88 Fenster ins Universum
Durch 88 Fenster blicken die Menschen in die Weiten des Universums: Jede kollidierende Galaxie, jeder Gammastrahlenausbruch, aber auch jede Marslandung, fand innerhalb der Grenzen eines der 88 Sternenbilder statt, die noch heute Forschern und Sternenenthusiasten als Orientierungshilfe am Himmel dienen.
Der Astronomie-Journalist Govert Schilling zeigt sich von dieser Tatsache in seinem neuen Buch »Sternenbilder« amüsiert. Denn noch heute benutzen Astronomen die alten Namen der Sternbilder in ihren wissenschaftlichen Veröffentlichungen, um zu verdeutlichen, in welchem Himmelsareal sie ihre Beobachtungen mit Teleskopen, Sensoren und anderem Hightech-Gerät gemacht haben. Herkules, Orion oder Pegasus hinterlassen also noch immer ihre Spuren in der Astronomie. Genau diese Kombination aus jahrtausendealten Sternbildern und modernsten astronomischen Erkenntnissen macht Schillings opulenten Bildband reizvoll.
Galaktischer Zusammenstoß
Der Autor stellt in jeweils einzelnen Kapiteln alle heute gängigen 88 Sternbilder des Süd- und Nordhimmels vor. Zu jedem davon gibt es eine Sternenkarte, tolle Bilder aus der astronomischen Forschung und eine geschichtliche Einordnung aller Geschehnisse, die mit der jeweiligen Konstellation zusammenhängen. Diese Zeitreise kann mitunter, wie beim Sternbild Andromeda, von einer ersten Erwähnung der Andromedagalaxie seitens des persischen Astronomen Abd al Rahman al Sufi im Jahr 964 bis zu aktuellen Messungen des Weltraumteleskops Hubble reichen, laut denen die Andromedagalaxie in etwa vier Milliarden Jahren mit unserem Milchstraßensystem kollidieren wird.
Neben diesen Porträts enthält das Buch viele kleinere Artikel. Etwa einen spannenden Exkurs dazu, wie sich Sternbilder über die Jahrtausende verändern. Denn Sonnen umrunden das Zentrum der Galaxien typischerweise mit einigen hundert Kilometern pro Sekunde. Diese galaktische Rotation geschieht aber nicht gleichmäßig, sie ist ortsabhängig und schwankt in der Zeit. Sterne bewegen sich daher auch relativ zueinander. Und wenn einer von ihnen sich dabei nicht direkt auf uns zu- oder von uns wegbewegt, verändert er seine Position am Himmel. Am Beispiel des Großen Wagens zeigt Schilling eindrucksvoll, wie sich ein Sternbild auf diese Weise in 100 000 Jahren verändern kann.
Schillings Werk eignet sich für alle, die gerne einmal in den Nachthimmel schauen und mehr wissen möchten über Sternbilder und Astrophysik. Wissenschaftliche Erkenntnisse lässt der Autor ebenso gut verständlich einfließen wie Beobachtungstipps. Zum Lesevergnügen trägt das ansprechende und übersichtliche Layout bei, das mit vielen farbenprächtigen Fotos etwa des Hubble-Teleskops aufwartet. Der Autor hat sich umfangreich in den Bildarchiven der NASA bedient. Als besonderer Augenschmaus gesellen sich Karten und Abbildungen des niederländischen Himmelskartografen Wil Tirion (*1949) dazu, der zweifelsohne ein Meister seines Fachs ist. Seine nostalgisch anmutenden Darstellungen runden das Konzept, die Geschichte und Wissenschaft der Sternbilder optisch ansprechend zu vereinen, gekonnt ab.
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