Animalische Unterstützung
Seit Jahrtausenden nutzt der Mensch die besonderen Fähigkeiten von Tieren für sich. Die ersten Haushunde wurden vermutlich schon vor 15 000 Jahren gezüchtet; später folgte die Domestikation vieler weiterer Tierarten. Sie dienten als Beschützer und Begleiter, Lieferanten von Nahrung und Bekleidungsmaterial oder als Lastträger. Heute kommen noch diverse andere Aufgaben hinzu: Hunde etwa führen Blinde, entdecken Verschüttete und erschnüffeln Diabetes; Ratten finden Landminen, ohne sie auszulösen, und spüren Tuberkulose-Erreger in Speichelproben mit Hilfe ihres Geruchssinns auf – weitaus treffsicherer als Forscher, die hierfür Lichtmikroskope nutzen.
Der Biologe und renommierte Autor Mario Ludwig trägt zahlreiche bekannte und weniger bekannte Beispiele für solche »tierischen Jobs« zusammen. Dabei präsentiert er geschichtliche Anekdoten, etwa über Schwangerschaftstests mittels Fröschen und medizinische Betäubung mit Zitterrochen, und gewährt einen Blick in heutige Anwendungen – etwa in die Drohnenabwehr mit Hilfe von Adlern. Auch die Weltraumhündin Laika und die Raben am Londoner Tower fehlen nicht. Dank zahlreicher Hintergrundinformationen gelingt es ihm, selbst Altbekanntem einen gewissen Neuigkeitswert zu verleihen. Unter anderem erläutert er, welche Eigenschaft(en) die jeweilige Tierart besonders qualifizieren, wie die tierischen Helfer ausgebildet werden und wie bedeutsam ihr Wirken für die Gesellschaft ist.
Delfine für die Therapie
Die insgesamt 50 Kapitel sind ansprechend illustriert und jeweils drei bis vier Seiten lang. Der einfache, unterhaltsame Schreibstil macht das Buch zu einer leichten und dennoch aufschlussreichen Lektüre, die sich für »zwischendurch« eignet. Den Begriff Job hat der Autor allerdings sehr weit gefasst. So kommt er auch auf Tiere wie Schildläuse und Purpurschnecken zu sprechen, deren einzige »Aufgabe« darin besteht, sich für die Herstellung von Farbstoffen zermahlen zu lassen.
Aspekte der Ethik und des Tierschutzes klingen in vielen Kapiteln am Rande an. Ludwig zeigt, dass selbst diejenigen tierischen »Arbeitnehmer«, die ihre Tätigkeiten überleben, in den seltensten Fällen artgerecht behandelt werden. Delfine beispielsweise, die für die Therapie behinderter Kinder herangezogen werden, müssen unter schlechten Bedingungen dahinvegetieren; überdies ist der Nutzen einer solchen Behandlung wissenschaftlich nicht belegt.
Leider berichtet der Autor häufig unkritisch über umstrittene Einsatzgebiete – etwa wenn Affen als Behindertenpfleger oder Kokosnuss-Erntehelfer dienen müssen. Zwar erwähnt er auch hier, dass Tierschutzorganisationen wenig begeistert sind. Der Fokus seines Werks liegt aber klar auf den erstaunlichen oder lustigen Merkmalen der Tiere.
Das Buch liefert zahlreiche kuriose Fakten, die sich gut in Smalltalks einbringen lassen. Außerdem vermittelt es einen Eindruck davon, auf welch überraschend vielfältige Weise der Mensch von seinen irdischen Mitbewohnern profitiert. Zartbesaitete Tierfreunde sollten aber womöglich das ein oder andere Kapitel überspringen, etwa wenn es um Kriegselefanten, brennende Schweine oder Tiere als Drogenkuriere geht.
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