem Smart Meter Gateway. Grundsätzlich soll die Standardisierung den Kunden das Auslesen erleichtern, damit sie einen besseren Einblick in ihr Energienutzungsverhalten erhalten und Einsparmöglichkeiten erkennen können. Gesetzlich ist sogar vorgeschrieben, dass die Nutzer eines intelligenten Zählers neben dem aktuellen Verbrauchswert sogar einen Einblick bis zwei Jahre in die Vergangenheit erhalten müssen.

Bis zum Jahre 2032 sollen nach dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende alle Haushalte in Deutschland mit mindestens intelligenten Zählern ausgestattet sein, und je nach Haushaltsgröße auch mit Smart Meter Gateways, die die Kommunikation nach extern ermöglichen. Die Basis des Gesetzes ist das dritte Energiepaket der EU von 2009, die den Mitgliedstaaten vorgab eine Smart-Metering-Infrastruktur einzurichten, wenn eine Kosten-Nutzen-Analyse dieses für sinnvoll erachtet. Daher wurde 2013 eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt mit dem Ergebnis, dass ein Teil-Rollout für Deutschland sinnvoll ist. So sollen zwar alle Nutzer intelligente Zähler erhalten, jedoch sind die Gateways nur für größere, sog. netzrelevante, Nutzer vorgeschrieben. Die betrachtete Nutzungsgröße kann sich mit größerer Elektromobilität jedoch stark ändern: Mit einem Elektroauto kann der Verbrauch eines kleinen Haushalts sich vervielfachen und auch die dezentrale Stromerzeugung beispielsweise durch Photovoltaik wird einbezogen.

Mit der Energiewende hat sich die Belastung der Stromnetze stark geändert. Die bisher auf zentrale Versorgung ausgelegte hierarchische Netztopologie kann durch dezentrale Stromerzeugung stark belastet werden. Zur Entlastung der Netze wurden Betreiber von PV-Anlagen verpflichtet, die Einspeisung zu beschränken, entweder fest auf 70 Prozent der Maximalleistung oder über ein Einspeisemanagement gesteuert über Rundsteuertechnik.

Das Smart Meter Gateway arbeitet auf drei Netzbereichen und soll eine sichere Kommunikation zwischen diesen ermöglichen. So gibt es das dem Internet bzw. Wide Area Network zur Kommunikation mit beispielsweise dem Stromanbieter, das Home Area Network für Anwendungen im eigenen Haus und das Local Metrological Network welches die eigentlichen Strom-, Wärme, Gas- und Wasserzähler beinhaltet. Im Home Area Network könnten künftig beispielsweise Geräte wie das Nest Thermostat angeschlossen werden. Dieses kann in den USA heute schon beispielsweise Wärmepumpen oder Klimaanlagen sowohl nach Nutzeranforderung und Netzanforderungen optimiert ansteuern. Dabei werden das Haus oder der Warmwasserspeicher, also bereits vorhandene thermische Energiespeicher, zur Lastverschiebung im "intelligenten" Stromnetz ausgenutzt. Das Konzept dazu ist nicht neu, seit längerer Zeit gibt es bereits den Niederstromtarif, der im Gegensatz zum Hochtarif preiswerter ist und zu Zeiten geringer Netzauslastung zur Verfügung steht. Diese Tarife werden auch heute teilweise noch mit Nachtspeicherheizungen genutzt. Auf Grund energetischer Ineffizienz wurden Speicherheizungen bereits verboten, heute erleben sie aber wieder eine gewisse Renaissance, da sie zur Pufferung überschüssiger Energie herangezogen werden können.

Mit der ermöglichten Kommunikation über verschiedene Netzwerkbereiche und der Steuerbarkeit von außen steigen auch die Sicherheitsanforderungen an ein solches System. Daher sind Smart Meter Gateways in Deutschland in eine Public Key Infrastruktur eingebunden, um einen Missbrauch nach Stand der Technik zu unterbinden. Eine sehr wichtige Rolle wird hier dem Smart Meter Gateway Administrator zugeteilt, der durch digitale Zertifikate die Grundlage für die Authentifizierung der verschiedenen Kommunikationspartner setzt.

