Abenteuerliche Astronomie
"Reise zur Stunde Null" stammt aus der Feder der beiden promovierten Physiker Igor und Grichka Bogdanow. Die Zwillingsbrüder mit russischen und österreichischen Wurzeln sind seit Ende der 1970er Jahre vor allem in Frankreich bekannt, wo sie mit eigenen Fernsehsendungen dem interessierten Publikum eine Mischung aus Wissenschaft und Sciencefiction präsentieren. Die Bogdanows sind in Fachkreisen umstritten. Ihre Publikationen werden von zahlreichen Wissenschaftlern als Geschwafel und Unsinn bezeichnet. Die Brüder betonten jedoch stets die Ernsthaftigkeit ihrer Thesen.
Das Buch nimmt den Leser auf rund zweihundert Seiten mit auf eine gedankliche (Zeit-)Reise durch das Universum, von der Gegenwart bis hin zum Urknall. In insgesamt neun Kapiteln stellen uns die Bogdanows das Sonnensystem, die Milchstraße sowie das übrige sichtbare Universum vor und diskutieren unter anderem die Frage, ob es auf anderen Planeten Leben gibt oder was im Moment des Urknalls geschehen ist. Ein ganzes Kapitel ist der Evolution der Erde und des Lebens gewidmet. Jedes Themengebiet ist reich bebildert, und ein Glossar erläutert zum Schluss einen Teil der verwendeten Fachbegriffe und erwähnten Wissenschaftler.
Das Buch wirkt zunächst überaus interessant. Die imposanten und reizvollen Abbildungen machen Appetit aufs Lesen und die Tatsache, dass die beiden Autoren seit vielen Jahren als Wissenschaftsjournalisten im französischen Fernsehen arbeiten, lässt auf eine eloquente Sprache hoffen.
Leider verfliegt die anfängliche Begeisterung für das Werk aber relativ rasch. Die Autoren scheinen sich zunächst nicht darüber einig gewesen zu sein, für welches Zielpublikum sie schreiben. Einerseits verwenden die Bogdanows eine blumige, erzählerische Sprache, geschmückt mit Vergleichen und Zitaten berühmter Persönlichkeiten, ausgerichtet also auf ein Laienpublikum.
Andererseits werden grundlegende Fachbegriffe wie Hintergrundstrahlung, imaginäre Zeit, Neutronenstern, Quantenmechanik oder Quantenfluktuationen offenbar vorausgesetzt. Jedenfalls werden sie verwendet, aber erst viel später oder gar nicht mehr erklärt. Der Schwierigkeitsgrad und die Verständlichkeit der einzelnen Kapitel schwanken erheblich. Leicht bekömmliche Textpassagen wechseln sich mit inhaltlich unverständlichen, beinahe wirren Seiten ab, auf denen mit Fachvokabular wie Krümmungsradius, Quadrupol, magnetische Monopole, Lorentz’sche Metrik, Kelvin-Helmholtz-Mechanismus oder Instantone nur so um sich geworfen wird. Selbstverständlich ohne dem Leser eine nachvollziehbare Definition der Begriffe zu liefern.
Die zunächst verlockende Bebilderung erweist sich bei genauerem Hinsehen als mangelhaft: Erstens besteht ein wesentlicher Teil des gesamten Buchs aus Bildunterschriften, die in einer kleinen Schrift gehalten sind. Dies erschwert die Lektüre.
Darüber hinaus ist die Platzierung der Bilder oftmals unglücklich gewählt: Während die Autoren im Haupttext beispielsweise über den Erdmond berichten, finden sich daneben Abbildungen der Sonne und des Merkur. So entsteht häufig – auf Kosten der Verständlichkeit – eine Text-Bild-Schere. Drittens wird in den Bildunterschriften oftmals nicht deutlich, ob es sich bei der Abbildung um eine echte Aufnahme oder eine künstlerische Darstellung handelt. Da die Bogdanows konsequent verschiedene Abbildungsarten durcheinander mischen, ist dem unerfahrenen Leser möglicherweise nicht immer klar, ob ihm hier gerade Realität oder Fiktion präsentiert wird.
