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Trotzdem "zusammen" bleiben

Entschlossen versperrt die kleine Lena mit all ihren Springseilen die Wohnungstür: "Ich lasse nicht zu, dass Papa weggeht!" Ihr Vater packt nach einem heftigen Streit mit seiner Frau die Koffer und will ausziehen. Lenas Bruder Tim versucht seine weinende Mama zu trösten – obwohl er sich selbst ganz schön hilflos fühlt.

An Kinder wie Lena und Tim sowie ihre Eltern richtet sich dieses Sachbuch für Kinder von Barbara Siegmann-Schroth, die seit 20 Jahren in einer Familienberatungsstelle arbeitet und Gesprächsgruppen für Scheidungskinder leitet, sowie von der Sozialpädagogin Schirin Homeier, die bereits ein Buch für Kinder mit psychisch kranken Eltern schrieb. Die fachliche Kompetenz des Autorinnenduos zeigt sich schon in der Einleitung, wo sie Kinder und Eltern getrennt begrüßen und Tipps für die gemeinsame Lektüre geben.

Das Buch gliedert sich in drei Teile: Zuerst erzählen die Autorinnen einfühlsam und authentisch die Geschichte von Lena, Tim und ihrer ganz normalen Familie. Dabei stehen die Gedanken und Gefühle der beiden Kinder im Vordergrund. Liebevoll gestaltete Zeichnungen auf jeder Seite lockern das problematische Thema auf. Die Mischung zwischen Text und Bild ist kindgerecht und gut gelungen.

Im zweiten Teil berichten Tim und Lena über das erste Jahr nach der Trennung. Dabei geht es um die neue Wohnsituation allein bei Mama, die Besuchswochenenden bei Papa, den Streit der Eltern, Schulprobleme, Wut und Trauer. Oft wenden sich die beiden Protagonisten direkt an die jungen Leser und fragen, ob ihnen hier manches bekannt vorkommt. Die Geschichten sind mit praxisnahen Tipps ergänzt wie: "Sage deinen Eltern, wie du die Abholsituation haben möchtest". Sehr gut sind auch die kleinen Infokästen mit deutlichen Worten wie: "Kinder sind nie schuld an der Trennung ihrer Eltern. Dafür sind immer die Eltern selbst verantwortlich."

Im dritten Teil schließlich kommen auch die Erwachsenen auf ihre Kosten. Hier gibt es jede Menge Informationen zu den möglichen Folgen von Trennungen für Kinder. Die Sozialpädagoginnen geben konkrete Ratschläge für Gespräche mit dem Nachwuchs: Sie ermutigen dazu, die Trennung direkt anzusprechen und ehrlich über Ursachen zu berichten. Nur so könne man vermeiden, dass sich die Kleinen selbst die Schuld daran geben und in schlimme Fantasien verstricken.

Die Autorinnen betonen außerdem, dass auch frisch getrennte Paare ihre Kommunikation selbst meistern müssen und Kinder nicht zu ihren Boten machen dürfen. Die Kleinen als Spione einzusetzen, um mehr über etwaige neue Partner zu erfahren, oder den Expartner gar vor ihnen schlechtzumachen, ist tabu. Dabei bleiben Homeier und Siegmann-Schroth den Erwachsenen gegenüber aber stets wertschätzend und ermutigen dazu, sich bei Schwierigkeiten selbst professionelle Hilfe bei Beratungsstellen oder Psychotherapeuten zu holen.

Das Buch ist ein gelungener Mix aus einem Sachbuch für Kinder ab zirka fünf Jahren sowie Informationsmaterialien für die Eltern. Es enthält alles, was man im pädagogischen und therapeutischen Alltag für die Arbeit mit Trennungsfamilien braucht. Die eine oder andere Darstellung ist allerdings etwas zu idealtypisch geraten. Fazit: sehr empfehlenswert für alle, die beruflich oder privat mit Scheidungskindern und ihren Eltern zu tun haben.
  • Quellen
Gehirn&Geist 7/2011

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