Die innere Sicherheit des Smart Meter Gateway wird durch ein vom BSI zertifiziertes Sicherheitsmodul gewährleistet, das die erforderliche Kryptographie zur sicheren Kommunikation zur Verfügung stellt. Auch in manchen Smartphones werden zusätzliche Chips zur Absicherung verwendet. Auch wenn es zumindest schon einen Anbieter eines zertifizierten Sicherheitsmoduls gibt, haben sich zum Zeitpunkt der Aufnahme zwar acht Gateways zur Zertifizierung beworben, doch hat noch keines die Zertifizierung abgeschlossen, obwohl die Gesetzgeber in diesem Jahr den Start des Rollouts intelligenter Messsysteme geplant haben.

Die Wahrung der Privatsphäre ist ein wichtiges Thema bei der Weitergabe von Stromverbrauchsdaten: So konnte mit Hilfe der Messdaten eines Smart Meters bereits erfolgreich bestimmt werden, welcher Film auf einem Fernseher lief. Auf der anderen Seite ist die zeitnahe und regelmäßige Weitergabe von Stromverbrauchsdaten eine sehr wichtige Informationsquelle für die Bewirtschaftung der Bilanzkreise, die wesentlich auf der Erstellung von Prognosen basiert und grundlegend für die Stabilität unseres Stromnetzes ist. Da bei kleineren Verbrauchern noch keine viertelstündlichen Verbrauchsmeldungen erzeugt werden, kommen dort standardisierte Lastprofile zum Einsatz, um den typischen Stromverbrauch von Haushalten und Gewerbebetrieben zu modellieren. Durch die steigende Elektromobilität kann sich in Zukunft durch häusliches Laden der Verbrauch eines Haushalts jedoch deutlich von Standardlastprofilen unterscheiden. Andererseits ergibt der Ladeprozess einen neuen Freiheitsgrad, um Lasten zu verschieben und gerade dann Energie zu verbrauchen, wenn diese im Überfluss vorhanden ist.

Zur Koordination vieler kleiner dezentraler Energieerzeuger wurde das Konzept der virtuellen Kraftwerke ins Leben gerufen, mit dem viele kleine Kraftwerke als gemeinsame Institution an Strom- und Regelleistungsmärkten aktiv teilnehmen können. Wenn der tatsächliche Verbrauch sich von den Prognosen stark unterscheidet, so fluktuieren die Preise an der Strombörse stark, es kann an der EPEX am Spotmarkt bei starkem Überangebot sogar zu negativen Strompreisen kommen, da große Kraftwerke sich nur beschränkt regeln lassen. Diese Großhandelspreise können aber aktuell nur zu einem Teil an Endkunden weitergegeben werden, da der tatsächliche Energiepreis nur einen Teil des Endpreises ausmacht; zusätzlich fallen fixe Netzentgelte und Umlagen an.

Die Steuerung dezentraler Stromerzeuger und variabler Stromverbraucher (heute v.a. Wärmepumpen und Speicherheizungen) wie oft auch die Straßenbeleuchtung erfolgt an vielen Orten und auch in Karlsruhe durch Rundsteuertechnik, welche Signale im hörbaren Frequenzbereich von 110-2000 Hz über das vorhandene Stromnetz überträgt. Um hier ein Netzsegment zu steuern sind Sendeleistungen teilweise bis im hohen Kilowattbereich erforderlich. Die Rundsteuertechnik ist an vielen Orten auch durch Funkrundsteuertechnik mit Signalen auf Langwelle oder Ultrakurzwelle realisiert. Langwellensignale wie DCF77 können mit Soundkarten empfangen und auch können Langwellen per Audioausgang gesendet werden. Zur GPN17 wurde auch der Gulasch Push Notifier alias GPN-Badge entwickelt, der ebenso zentral die Teilnehmer des Events zum Gulasch rufen sollte.

Das Forschungsgebiet von Manuel behandelt die Erschließung von Flexibilität in der Erzeugung und dem Verbrauch elektrischer Energie, mit dem Ziel diese netzdienlich und gewinnbringend in sogenannten "intelligenten Stromnetzen" zur Verfügung zu stellen. Dies untersucht er aktuell im Kontext größerer Liegenschaften, welche als große Endverbraucher oft auch vor Ort über eigene dezentrale Stromerzeuger verfügen. Am FZI House of Living Labs setzt er die Forschung praxisnah um: Das Energiemanagementsystem im FZI House of Living Labs ermöglicht beispielsweise die automatisierte Steuerung der Klimaanlage passend zu Meetings und dem aktuellen Netzzustand.


Literatur und weiterführende Informationen


Podcasts


GPN17 Special


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.