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Faszinierendes Planetensystem: Das TRAPPIST-1-System: Heimat einer zweiten Erde?

Im 40 Lichtjahre entfernten Sonnensystem TRAPPIST-1 kreisen drei der zehn erdähnlichsten bisher entdeckten Planeten um eine kleine rote Sonne. Das Video des Youtube-Channels Astrum stellt das System vor und diskutiert, was die Astronomen bisher über die sieben dort nachgewiesenen Gesteinsplaneten in Erfahrung bringen konnten.
© Astrum
Trappist

Videotext: Veröffentlicht am: 21.12.2018

Laufzeit: 0:13:24

Sprache: englisch

So faszinierend das Planetensystem mit dem seltsamen Namen TRAPPIST-1 auch ist, man kann es nicht gerade als auffällig bezeichnen. Der Zentralstern, als TRAPPIST-1a bezeichnet, wurde erst 1999 entdeckt – ein unscheinbarer, rot glimmender Zwergstern der Spektralklasse M8 mit nur neun Prozent der Masse unserer Sonne in 40 Lichtjahren Entfernung. Nach astronomischen Maßstäben gehört er damit zu unserer galaktischen Nachbarschaft. Aber mit bloßem Auge, und selbst mit einem kleineren Teleskop, ist er unsichtbar. Seine Masse reicht gerade, um die Kernfusion zu zünden, die ihn überhaupt erst leuchten lässt und damit zum Stern macht. Mit zirka 2180 Grad ist seine Oberfläche nur etwa so heiß wie der Wendel einer Glühlampe. Obwohl er vermutlich fast doppelt so alt ist wie unsere Sonne, steht er erst am Beginn seines aktiven Lebens, das noch mehr als 100 Milliarden Jahre dauern kann. Unsere Sonne dagegen wird bereits in sieben Milliarden Jahren zu einem langsam abkühlenden Klumpen Sternenasche geworden sein, einem so genannten weißen Zwergstern.

TRAPPIST-1a hält sich ein Planetensystem im Bonsaiformat. Von den sieben nachgewiesenen Planeten hat der größte 1,12 Erdmassen, der kleinste 0,33. Bisher haben sie keine offiziellen Namen, sondern werden von innen nach außen als TRAPPIST-1b bis h bezeichnet. Sie kreisen weit innerhalb der Bahn unseres sonnennächsten Planeten Merkur und brauchen für einen Umlauf zwischen 1,5 und 18,8 Tagen. Dass dieses System vergleichsweise gut zu studieren ist, verdanken wir einem seltenen Zufall. Wir sehen das System von der Kante her, die Bahnebene der Planeten liegt genau in unserer Sichtebene. Deshalb wandern alle Planeten vor dem Zentralstern entlang und verdunkeln dabei kurzzeitig sein Licht. Diese – vergleichsweise geringe – Helligkeitsänderung lässt sich exakt messen. Und genau das ist die Aufgabe des ferngesteuerten 60-Zentimeter-Spiegelteleskops TRAPPIST im La-Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile, das die Universität Lüttich zusammen mit der Sternwarte Genf betreibt. In ihrer Pressemitteilung schreibt die ESO: »Das Akronym TRAPPIST steht für TRAnsiting Planets and PlanetsImals Small Telescope … Der Name unterstreicht aber gleichzeitig auch den belgischen Ursprung des Projekts: Die weltweit bekannten Trappistenbiere werden zum überwiegenden Teil in Trappistenklöstern in Belgien gebraut. Das TRAPPIST-Team schätzt diese Biere sehr!«

