»Was ist Künstliche Intelligenz?«: KI ist immer und überall
Seit seinem ersten öffentlichkeitswirksamen Auftritt erhitzt der Chatbot ChatGPT – das wohl bekannteste KI-System unserer Tage – auch die Gemüter von Eltern und Pädagogen. Ihre größte Angst: Die KI könnte die Kreativität und Lernkompetenz von Schülern beeinflussen – und sie damit letztlich, nun ja, irgendwie dümmer machen. Ihre wichtigste Frage: Wie können wir Kinder vor den Gefahren und Risiken von künstlicher Intelligenz schützen?
Die Antwort darauf gibt die Fachjournalistin Angelika Zahn in ihrem Kindersachbuch: indem wir Kinder informieren, über die Vor- und Nachteile von KI aufklären, sie zum kritischen Denken anregen und dabei begleiten. All das ist Programm und Mission von Zahns Kinderkompendium »Was ist Künstliche Intelligenz?«. Darin erfahren die jungen Leser, dass KI keine Zukunftstechnologie ist, sondern ihnen längst im Alltag begegnet – zu Hause, unterwegs, in Schule und Freizeit. KI steuert den Wecker in ihrer Smartwatch, sie wacht über ihren Lernfortschritt im Mathe-Übungsprogramm, sie sorgt für Orientierung im Autonavi oder schlägt ihnen bei Streamingdiensten passende Serien und Filme für ihre Vorlieben vor.
Angelika Zahn lenkt den Blick nicht nur auf die Bedeutung von KI in der Gegenwart, sondern nimmt ihre Leser mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Wer weiß denn schon, dass die KI-Forschung zurück bis in die 1950er Jahre geht – als der US-amerikanische Programmierer John McCarthy erstmals den Begriff »künstliche Intelligenz» verwendete? Und sich gemeinsam mit einer Reihe von Wissenschaftlern darin einig war, dass die menschliche Intelligenz von Maschinen nachgeahmt werden kann? Der Rest ist Geschichte.
In ihrem umfangreichen, fast 100 Seiten starken Sachbuch verhandelt die Autorin dazu zahlreiche Aspekte der Chancen und Risiken von KI: wie die Verwendung von vorurteilsfreien Algorithmen bei der Personalauswahl (und damit gegen Diskriminierung) oder den Einsatz von humanoiden Robotern in der Pflege älterer Menschen. Aber sie betrachtet ebenso den steigenden Anteil der KI am Stromverbrauch, die Angst vor selbstfahrenden Autos sowie den nötigen Schutz der riesigen Mengen von (auch persönlichen) Daten, die eine KI sammelt, »um Muster zu erkennen und dabei immer besser zu werden. Trotzdem gibt es ein paar Dinge, die wir tun können, damit mit unseren Daten kein Quatsch betrieben wird.« Es folgen alltagstaugliche Tipps, was Kinder mit Hilfe ihrer Eltern tun können: sichere Passwörter verwenden, Nicknames statt echter Namen benutzen oder persönliche Daten nicht an öffentlichen Computern eingeben.
Jüngere Kinder sollte man beim Lesen begleiten
Dies alles ist wichtig und richtig für eine fundierte Auseinandersetzung mit KI – aber auch teilweise harter Stoff für die Zielgruppe von Kindern ab acht Jahren. Denn die Autorin scheut nicht vor der Verwendung von Fachtermini wie »neuronale Netze«, »Datenschutzgrundverordnung« oder »Antivirenprogramm« zurück, die sie nicht immer kindgerecht erklärt. Ohne die Begleitung von Eltern oder Lehrern, die Fragen beantworten und mit dem Kind da weiter recherchieren, wo das Buch mit Erklärungen aufhört, gehen selbst noch so interessierte Kinder auf der Lesereise durch die komplexe Welt der KI verloren. Daran ändern selbst die schon ziemlich hilfreichen – weil interpretierenden – und ausdrucksstarken Illustrationen von Lena Hesse nichts. Mein Tipp: Mit jüngeren Kindern beginnt man am besten mit dem Lesen der leichter verständlichen Kapitel. Ältere Kinder können sich dann interessengeleitet allein durch das Buch lesen.
Dabei hilft ihnen, dass alle Kapitel mit einer Frage beginnen, die auf ein bis drei Doppelseiten beantwortet wird. Dies geschieht mit übersichtlichen, klar strukturierten Texteinheiten und farbig hervorgehobenen Schlüsselwörtern mal mehr, mal weniger detailliert. Lena Hesses Illustrationen und Grafiken sind hier weit mehr als eine bloße Bebilderung der Inhalte. Sie fassen Zahlen, Daten und Fakten pointiert zusammen oder betonen mit wiederkehrenden Symbolen wichtige Aussagen. Comicartige Szenen mit Kindern als Protagonisten sorgen nicht nur für Unterhaltung und Komik. Sie erzählen auch inhaltliche Aspekt weiter, wo der Text endet, und geben damit zusätzliche Denkanstöße. So können Kinder das Gelesene leichter mit der eigenen Lebensrealität verknüpfen.
Angelika Zahn vermittelt in ihrem Buch wertvolles Wissen und regt zum selbstständigen Denken an. Sie macht ihren jungen Lesern aber gleichzeitig klar, dass bei der Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz nicht nur die Politik durch die Festlegung verbindlicher Regeln gefragt ist. Vielmehr bedarf es heute schon neugieriger, aufgeklärter Kinder, die Lust haben, morgen die Zukunft der KI klug und verantwortungsvoll mitzugestalten. Bücher wie dieses sind dabei ein guter Anfang.
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