Spinnenrad
Der Chef des Reisebüros "Nix wie weg" in Frankfurt am Main möchte in seinem Kundencenter eine Erdkarte aufhängen, auf der man zu allen Reisezielen in gleichem Maßstab die Luftlinien-Entfernungen und die Abflugsrichtungen vom Flughafen Rhein-Main ablesen kann. Geht das überhaupt?
Es geht ohne Weiteres: Man trägt einfach in Polarkoordinaten die Richtungen und die Entfernungen auf. Das sieht dann aus wie das Netz einer Radspinne und nennt sich "speichentreue azimutale Erdkarte", ungenauerweise auch "speichentreue Projektion".
Man erklärt sozusagen Frankfurt (oder welchen Abflugort auch immer) zum Mittelpunkt der Welt. Von diesem ausgehend zerschneidet man die Erdoberfläche in kleine Apfelsinenschnitze, die sich am Antipodenpunkt wieder treffen. Die legt man platt auf die Tischfläche und verbreitert sie, von innen nach außen immer stärker, so dass die entstandenen Lücken sich schließen. Der Antipodenpunkt selbst wird zum äußersten Kreis.
Das Spinnennetz zeigt in diesem und in den folgenden Bildern Flugwege in (Winkel-)Abständen von 10 Grad.
Es ist allerdings nur dann identisch mit dem uns vertrauten Gradnetz, wenn das Reisebüro am Nordpol oder am Südpol liegt.
Die Speichenellipsen (Tissot-Indikatrizen) sind stark vergrößerte Bilder von kleinen Kreisscheiben, die man sich auf dem Erdboden liegend vorstellen soll. Sie werden also in Umfangsrichtung sehr verschieden vergrößert, aber in radialer gleich.
Ein Fußball statt der Erde würde so aussehen:
Für den Abflugsort Franfurt verzerrt sich das so:
Die Kreise bezeichnen die Entfernung von Frankfurt in Vielfachen von 2000 km. Man darf aber nicht übersehen, dass alle anderen Entfernungen nicht im gleichen Maßstab und die anderen Flugrouten nicht als gerade Linien erscheinen. Hier sind einige Flugrouten eingetragen, die allesamt die kürzesten Verbindungen auf der Erdoberfläche zwischen Start und Ziel sind, obwohl das hier nicht so aussieht (nehmen Sie einen Globus und ein Gummiband!):
Und so sieht es aus, wenn man die Entfernungen von einem Punkt mitten in Afrika benötigt:
Die Farben auf den Erdkarten entsprechen übrigens den mathematischen Klimazonen, also den Bereichen, die durch die Wendekreise und Polarkreise gegeneinander abgegrenzt werden.
Für Sternkarten mit einem Pol in der Mitte ist die speichentreue Karte praktisch zum bequemen Ablesen der Koordinaten:
Die blauen Eintragungen sind die Kurznamen der Sternbilder, die Monate beziehen sich auf den Stand der Sonne. Rot gestrichelt ist die Ekliptik, und die grüne Linie ist der galaktische Äquator, also der "unendlich große" Kreis, zu dem die Milchstraße annähernd symmetrisch liegt.
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