Gleich das erste in Bierlaune gefundene System erwies sich als astronomische Sensation. Sieht man sich die bisherigen Ergebnisse der Exoplanetenjäger an, wird schnell klar, warum. 4000 Planeten anderer Sonnen in 3000 Systemen haben sie bisher gefunden. Nur zehn davon ähneln unserem Heimatplaneten. Und gleich drei dieser Erdgeschwister tummeln sich im System TRAPPIST-1! Sie alle kreisen in der so genannten habitablen Zone. In diesem Bereich strahlt der Zentralstern gerade so viel Energie ab, dass sich auf der Oberfläche des Planeten flüssiges Wasser halten kann, immer vorausgesetzt, die Dichte und Zusammensetzung der Atmosphäre lassen das zu. Drei erdartige Planeten in der richtigen Entfernung zu ihrer Sonne – das regt natürlich die Fantasie an. Könnte wenigstens einer außerirdisches Leben tragen, oder vielleicht sogar alle? Seit die Parameter des Systems im Februar 2017 veröffentlicht wurden, haben sich viele Arbeitsgruppen darum bemüht, weitere Informationen zusammenzutragen. Das sehenswerte englischsprachige Video von Astrum gibt den Stand von Ende 2018 wieder. Es stellt erst das Gesamtsystem und dann jeden einzelnen Planeten liebevoll vor und diskutiert auch die Wahrscheinlichkeit, Wasser und Leben dort zu finden. Die besten Chancen bestehen auf dem mittleren der sieben Planeten, TRAPPIST-1e. Wie mag es dort aussehen? Die Nähe zum Zentralstern und das hohe Alter des Systems haben vermutlich dafür gesorgt, dass die Planeten gebunden rotieren, also dem Zentralstern immer die gleiche Seite zuwenden. Deshalb hängt die trübe rote Sonne wie ein riesiger Lampion unbeweglich am Himmel. Die übrigen sechs Planeten dagegen eilen geschäftig über das Firmament, wobei sie ständig die Größe wechseln. Von einer kaum erkennbaren hellen Scheibe wachsen sie in wenigen Tagen bis auf Mondgröße an und schnurren dann wieder zusammen. Die inneren Planeten laufen regelmäßig als runde Schatten vor der Sonne her.

Das beste Klima herrscht nahe der Dämmerungszone, denn die stets sonnenbeschienene Vorderseite heizt sich stark auf, und die ewig dunkle Rückseite liegt wahrscheinlich unter kilometerdicken Gletschern. Vielleicht ist die Atmosphäre dick genug, um für einen Temperaturausgleich zu sorgen, oder starke Meeresströmungen verteilen die Wärme um den Planeten herum. Das würde die Gegensätze etwas ausgleichen, so dass auf größeren Teilen des Planeten angenehme Temperaturen herrschten. Die Schwerkraft auf TRAPPIST-1e beträgt 93 Prozent der Erdschwerkraft. Diesen geringen Unterschied würden wir kaum bemerken. Sollte der Planet sogar eine Sauerstoffatmosphäre besitzen, stünde einer Auswanderung nichts mehr entgegen, von der – vorläufig – unüberbrückbaren Distanz mal abgesehen. Der Rest des Systems wirkt dagegen nicht so einladend. Dichte Atmosphären liegen vermutlich wie warme Wintermäntel um die inneren Planeten und heizen die Oberflächen auf mehrere hundert Grad auf. Die äußeren Planeten haben sich wahrscheinlich einen viele Kilometer tiefen Panzer aus Eis zugelegt.

Selbst wenn auf einem der Planeten des TRAPPIST-1-Systems Leben existiert, wie wollen wir das von der Erde aus nachweisen? Bisher wissen die Astronomen noch nicht einmal genau, ob es auf dem sehr viel näheren Mars Leben gibt oder ob in den unter dickem Eis verborgenen Ozeanen des Jupitermonds Europa primitive Lebewesen gedeihen. Mit den heutigen Teleskopen sehen wir keinerlei Einzelheiten auf den Planeten fremder Sonnen, wir können lediglich untersuchen, wie sie das Licht ihrer Sonne zurückstrahlen. Schon diese Aufgabe ist schwierig genug, denn der Zentralstern überstrahlt seine Planeten um ein Vielfaches. Wenn ein Planet vor seiner Sonne entlangzieht, durchdringt ein winziger Teil der Strahlung seine Atmosphäre, und das Spektrum, also die Verteilung der Lichtintensität bei verschiedenen Farben, verändert sich um einen minimalen Betrag. Wenn man dabei Hinweise auf freien Sauerstoff finden sollte, oder noch besser auf komplexe Moleküle wie beispielsweise den grünen Blattfarbstoff Chlorophyll, wäre das ein starker Hinweis auf außerirdisches Leben. Gegenwärtige Teleskope sind damit überfordert, aber schon ab 2021 soll der 6,5-Meter-Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops deutlich schärfere Bilder liefern. Im Jahr 2024 wird die Europäische Südsternwarte in den chilenischen Anden voraussichtlich das Extremely Large Telescope (ELT) in Betrieb nehmen. Mit einem Durchmesser von 39 Metern übertrifft es die Lichtstärke und Auflösung aller anderen erdgebundenen Teleskope bei Weitem und könnte eine Reihe von Exoplaneten direkt beobachten.

Da werden wir sicher noch einige Überraschungen erleben.

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