Archäologie: Barbarische Reiterkrieger?
Es scheint, als hätten sie die Kritik geahnt: Stand ihre erste zehnteilige Filmsequenz über die Ausgrabungen der Nekropole von Noin Ula noch ganz im Zeichen der Darstellung archäologischer Forschung als "Abenteuer", räumen Gisela Graichen ("Schliemanns Erben") und Peter Prestel ("Terra X") in ihrer 2014, also vier Jahre später, entstandenen zweiten Videoserie über die mongolischen Reiternomaden Xiongnu ordentlich mit dem Indiana-Jones-Image auf, wie es der Archäologie zuweilen verpasst wird.
In sechs Kurzfilmen zeigen sie, wie spannend moderne Archäologie ist. Ausgrabungen, Restaurierungen und naturwissenschaftliche Analysen verbinden sie zu einem 45-minütigen Krimi: Man folgt der russischen Projektleiterin Nataliya Polosmak in die Labore der Akademie der Wissenschaften von Novosibirsk und wird zum Augenzeugen, wie kostbare chinesische Seide vom Dreck der Jahrtausende befreit wird, wie rätselhafte abgeschnittene Zöpfe aus einer der Grabstätten mit Elektronen beschossen werden oder wie aus einem Klumpen korrodierten Silbers mythische Einhörner auftauchen. Die Elite der Xiongnu wollte dem chinesischen Kaiser in nichts nachstehen! Zwei Drittel der Schätze aus den Kurganen stammten denn auch aus China, verrät Polosmak. Importe aus dem römischen Reich, aber auch kunstvolle Teppiche mit rotem Farbstoff aus Südostasien gefärbt, gehörten ebenfalls zur prächtigen Ausstattung.
Dass der Rückblick auf die Ausgrabungen teils im Zeitraffer abgespult wird, tut der Serie gut. Auch wenn das Generalinterview manche Länge aufweist, bekommt man in dieser Folge die wichtigsten Informationen: Schon vor über 2000 Jahren agierten die Xiongnu global. Der Film über ihre Schätze, die nun unter der Erde liegen, macht Lust, mehr über das Leben der angeblich so "barbarischen Reiterkrieger" zu erfahren. Und nicht zuletzt entlarvt er historische Berichte aus der Feder ihrer Feinde als fragwürdig.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben