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Kleiner, schneller - gescheiter?

Kein Zweifel: Nanotechnologie ist gefragt. Schnellere Computer solle sie ermöglichen, so hört man, neue Therapiemethoden und womöglich intelligente Maschinen. Doch was genau ist eigentlich Nanotechnologie, und welche naturwissenschaftlichen Prinzipien liegen ihr zugrunde? Mit "Nanophysik und Nanotechnologie" versucht sich der Physiker Horst-Günter Rubahn an einer Bestandsaufnahme. Laut Umschlagtext richtet sie sich an Naturwissenschaftler und an Physikstudenten höherer Semester. Nach einer kurzen Einführung erläutert Rubahn gemäß Kapiteleinteilung zunächst die Erzeugung von Nanostrukturen, dann Messmethoden zu ihrer Charakterisierung und schließlich "Nano-Architektur" (damit bezeichnet er den Bau vielkomponentiger Strukturen) und Anwendungen. Er referiert Ergebnisse aktueller Forschung und verzichtet auf Spekulationen über grandiose Zukunftsvisionen. Rubahns Bestreben, das Feld in seiner ganzen Breite abzudecken, von der Physik über die Mikroelektronik bis zur Biologie, ist löblich. Auch aktuell ist sein Werk: Oft berichtet er über Arbeiten aus den Jahren 2001 und 2002. Doch hierin liegt zugleich eine Gefahr, der Rubahn nicht entrinnt. Überwiegend werden Einzelbefunde präsentiert, die für sich genommen oft interessante Wissenschaft darstellen. Doch nur selten gelingt es ihm, übergeordnete Prinzipien aufzuzeigen, die für das gesamte Feld wegweisend sind. Auch auf ein zusammenfassendes Kapitel, das eine Gesamtschau bietet und einen Ausblick wagt, verzichtet Rubahn. Wer hofft, einen flüssig lesbaren Überblick zu erhalten, wird enttäuscht. Im Bereich der Nanotechnologie tätige Wissenschaftler könnten sich hiermit abfinden, denn sie werden aus der Masse von Information die für sie relevanten Ergebnisse herausfiltern – allerdings dürfte das mit einer Suche in einer wissenschaftlichen Datenbank schneller und vollständiger gelingen. Manchem Studenten wird es jedoch schwer fallen, Wichtiges von Nebensächlichem zu unterscheiden und zu erkennen, was das Feld spannend macht. Leider folgt Rubahn der in der Kapiteleinteilung vorgesehenen Trennung zwischen Strukturen, Messmethoden und Anwendungen nur unzureichend. Immer wieder führt er neue und oft sehr spezielle Spektroskopieverfahren ein, vor allem aus dem Gebiet der nichtlinearen Optik. Weshalb etwa muss im ansonsten recht spannenden Anwendungskapitel 26 Seiten lang über fundamentale Fragen zur Elektronendynamik in Nanostrukturen und über Ultrakurzzeitspektroskopien referiert werden, wenn diese Abschnitte schon in früheren Kapiteln Platz gefunden hätten? Zur Übersichtlichkeit trägt das nicht bei und erschwert das schnelle Auffinden von Information. Geschmälert wird der Lesespaß auch durch mangelhafte Rechtschreibung (so erfährt man immer wieder Neues über das Element "Kobald") und einen unsauberen Ausdruck. Der Verlag hat anscheinend am Lektorat gespart. Erfreulich ist die grosse Zahl von Literaturverweisen, sie regen zum Nachlesen an. Fazit: Die Aufgabe, viel Information aus einem Wissensgebiet in stürmischer Entwicklung zwischen zwei Buchdeckel zu pressen, hat Rubahn erfüllt. Sie zu ordnen und daraus echtes Wissen zu machen, bleibt dem Leser überlassen.

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