Showtime für den Garten
Schon vor der Eröffung der Bundesgartenschau, kurz "BUGA", am 28. April 2005 auf dem ehemaligen Gelände des Flughafens München Riem, setzten Diskussionen ein: Wo ist hier der blühende Garten Eden, in welcher Ecke des insgesamt 330 Hektar großen Geländes rings um die im Entstehen begriffene Messestadt sind denn die bunten Blütenrabatten zu finden, wo ist "Klein-Geranien", wo gibt es Anregungen für den Hobbygärtner?
Der Terminus "Gartenschau" – und die althergebrachte Verbindung solcher Schauen mit gärtnerischen Höchstleistungen – hat in München eine andere Bedeutung erhalten, die BUGA 2005 geht neue Wege. Der Garten als überschaubares, heimeliges, von Menschenhand gestaltetes und gezähmtes Stück Natur wurde ad acta gelegt, statt dessen dominieren die großen Dimensionen, gestalterischer Ehrgeiz und theoretischer Unterbau. Bei der BUGA 2005 handelt es sich um ein Meisterwerk der Landschaftsarchitektur, um eine Höchstleistung von Landschaftsarchitekten, -planern und Gartenkünstlern. Es geht hier zwar, am Rande, auch um die Darstellung gärtnerischen und züchterischen Könnens, doch im Vordergrund stehen eindeutig dramatische Inszenierungen und optische Überraschungen, die Denkanstöße geben sollen.
Gleich vorweg: Es wäre leichter, die Schau selbst zu würdigen, als das im Callwey Verlag München erschienene "Buch zur Schau". Allein der Titel ist nämlich schon irreführend: Das Büchlein ist als "Führer" für Besucher der Gartenschau nur sehr bedingt geeignet. Auf der Buchrückseite wird die Absicht dann näher erläutert: "Das Buch zur Schau: vorher, während, nachher" – um sich in die anspruchsvollen Texte zu vertiefen, braucht man nämlich Zeit und Muße. Andererseits hätte man sich angesichts des zur Verfügung stehenden teuren und gewöhnungsbedürftigen Audiosystems "BUGAbutler" durchaus einen "richtigen" Führer gewünscht, den man beim Gang über das Gelände zu Rate ziehen kann.
Als Leitfaden für einen Rundgang fehlt es dem Buch an Übersichtlichkeit, obwohl viel (zu viel?) mit Farben und Griffmarken gearbeitet wird. Die Lektüre des Buchs zur Vorbereitung des Besuchs trägt wenig dazu bei, sich eine Vorstellung von den Dimensionen des Ganzen und der vielschichtigen und wohl durchdachten Wirkung seiner Einzelteile zu verschaffen. Die Fotos, häufig aus ungewohnten Perspektiven, führen diesbezüglich eher irre, und die Texte gleiten oft ins Metaphorisch-Abstrakte ab.
Nach einleitenden Kapiteln zu BUGA-Organisation und Örtlichkeit geht es auf rund hundert Seiten um die einzelnen Teile der Anlage, die 2005 unter dem Motto "Perspektivenwechsel" steht und deren Leitgedanke die "Nachhaltigkeit", der ökologische Aspekt, ist. Etwas mehr Ausführlichkeit, eine stärkere Betonung der Highlights, eine überblickshafte Darstellung der Großkomplexe, statt einer bloßen Aneinanderreihung der Gartenteile, hätte zu mehr Übersichtlichkeit beigetragen.
"Perspektivenwechsel" ist nur ein abstrakter Terminus für die landschaftsplanerische Leistung des Münchner Landschaftsarchitekten Rainer Schmidt und seines Teams, der 1996 die Wettbewerbsausschreibung für sich entschied. Er schuf zwölf Zellengärten, die gleich hinter einem den Besucher am Eingang West versöhnlich stimmenden Blütenteppich und den Blumenhallen beginnen. Es sind kraterartige, gewöhnungsbedürftige Gebilde, die unter verschiedenen Motiven stehen, wie "Die Pfütze", "Die Fuge" oder die spektakulären Zellen "Vogelnest" und "Klima-Haus". Gemeinsames Ziel ist, den Menschen die Natur aus einer anderen Perspektive erleben zu lassen, als Maus, Ameise, Maulwurf oder Däumling.
Zweiter Hauptteil ist der Senkgarten mit den vier Gärten der Potenzen, die Zellwandstrukturen verschiedener Pflanzen nachempfinden. Es sind ornamentale Motive, wie man sie bei einem Blick durch das Mikroskop erkennen würde. Besonders eindrucksvoll: Potenz 10 hoch minus 4 mit federnden knallorangen Wegen in einer grünen Hügellandschaft.