Das sicherlich größte Manko von "Reise zur Stunde Null" ist allerdings die fehlende wissenschaftliche Genauigkeit. Der Text weist eine erhebliche Anzahl sachlicher Fehler auf, insbesondere wenn es um Zahlen geht: So behaupten die Autoren beispielsweise, die Wolken des Planeten Venus würden sich über mehrere zehntausend Kilometer hoch erstrecken und meinen eigentlich mehrere zehn Kilometer.
An weiteren Beispielen mangelt es nicht: So nennen die Zwillingsbrüder Pluto einmal – wissenschaftlich korrekt – Zwergplanet, später wird unsere Sonne doch wieder von neun Planeten umkreist, inklusive Pluto. Die Definitionen einiger Fachbegriffe sind teilweise äußerst lückenhaft oder sogar falsch: Supernovae werden einfach nur als sehr helle, sehr ferne Sterne beschrieben, und ein Hauptreihenstern ist in der Familie Bogdanow ein Stern, der Wasserstoff in Helium umwandelt.
Auch zweifelhafte Behauptungen sind vertreten. Wir erfahren, dass rund 25 Prozent aller Sterne in der Milchstraße von einer Materiescheibe umgeben sind, daher müsse es mindestens eine Milliarde erdähnlicher Planeten geben. Woher die Zwillingsbrüder dies wissen zu glauben, bleibt unbeantwortet.
Gewagt ist die inhaltliche Mischung von wissenschaftlichen Fakten und Sciencefiction: Die Autoren berichten über mögliche Lebewesen in den Atmosphären von Venus und Jupiter sowie Lebewesen aus Silizium. In diesem Zusammenhang stellen sie geradezu fantastische Gedankenmodelle vor, die einen eher befremdlichen Eindruck machen. Wer gefestigte astronomische Kenntnisse besitzt und sich von den zahlreichen Sachfehlern nicht täuschen lässt, kann sich in "Reise zur Stunde Null" zumindest an den vielen ästhetischen Abbildungen erfreuen. Alle anderen sollten das Werk im Bücherregal stehen lassen.
Das Buch nimmt den Leser auf rund zweihundert Seiten mit auf eine gedankliche (Zeit-)Reise durch das Universum, von der Gegenwart bis hin zum Urknall. In insgesamt neun Kapiteln stellen uns die Bogdanows das Sonnensystem, die Milchstraße sowie das übrige sichtbare Universum vor und diskutieren unter anderem die Frage, ob es auf anderen Planeten Leben gibt oder was im Moment des Urknalls geschehen ist. Ein ganzes Kapitel ist der Evolution der Erde und des Lebens gewidmet. Jedes Themengebiet ist reich bebildert, und ein Glossar erläutert zum Schluss einen Teil der verwendeten Fachbegriffe und erwähnten Wissenschaftler.
Das Buch wirkt zunächst überaus interessant. Die imposanten und reizvollen Abbildungen machen Appetit aufs Lesen und die Tatsache, dass die beiden Autoren seit vielen Jahren als Wissenschaftsjournalisten im französischen Fernsehen arbeiten, lässt auf eine eloquente Sprache hoffen.
Leider verfliegt die anfängliche Begeisterung für das Werk aber relativ rasch. Die Autoren scheinen sich zunächst nicht darüber einig gewesen zu sein, für welches Zielpublikum sie schreiben. Einerseits verwenden die Bogdanows eine blumige, erzählerische Sprache, geschmückt mit Vergleichen und Zitaten berühmter Persönlichkeiten, ausgerichtet also auf ein Laienpublikum.
