Unterstützung aus dem Tierreich
Ob als Haustier, Beute oder Bedrohung: Tiere haben die Entwicklung der Menschheit immer geprägt. Der Journalist und Soziologe Eric Chaline präsentiert in diesem Buch 50 Arten, die unsere Lebenswelt nachhaltig beeinflussten. Dazu gehören natürlich Haustiere wie der Hund, Nutztiere wie das Ren und Krankheitsüberträger wie der Rattenfloh. Aber es finden sich auch überraschende Kandidaten wie der Pärchenegel und die Brillenschlange.
Chaline ist spezialisiert auf Geschichte, Philosophie und Religion. Aus der Perspektive dieser Disziplinen heraus entstand das Werk. Es befasst sich also nicht mit den 50 Tierarten, die ökologisch generell am bedeutsamsten sind, sondern mit jenen, die unser eigenes Lebensumfeld am stärksten verändert haben, ob als Nutztiere, Schädlinge oder Kultwesen.
Der Autor ordnet die Tiere vier Kategorien zu: Nahrung, Medizin, Wirtschaft und Handel sowie Geschichte und Kultur. Abgesehen von der etwas schwächer besetzten Medizin sind alle Bereiche etwa gleich stark vertreten. Viele Lebewesen sind auch auf mehreren Feldern von Bedeutung. Unter "Geschichte und Kultur" finden sich vor allem Symboltiere wie Adler und Löwe.
Bibliophile Aufmachung
Zu jeder Art präsentiert Chaline interessante und teils lustige Fakten. Allerdings beschränkt er sich dabei auf das absolut Wesentliche. Leser mit guter Allgemeinbildung, die bereits über einschlägige Kenntnisse verfügen, können dem Buch nicht viel Neues entnehmen. Trotzdem macht es Spaß, darin zu schmökern, vor allem weil die Einträge reich und ansprechend bebildert sind.
Als letztes Tier stellt der Autor den Menschen selbst vor, wobei er dessen Entwicklung vom Herstellen erster Werkzeuge bis zum Entschlüsseln des humanen Genoms umreißt. Chaline sucht nach Gründen dafür, warum wir auf unsere Umwelt einen so großen Einfluss ausüben; allerdings bleibt er dabei knapp und oberflächlich. Lediglich der neolithischen Stadt Çatalhöyük in Südanatolien widmet er eine ausführliche Beschreibung als Ort einer scheinbar idealen Lebensform.
Das Buch ist zwar aus anthropozentrischer Perspektive verfasst, vermittelt in diesem finalen Abschnitt jedoch die Botschaft, dass Menschen sich nicht als etwas Besseres ansehen sollten. Dem Autor ist die Wertschätzung für Tiere und ihren Beitrag zu unserem Dasein wichtig: "Meistens sehen wir die Erzeugnisse und Arbeit von Tieren als selbstverständlich an und vergessen, dass wir mit ihrer Hilfe unsere elementaren Bedürfnisse an Nahrung und Kleidung gedeckt haben. Sie haben uns zudem das Überleben erleichtert und damit die Entwicklung der menschlichen Zivilisationen ermöglicht." Heute verantwortet der Mensch das Aussterben vieler Spezies und hat sich – ungebeten und ohne die dafür nötigen Kompetenzen zu besitzen – zur Haupttriebkraft der tierischen Evolution aufgeschwungen. Das Werk ist gut dafür geeignet, sich die komplizierten Wechselbeziehungen zwischen Menschen und Tieren bewusst zu machen.
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