Den dritten und größten Teil der Anlage stellt der ab 1998 von Gilles Vexlard geschaffene Landschaftspark mit Badesee dar – etwa 200 Hektar Grün- und Waldfläche, die den Bewohnern des Neubauviertels auch nach 2005 erhalten bleiben werden. Seine Hauptmerkmale sind strenge Linien und geometrische Formen, monotone Baumplantagen, eine schnurgerade Parkterrasse. Das Ganze wird durchsetzt von temporären "Anbauten" und Einsprengseln, wie den Pavillions der Perspektive, Kunstcontainern, dem wiederum abstrakt gedachten "Blattgarten" und den Parallelgärten. Letztere warten endlich mit dem vom Besucher herbeigesehnten bunten Blütenflor, mit Stauden, Rosen und Sommerblumen auf und stellen gärtnerischen Wettbewerb, Sorten- und Artenvielfalt in den Vordergrund. Ebenso sollten die "Kleinen Gärten", eine Miniatur-Schrebergartenanlage, den "gewöhnlichen" Kleingärtler zum Denken anregen.
Das folgende, rund fünfzig Seiten umfassende Kapitel des Führers beschäftigt sich – ohne das es auf den ersten Blick offensichtlich wäre – mit der BUGA-"Infrastruktur": Unter den Überschriften "Natur und Kultur", "Freizeit und Sport", "Hits und Kids" und "Essen und Trinken" geht es um das breit gefächerte aus über 1200 Punkten bestehende Veranstaltungsprogramm, das an den 165 Tagen der BUGA täglich Besucher in Scharen anlocken soll. Weiter beschrieben werden das Sportangebot (wie Skaterbahn, Rodelhügel und Badesee), spezielle Highlights und Angebote für Kinder und nicht zuletzt das kulinarische Angebot der Schau, das elf Orte, vom einfachen Kiosk übers Café bis hin zum Festzelt umfasst.
Im dritten Hauptteil des Buches geht es auf fast neunzig Seiten um die Region, das Münchner Umland, das dank mehrerer mit der BUGA verbundener "Kooperationsprojekte" an Erholungswert gewonnen hat. Naherholungsgebiete und Radlring, Renaturierungsprojekte und Münchner Grünanlagen mögen zwar für den Münchner oder jemandem aus dem Umland interessant sein, weniger aber für den Teil der fünf Millionen erwarteten BUGA-Besucher, die von weither anreisen und abgesehen von der Show selbst wohl in erster Linie die Stadt München interessieren dürfte.
Lobenswert ist der ausführliche Anhang mit übersichtlichem Serviceteil und Stichwortverzeichnis sowie der beigegebene Übersichtsplan (plus Gutschein für ein Gartencenter). Was möchte man mehr für 9,95 Euro? Vielleicht etwas mehr formale Übersichtlichkeit und einen stärkeren Bezug zur Gartenschau und ihren Besonderheiten – aber ansonsten handelt es sich um ein kleines Buch, das zum Denken anregen kann.
Der Terminus "Gartenschau" – und die althergebrachte Verbindung solcher Schauen mit gärtnerischen Höchstleistungen – hat in München eine andere Bedeutung erhalten, die BUGA 2005 geht neue Wege. Der Garten als überschaubares, heimeliges, von Menschenhand gestaltetes und gezähmtes Stück Natur wurde ad acta gelegt, statt dessen dominieren die großen Dimensionen, gestalterischer Ehrgeiz und theoretischer Unterbau. Bei der BUGA 2005 handelt es sich um ein Meisterwerk der Landschaftsarchitektur, um eine Höchstleistung von Landschaftsarchitekten, -planern und Gartenkünstlern. Es geht hier zwar, am Rande, auch um die Darstellung gärtnerischen und züchterischen Könnens, doch im Vordergrund stehen eindeutig dramatische Inszenierungen und optische Überraschungen, die Denkanstöße geben sollen.
Gleich vorweg: Es wäre leichter, die Schau selbst zu würdigen, als das im Callwey Verlag München erschienene "Buch zur Schau". Allein der Titel ist nämlich schon irreführend: Das Büchlein ist als "Führer" für Besucher der Gartenschau nur sehr bedingt geeignet. Auf der Buchrückseite wird die Absicht dann näher erläutert: "Das Buch zur Schau: vorher, während, nachher" – um sich in die anspruchsvollen Texte zu vertiefen, braucht man nämlich Zeit und Muße. Andererseits hätte man sich angesichts des zur Verfügung stehenden teuren und gewöhnungsbedürftigen Audiosystems "BUGAbutler" durchaus einen "richtigen" Führer gewünscht, den man beim Gang über das Gelände zu Rate ziehen kann.
Als Leitfaden für einen Rundgang fehlt es dem Buch an Übersichtlichkeit, obwohl viel (zu viel?) mit Farben und Griffmarken gearbeitet wird. Die Lektüre des Buchs zur Vorbereitung des Besuchs trägt wenig dazu bei, sich eine Vorstellung von den Dimensionen des Ganzen und der vielschichtigen und wohl durchdachten Wirkung seiner Einzelteile zu verschaffen. Die Fotos, häufig aus ungewohnten Perspektiven, führen diesbezüglich eher irre, und die Texte gleiten oft ins Metaphorisch-Abstrakte ab.
