Ein Zuhause fern von daheim
"Apoikiai" – Siedlungen fern von daheim, nannten die alten Griechen die im westlichen Mittelmeerraum entstandenen Kolonien griechischer Städte. Anders als bei modernen Formen der Kolonisation war das Hauptziel der antiken griechischen von Anfang an die Entstehung selbständiger und autarker Gemeinwesen. Die jeweilige Mutterstadt half zwar bei der Neugründung mit und unterstützte die neue Siedlung, blieb dann jedoch nur mehr locker mit dieser verbunden. "Neue" und "Alte Welt" standen sich stets gleichberechtigt gegenüber.
Anders als die antiken Griechen nutzten die Europäer – insbesondere die britische Krone – ihre Kolonien in der "Neuen Welt" Nordamerika gnadenlos zu ihren Gunsten aus. Kein Wunder, dass sich diese zur Wehr setzten und ein eigenes, unabhängiges Staatswesen, die Vereinigten Staaten von Amerika, gründeten. Mit solchen Problemen sahen sich die griechischen Kolonien nicht konfrontiert, sie waren von Anfang an als eigenständige und unabhängige Staatswesen angelegt. Seit Beginn der Kolonisationsbewegung im 8. Jahrhundert v. Chr., lag für die Griechen die "Neue Welt" im westlichen Mittelmeerraum und dort vor allem in Unteritalien. Auf der Insel Sizilien, aber auch in den unteritalienischen Regionen Kalabrien, Apulien und Kampanien gründeten die so genannten Westgriechen zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert v. Chr. zahlreiche neue Städte.
Dieter Mertens, Autor des gewichtigen Hirmer-Bandes "Städte und Bauten der Westgriechen", ist Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. Seit 1995 leitet er die Arbeiten des DAI im Colosseum, und seit 1999 ist er am Hadriansmausoleum in Rom tätig. Daneben beteiligt er sich an Grabungen, Bauuntersuchungen und Restaurierungsarbeiten in Metapont, Paestum, Segesta, Selinunt, Solunt, Sybaris und Syrakus. Er gilt in Fachkreisen als einer der besten Kenner der griechischen Stadtbaukunst und Architektur in Unteritalien.
Der Autor gibt einen profunden Überblick über den aktuellen Forschungsstand, bezieht allerneueste Funde aus den jeweiligen Grabungsgebieten mit ein und gibt dem Leser mittels interessanter Exkurse, beispielsweise über die Bauschule von Agrigent oder die Rolle des Tempels als Leittypus griechischer Architektur, einen umfassenden Einblick in die antike griechische Architektur. Neben den gerade in Unteritalien so beeindruckenden Tempelbauten konzentriert sich Mertens auf die Stadtstrukturen und gibt so eine Vorstellung vom Leben in antiken griechischen Städten fern vom Mutterland.
Er begibt sich dabei auf Spurensuche der Griechen im Süden Italiens, stellt als Ergebnis alte griechische Kolonialsstädte wie Paestum und Agrigent in ihrer geschichtlichen Entwicklung und baulichen Gestalt vor. Und der Verfasser reiht sich in die Tradition jener Reisenden ein, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf "Grand Tour" im Süden Italiens vor allem die Relikte griechischer Kultur aufsuchten. Paestum, Segesta, Selinunt und Agrigent boten Anschauungsmaterial jenseits der klassischen Tempel Griechenlands, denn das Mutterland der Antike war damals noch Teil des Osmanischen Reiches.
Konzentrierten sich die frühen Forschungs- und Bildungsreisenden vor allem auf die monumentale Tempelarchitektur und übersahen die zugehörigen griechischen Städte, beschäftigt sich Mertens gerade auch mit diesen. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte dieser Ansatz eine wissenschaftliche Basis erhalten, und der Autor versucht sich erstmals an einer umfassenden und aktuellen Zusammenschau heutiger Kenntnisse über Städte und Baukunst des ehemaligen griechischen Westens.
Nach einer Einführung, die sich unter anderem mit dem Begriff der Kolonisation und der frühen Baukunst beschäftigt, wird das Material in chronologischer Anordnung vorgestellt. Auf "Die Anfänge", die ersten Stadtgründungen wie Metapont oder Siris/Polieion, und die ältesten Stadtanlagen, wie Megara Hybleia oder Syrakus, folgt die "hocharchaische Zeit". Hier geht es um die Architektur im 6. Jahrhundert, vor allem im Tempelbau, aber auch um "die Stadt in der Phase der Konsolidierung". Es folgen Kapitel über die "Zeit des Umbruchs in der Architektur der Spätantike" und über "Neue Ordnungen im frühen 5. Jahrhundert". Die großen Tempel aus der Zeit des "Strengen Stils" – wie das Olympieion in Selinunt oder der Friedenstempel in Himera – und die Entstehung von Großstädten im 5. Jahrhundert in Sizilien und Unteritalien kommen hierbei zur Sprache. Die beiden letzten Buchabschnitte befassen sich mit der "Zeit der Reife", darunter Planstädte wie Neapel, Naxos oder Kamarina sowie klassische Tempel wie Agrigent, Selinunt oder Segesta. Das letzte Kapitel "Krise und Depression am Ende des 5. Jahrhunderts" beschäftigt sich mit den Städten Siziliens und Unteritaliens in dieser Zeit.
Ein umfassender Anhang mit Glossar, ausführlicher Bibliographie und knappem Register rundet den gelungenen Band ab. Doch wäre vielleicht manchmal weniger mehr gewesen, da man als Laie manchmal Probleme hat, die hochwissenschaftlichen Zeichnungen sofort mit dem Text in Verbindung bringen und zu verstehen. Imemrhin ist der 463 Seiten starke Wälzer ist mit sehr umfangreichem und aufwändigem Bildmaterial ausgestattet, mit Auf- und Grundrissen, Rekonstruktionsskizzen, Plänen und Detailzeichnungen, Luftbildern und Grabungsfotos.
Anders als die antiken Griechen nutzten die Europäer – insbesondere die britische Krone – ihre Kolonien in der "Neuen Welt" Nordamerika gnadenlos zu ihren Gunsten aus. Kein Wunder, dass sich diese zur Wehr setzten und ein eigenes, unabhängiges Staatswesen, die Vereinigten Staaten von Amerika, gründeten. Mit solchen Problemen sahen sich die griechischen Kolonien nicht konfrontiert, sie waren von Anfang an als eigenständige und unabhängige Staatswesen angelegt. Seit Beginn der Kolonisationsbewegung im 8. Jahrhundert v. Chr., lag für die Griechen die "Neue Welt" im westlichen Mittelmeerraum und dort vor allem in Unteritalien. Auf der Insel Sizilien, aber auch in den unteritalienischen Regionen Kalabrien, Apulien und Kampanien gründeten die so genannten Westgriechen zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert v. Chr. zahlreiche neue Städte.
Dieter Mertens, Autor des gewichtigen Hirmer-Bandes "Städte und Bauten der Westgriechen", ist Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. Seit 1995 leitet er die Arbeiten des DAI im Colosseum, und seit 1999 ist er am Hadriansmausoleum in Rom tätig. Daneben beteiligt er sich an Grabungen, Bauuntersuchungen und Restaurierungsarbeiten in Metapont, Paestum, Segesta, Selinunt, Solunt, Sybaris und Syrakus. Er gilt in Fachkreisen als einer der besten Kenner der griechischen Stadtbaukunst und Architektur in Unteritalien.
Der Autor gibt einen profunden Überblick über den aktuellen Forschungsstand, bezieht allerneueste Funde aus den jeweiligen Grabungsgebieten mit ein und gibt dem Leser mittels interessanter Exkurse, beispielsweise über die Bauschule von Agrigent oder die Rolle des Tempels als Leittypus griechischer Architektur, einen umfassenden Einblick in die antike griechische Architektur. Neben den gerade in Unteritalien so beeindruckenden Tempelbauten konzentriert sich Mertens auf die Stadtstrukturen und gibt so eine Vorstellung vom Leben in antiken griechischen Städten fern vom Mutterland.
Er begibt sich dabei auf Spurensuche der Griechen im Süden Italiens, stellt als Ergebnis alte griechische Kolonialsstädte wie Paestum und Agrigent in ihrer geschichtlichen Entwicklung und baulichen Gestalt vor. Und der Verfasser reiht sich in die Tradition jener Reisenden ein, die um die Mitte des 18. Jahrhunderts auf "Grand Tour" im Süden Italiens vor allem die Relikte griechischer Kultur aufsuchten. Paestum, Segesta, Selinunt und Agrigent boten Anschauungsmaterial jenseits der klassischen Tempel Griechenlands, denn das Mutterland der Antike war damals noch Teil des Osmanischen Reiches.
Konzentrierten sich die frühen Forschungs- und Bildungsreisenden vor allem auf die monumentale Tempelarchitektur und übersahen die zugehörigen griechischen Städte, beschäftigt sich Mertens gerade auch mit diesen. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte dieser Ansatz eine wissenschaftliche Basis erhalten, und der Autor versucht sich erstmals an einer umfassenden und aktuellen Zusammenschau heutiger Kenntnisse über Städte und Baukunst des ehemaligen griechischen Westens.
Nach einer Einführung, die sich unter anderem mit dem Begriff der Kolonisation und der frühen Baukunst beschäftigt, wird das Material in chronologischer Anordnung vorgestellt. Auf "Die Anfänge", die ersten Stadtgründungen wie Metapont oder Siris/Polieion, und die ältesten Stadtanlagen, wie Megara Hybleia oder Syrakus, folgt die "hocharchaische Zeit". Hier geht es um die Architektur im 6. Jahrhundert, vor allem im Tempelbau, aber auch um "die Stadt in der Phase der Konsolidierung". Es folgen Kapitel über die "Zeit des Umbruchs in der Architektur der Spätantike" und über "Neue Ordnungen im frühen 5. Jahrhundert". Die großen Tempel aus der Zeit des "Strengen Stils" – wie das Olympieion in Selinunt oder der Friedenstempel in Himera – und die Entstehung von Großstädten im 5. Jahrhundert in Sizilien und Unteritalien kommen hierbei zur Sprache. Die beiden letzten Buchabschnitte befassen sich mit der "Zeit der Reife", darunter Planstädte wie Neapel, Naxos oder Kamarina sowie klassische Tempel wie Agrigent, Selinunt oder Segesta. Das letzte Kapitel "Krise und Depression am Ende des 5. Jahrhunderts" beschäftigt sich mit den Städten Siziliens und Unteritaliens in dieser Zeit.
Ein umfassender Anhang mit Glossar, ausführlicher Bibliographie und knappem Register rundet den gelungenen Band ab. Doch wäre vielleicht manchmal weniger mehr gewesen, da man als Laie manchmal Probleme hat, die hochwissenschaftlichen Zeichnungen sofort mit dem Text in Verbindung bringen und zu verstehen. Imemrhin ist der 463 Seiten starke Wälzer ist mit sehr umfangreichem und aufwändigem Bildmaterial ausgestattet, mit Auf- und Grundrissen, Rekonstruktionsskizzen, Plänen und Detailzeichnungen, Luftbildern und Grabungsfotos.
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