»Wal macht Wetter«: Mit biologischer Vielfalt gegen den Klimawandel
»Wal macht Wetter« beginnt – anders als der Name vermuten lässt – nicht mit einem Meeressäuger, sondern mit einem Abstecher in die griechische Mythologie. Ähnlich wie Pandora einst ihre Büchse geöffnet und dadurch Krankheiten, Tod und Übel über die Welt gebracht haben soll, habe sich die Menschheit durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe die Klimakrise eingebrockt. Doch laut der Biologin Frauke Fischer und der Wirtschaftswissenschaftlerin Hilke Oberhansberg, die das Buch zusammen geschrieben haben, gibt es eine mächtige Verbündete im Kampf gegen die Erderwärmung: die Biodiversität.
Wer Fachbegriffe wie diesen nicht kennt oder nicht weiß, wodurch sich zum Beispiel Wetter und Klima voneinander unterscheiden, findet im vorderen Teil des Buchs hilfreiche Erklärungen. Doch auch Leserinnen und Leser, die sich schon mehr mit dem Thema auskennen, lernen durch die Lektüre vielleicht etwas dazu, zum Beispiel, dass Tequila ab circa 2050 knapp werden könnte. Ab dann könnten sich wegen der Erderwärmung nämlich die Verbreitungsgebiete der Blauen Agave Agave tequilana, aus der Tequila gewonnen wird, und einem ihrer wichtigen Bestäuber, der Großen Mexikanischen Blütenfledermaus Leptonycteris nivalis, immer weniger überschneiden.
Beispiele wie diese streuen die Autorinnen oft zusätzlich als Infokästen in ihre Kapitel ein. Wer sich dadurch im Lesefluss gestört fühlt, kann die Kästen überspringen, ohne dass darunter das Verständnis leidet.
Der Schreibstil des Buchs ist unterhaltsam und flott; an keiner Stelle ziehen die Autorinnen ihr Thema unnötig in die Länge. Manche Zusammenhänge wie zum Beispiel den Einfluss des Golfstroms auf das Weltklima haken sie für Neueinsteiger aber vielleicht zu schnell ab.
Neben Negativ- auch Positivbeispiele
Gegliedert ist »Wal macht Wetter« klar: Während sich das erste Drittel mit den meist negativen Folgen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt und damit auch auf die Menschheit befasst, geht es anschließend um das Potenzial der Natur, die Erderwärmung zu bekämpfen und sich an sie anzupassen.
Zu den Verbündeten gehört dabei auch das titelgebende Tier. Bartenwale speichern große Mengen Kohlenstoff und helfen darüber hinaus indirekt durch die so genannte Walpumpe beim Klimaschutz. Nahe der Wasseroberfläche gehen die Tiere nämlich »aufs Klo« und geben dabei wichtige Nährstoffe wie Stickstoff und Eisen ab. Damit düngen sie das Phytoplankton – Kleinstlebewesen wie Kieselalgen und Dinoflagellaten also, die der Atmosphäre durch Fotosynthese Kohlendioxid entziehen.
Mit diesem und vielen weiteren anschaulichen Beispielen untermauern Fischer und Oberhansberg ihre These, dass die Natur kostenlosen und effektiven Klimaschutz betreibt. Oder zumindest betreiben könnte, denn noch hake es oft in der Umsetzung effektiver naturbasierter Lösungen. Laut den Autorinnen liegt das unter anderem daran, dass es schwerfällt, den Wert dieser Maßnahmen zu messen: Denn eine Ökosystemleistung wie die Schönheit der Natur lässt sich nicht einfach in Geld umrechnen. Darüber hinaus haben es nachhaltige Alternativen weiter schwer, sich gegen subventionierte konventionelle Wirtschaftsmodelle zu behaupten.
Die Autorinnen stellen im letzten Drittel ihres Buchs jedoch auch Beispiele vor, die zeigen, wie sich Klimaschutz, biologische Vielfalt und die Interessen der lokalen Bevölkerung beim Wirtschaften berücksichtigen lassen. Anders als im Pandora-Mythos, wo die Hoffnung in der Büchse verschlossen bleibt, macht »Wal macht Wetter« dadurch Mut, dass sich der Krise noch begegnen lässt.
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