Nach einleitenden Kapiteln zu BUGA-Organisation und Örtlichkeit geht es auf rund hundert Seiten um die einzelnen Teile der Anlage, die 2005 unter dem Motto "Perspektivenwechsel" steht und deren Leitgedanke die "Nachhaltigkeit", der ökologische Aspekt, ist. Etwas mehr Ausführlichkeit, eine stärkere Betonung der Highlights, eine überblickshafte Darstellung der Großkomplexe, statt einer bloßen Aneinanderreihung der Gartenteile, hätte zu mehr Übersichtlichkeit beigetragen.
"Perspektivenwechsel" ist nur ein abstrakter Terminus für die landschaftsplanerische Leistung des Münchner Landschaftsarchitekten Rainer Schmidt und seines Teams, der 1996 die Wettbewerbsausschreibung für sich entschied. Er schuf zwölf Zellengärten, die gleich hinter einem den Besucher am Eingang West versöhnlich stimmenden Blütenteppich und den Blumenhallen beginnen. Es sind kraterartige, gewöhnungsbedürftige Gebilde, die unter verschiedenen Motiven stehen, wie "Die Pfütze", "Die Fuge" oder die spektakulären Zellen "Vogelnest" und "Klima-Haus". Gemeinsames Ziel ist, den Menschen die Natur aus einer anderen Perspektive erleben zu lassen, als Maus, Ameise, Maulwurf oder Däumling.
Zweiter Hauptteil ist der Senkgarten mit den vier Gärten der Potenzen, die Zellwandstrukturen verschiedener Pflanzen nachempfinden. Es sind ornamentale Motive, wie man sie bei einem Blick durch das Mikroskop erkennen würde. Besonders eindrucksvoll: Potenz 10 hoch minus 4 mit federnden knallorangen Wegen in einer grünen Hügellandschaft.
Den dritten und größten Teil der Anlage stellt der ab 1998 von Gilles Vexlard geschaffene Landschaftspark mit Badesee dar – etwa 200 Hektar Grün- und Waldfläche, die den Bewohnern des Neubauviertels auch nach 2005 erhalten bleiben werden. Seine Hauptmerkmale sind strenge Linien und geometrische Formen, monotone Baumplantagen, eine schnurgerade Parkterrasse. Das Ganze wird durchsetzt von temporären "Anbauten" und Einsprengseln, wie den Pavillions der Perspektive, Kunstcontainern, dem wiederum abstrakt gedachten "Blattgarten" und den Parallelgärten. Letztere warten endlich mit dem vom Besucher herbeigesehnten bunten Blütenflor, mit Stauden, Rosen und Sommerblumen auf und stellen gärtnerischen Wettbewerb, Sorten- und Artenvielfalt in den Vordergrund. Ebenso sollten die "Kleinen Gärten", eine Miniatur-Schrebergartenanlage, den "gewöhnlichen" Kleingärtler zum Denken anregen.
Das folgende, rund fünfzig Seiten umfassende Kapitel des Führers beschäftigt sich – ohne das es auf den ersten Blick offensichtlich wäre – mit der BUGA-"Infrastruktur": Unter den Überschriften "Natur und Kultur", "Freizeit und Sport", "Hits und Kids" und "Essen und Trinken" geht es um das breit gefächerte aus über 1200 Punkten bestehende Veranstaltungsprogramm, das an den 165 Tagen der BUGA täglich Besucher in Scharen anlocken soll. Weiter beschrieben werden das Sportangebot (wie Skaterbahn, Rodelhügel und Badesee), spezielle Highlights und Angebote für Kinder und nicht zuletzt das kulinarische Angebot der Schau, das elf Orte, vom einfachen Kiosk übers Café bis hin zum Festzelt umfasst.
Im dritten Hauptteil des Buches geht es auf fast neunzig Seiten um die Region, das Münchner Umland, das dank mehrerer mit der BUGA verbundener "Kooperationsprojekte" an Erholungswert gewonnen hat. Naherholungsgebiete und Radlring, Renaturierungsprojekte und Münchner Grünanlagen mögen zwar für den Münchner oder jemandem aus dem Umland interessant sein, weniger aber für den Teil der fünf Millionen erwarteten BUGA-Besucher, die von weither anreisen und abgesehen von der Show selbst wohl in erster Linie die Stadt München interessieren dürfte.
Lobenswert ist der ausführliche Anhang mit übersichtlichem Serviceteil und Stichwortverzeichnis sowie der beigegebene Übersichtsplan (plus Gutschein für ein Gartencenter). Was möchte man mehr für 9,95 Euro? Vielleicht etwas mehr formale Übersichtlichkeit und einen stärkeren Bezug zur Gartenschau und ihren Besonderheiten – aber ansonsten handelt es sich um ein kleines Buch, das zum Denken anregen kann.
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