Andererseits werden grundlegende Fachbegriffe wie Hintergrundstrahlung, imaginäre Zeit, Neutronenstern, Quantenmechanik oder Quantenfluktuationen offenbar vorausgesetzt. Jedenfalls werden sie verwendet, aber erst viel später oder gar nicht mehr erklärt. Der Schwierigkeitsgrad und die Verständlichkeit der einzelnen Kapitel schwanken erheblich. Leicht bekömmliche Textpassagen wechseln sich mit inhaltlich unverständlichen, beinahe wirren Seiten ab, auf denen mit Fachvokabular wie Krümmungsradius, Quadrupol, magnetische Monopole, Lorentz’sche Metrik, Kelvin-Helmholtz-Mechanismus oder Instantone nur so um sich geworfen wird. Selbstverständlich ohne dem Leser eine nachvollziehbare Definition der Begriffe zu liefern.
Die zunächst verlockende Bebilderung erweist sich bei genauerem Hinsehen als mangelhaft: Erstens besteht ein wesentlicher Teil des gesamten Buchs aus Bildunterschriften, die in einer kleinen Schrift gehalten sind. Dies erschwert die Lektüre.
Darüber hinaus ist die Platzierung der Bilder oftmals unglücklich gewählt: Während die Autoren im Haupttext beispielsweise über den Erdmond berichten, finden sich daneben Abbildungen der Sonne und des Merkur. So entsteht häufig – auf Kosten der Verständlichkeit – eine Text-Bild-Schere. Drittens wird in den Bildunterschriften oftmals nicht deutlich, ob es sich bei der Abbildung um eine echte Aufnahme oder eine künstlerische Darstellung handelt. Da die Bogdanows konsequent verschiedene Abbildungsarten durcheinander mischen, ist dem unerfahrenen Leser möglicherweise nicht immer klar, ob ihm hier gerade Realität oder Fiktion präsentiert wird.
Das sicherlich größte Manko von "Reise zur Stunde Null" ist allerdings die fehlende wissenschaftliche Genauigkeit. Der Text weist eine erhebliche Anzahl sachlicher Fehler auf, insbesondere wenn es um Zahlen geht: So behaupten die Autoren beispielsweise, die Wolken des Planeten Venus würden sich über mehrere zehntausend Kilometer hoch erstrecken und meinen eigentlich mehrere zehn Kilometer.
An weiteren Beispielen mangelt es nicht: So nennen die Zwillingsbrüder Pluto einmal – wissenschaftlich korrekt – Zwergplanet, später wird unsere Sonne doch wieder von neun Planeten umkreist, inklusive Pluto. Die Definitionen einiger Fachbegriffe sind teilweise äußerst lückenhaft oder sogar falsch: Supernovae werden einfach nur als sehr helle, sehr ferne Sterne beschrieben, und ein Hauptreihenstern ist in der Familie Bogdanow ein Stern, der Wasserstoff in Helium umwandelt.
Auch zweifelhafte Behauptungen sind vertreten. Wir erfahren, dass rund 25 Prozent aller Sterne in der Milchstraße von einer Materiescheibe umgeben sind, daher müsse es mindestens eine Milliarde erdähnlicher Planeten geben. Woher die Zwillingsbrüder dies wissen zu glauben, bleibt unbeantwortet.
Gewagt ist die inhaltliche Mischung von wissenschaftlichen Fakten und Sciencefiction: Die Autoren berichten über mögliche Lebewesen in den Atmosphären von Venus und Jupiter sowie Lebewesen aus Silizium. In diesem Zusammenhang stellen sie geradezu fantastische Gedankenmodelle vor, die einen eher befremdlichen Eindruck machen. Wer gefestigte astronomische Kenntnisse besitzt und sich von den zahlreichen Sachfehlern nicht täuschen lässt, kann sich in "Reise zur Stunde Null" zumindest an den vielen ästhetischen Abbildungen erfreuen. Alle anderen sollten das Werk im Bücherregal stehen lassen.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben