Chaotische Systeme: Aus Prinzip unvorhersagbar
Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien vermag einen Tornado in Texas auszulösen. So populär die Rede von diesem so genannten Schmetterlingseffekt ist, so oft wird das Bild missverstanden. Denn in der Chaostheorie, aus welcher der Begriff stammt, geht es nicht darum, dass eine kleine Ursache sich über eine Kettenreaktion verstärken und eine große Wirkung haben kann. Darauf weist zu Recht auch der Wissenschafts-YouTuber Leon Baar in diesem Video auf seinem Kanal 100SekundenPhysik hin. Vielmehr gilt in chaotischen Systemen: Kleine Abweichungen in den Anfangsbedingungen können zu großen Veränderungen in den Ergebnissen führen.
So können bei Wettersimulationen minimale Änderungen von Startvariablen wie Temperatur, Wind und Luftfeuchtigkeit zu einem völlig anderen errechneten Wetter führen. Baar demonstriert das mittels gewohnt ansprechender whiteboard-Zeichnungen nicht nur am Beispiel des Wetters, sondern auch – besonders überzeugend – anhand eines Billardtischs mit Rundungen statt Ecken.
Naturgemäß lassen sich in drei Minuten nicht die Feinheiten der Chaostheorie auseinandersetzen. Deshalb, und um etwaige Missverständnisse auszuräumen, könnte man ergänzen: Das Chaos chaotischer Systeme ist deterministisch, wird also vollständig von den Naturgesetzen bestimmt – es ist keineswegs ein zufälliges Geschehen (siehe hierzu etwa einen Beitrag auf weltderphysik.de). Könnte man die Anfangsbedingungen solcher Systeme unendlich genau bestimmen, ließe sich ihr Verhalten sogar berechnen. Genau das ist aber schon aus prinzipiellen Gründen unmöglich. In der Praxis führen bereits geringfügige Fehler in der Bestimmung der Startparameter dazu, dass die Berechnung des Wettergeschehens, des Laufs von Billardkugeln oder des Fallens von Würfeln falsche Prognosen liefert. Allenfalls über die nähere Zukunft chaotischer Systeme lassen sich noch halbwegs belastbare Aussagen treffen – ihre langfristige Entwicklung bleibt jedoch unvorhersagbar.
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