Hemmes mathematische Rätsel: Die Eierfrau
Der Codex Vindobonensis phil. gr. 65 der Österreichischen Nationalbibliothek wurde wie Hunderte anderer griechischer Handschriften von Augerius von Busbeck während seiner Tätigkeit als Botschafter Kaiser Ferdinands I. am Hof Sultan Suleimans II (1555-1562) in Konstantinopel erworben. Die Handschrift besteht aus zwei anonymen Rechenbüchern, die von zwei verschiedenen Autoren des 15. Jahrhunderts stammen. Das zweite Rechenbuch ist eine Sammlung von Aufgaben, die zum Teil aus der Unterhaltungsmathematik stammen, mit den dazugehörigen Lösungen. Die 86. Aufgabe erzählt vom Missgeschick einer Eierfrau.
Eine alte Frau verkaufte Eier auf dem Markt, und da kamen zufällig zwei Männer daher, stießen die Frau an und zerbrachen ihre Eier. Die Frau brachte die Männer vor den Richter, und sein Urteil bestimmte, dass sie der Frau ihre Eier ersetzen sollten. Die Männer fragten die Alte, wie viele Eier es waren, um sie zu bezahlen, und die Frau sagte: »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur noch, wenn ich immer zwei Eier nebeneinander legte, blieb ein Ei übrig. Auch wenn ich immer drei Eier oder vier Eier oder fünf Eier oder sechs Eier nebeneinander legte, blieb jedes Mal ein Ei übrig. Aber als ich immer sieben Eier nebeneinander legte, blieb nicht ein einziges Ei übrig.« Nun fragte ich dich, wie viele Eier es waren.
Gesucht ist die kleinstmögliche Anzahl Eier, die die alte Frau besessen haben kann.
Das kleinste gemeinsame Vielfache der Zahlen 2, 3, 4, 5 und 6 ist 22 · 3 · 5 = 60. Darum ergibt die Division von 61 durch 2, 3, 4, 5 und 6 jeweils einen Rest von 1. Aber auch alle ganzzahligen Vielfachen von 60, die man um 1 erhöht, hinterlassen den Rest von 1 bei der Teilung durch 2, 3, 4, 5 und 6. Die ersten dieser Zahlen sind 1, 61, 121, 181, 241, 301, 361... Die kleinste durch 7 teilbare dieser Zahlen ist 301. Folglich besaß die alte Marktfrau 301 Eier, bevor diese von den beiden Männer zerbrochen worden.
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