Medikamentenentwicklung: Organe auf einem Chip
Kommen neu entwickelte Medikamente endlich beim Patienten an, haben sie einen langen Weg hinter sich. Wenn sie überhaupt dort ankommen. Denn auf Grund von biologischen Unterschieden zwischen Mensch und Tier fallen viele Substanzen in klinischen Studien durch, die zuvor in Tierversuchen noch viel versprechend wirkten. Der Prozess der Medikamentenentwicklung ließe sich aber noch deutlich optimieren, wie ein flottes Filmchen aus dem Hause des US-amerikanischen Medienunternehmens Mic zeigt.
Das Kamerateam nimmt uns mit auf einen Besuch ins Labor von Donald Ingber. Der Bioingenieur von der Harvard University möchte mittels Biochips, auf denen organähnliche Strukturen aufgebracht sind, wesentliche Stoffwechselprozesse beim Menschen im Labor simulieren. Das gläserne Objekt, das in dem kurzen Film zu sehen ist, erinnert äußerlich nur entfernt an eine echte Lunge. Trotzdem sollen sich mit Hilfe eines solchen Chips wichtige Funktionen des menschlichen Organs nachbilden lassen. So gibt es in der künstlichen Lunge etwa einen Luftkanal, der von Zellen besiedelt ist, wie sie auch echte Lungenbläschen auskleiden.
Tests an solchen Organsystemen sollen die Entwicklung von Medikamenten beschleunigen und viele Tierversuche überflüssig machen. So könnte man etwa simulieren, wie ein Wirkstoff über einen künstlichen Minidarm ins Kunstblut gerät und in einer künstlichen Minileber zu anderen Substanzen umgebaut wird, bevor er das Organ erreicht, in dem es seine Wirkung entfalten soll.
Das zügige Tempo des Films und ein ansprechender Mix aus Interview, Laboraufnahmen und erklärenden Animationen lassen keine Langweile aufkommen. Kritische Distanz zu seinem faszinierenden Thema hätte dem Video allerdings gut getan. Der Tagesspiegel etwa macht in einem Artikel deutlich, dass der Nachweis bislang noch aussteht, dass die Organsysteme tatsächlich mit ähnlichen Wirkungen und Nebenwirkungen auf Medikamente reagieren wie der Mensch. Die Revolution steht also möglicherweise noch ganz am Anfang – auch wenn manche Forscher sie schon für die nahe Zukunft ankündigen.
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