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Wir werden alle sterben: Zombies - das Halloween-Special

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Zombies - das Halloween-Special

Veröffentlicht am: 29.10.2016

Laufzeit: 0:07:26

Sprache: deutsch

Wir Werden Alle Sterben ist der Wissenschafts-Videocast auf Leben und Tod der Spektrum-Redakteure Mike Beckers und Lars Fischer.

Heute geht es um Zombies. Und zwar nicht um die Zombies aus der haitianischen Folklore, die durch Magie wiedererweckte Tote sind, sondern um Lebewesen, in denen andere Organismen die Steuerung übernehmen, um sie für ihre finsteren Zwecke zu missbrauchen.

Wie wird man einen Zombie? Ganz einfach: Man nehme einen Parasiten. Hier erkläre ich, wie schmarotzende Würmer oder Einzeller ihre Opfer zu willenlosen Sklaven machen und warum die Zombie-Apokalypse längst begonnen hat.

Diese heimtückische Strategie verwenden viele Arten von Parasiten. Hierzulande zum Beispiel der Kratzwurm Plagiorhynchus cylindraceus, der Kellerasseln befällt. Der Parasit lebt im Darm von Staren und wird von ihnen ausgeschieden. Vogelkot ist eine Delikatesse für Kellerasseln, sie fressen diesen und nehmen so den Parasiten auf. Der Wurm manipuliert ihre Nervenknoten, so dass sie Angst im Dunkeln bekommen. Sie meiden die für Kellerasseln typische Deckung und rennen auf beleuchteten Flecken des Waldbodens herum, ihr Panzer verliert teilweise seine Farbe. So sind sie gut für Raubtiere zu erkennen – zum Beispiel für Stare...

Wie machen solche mikroskopischen Organismen das, dass sie so viel größere Tiere ihren Willen unterwerfen? Indizien deuten darauf hin, dass in vielen Fällen das Immunsystem eine Rolle spielt. Der Wurm verändert Entzündungsreaktionen so, dass sie den Serotoninhaushalt durcheinander bringen. Serotonin ist bei Menschen das Schlafhormon und steuert die Reaktion auf hell und dunkel, so dass die Kellerasseln Lichtflecken mit geschützten Höhlen verwechseln. Beim wesentlich komplexeren Nervensystem von Mäusen zum Beispiel ist das nicht so einfach. Mäuse und Ratten werden aber vom Einzeller Toxoplasma gondii so manipuliert, dass sie sich mehr ins Freie wagen und vor allem den Geruch von Katzenurin plötzlich anziehend finden. Das ist aber noch nicht alles. Bei Ratten ist Toxoplasmose eine Geschlechtskrankheit und wird mit dem Sperma übertragen. Infizierte männliche Ratten produzieren mehr Testosteron, so dass weibliche Ratten sie attraktiver finden – und sich ebenfalls infizieren.

Das zusätzliche Testosteron macht die Ratten auch wagemutiger. Aber Toxoplasma bildet auch Zysten im Gehirn, und die geben einen Vorläufer des Neurotransmitters Dopamin ab. Auf diese Weise beeinflussen sie ausschließlich genau jene Nervenzellen, die diesen Vorläufer umsetzen können. Diese befinden sich hauptsächlich in zwei Hirnregionen, die eng mit dem Belohnungssystem zusammenhängen. Toxoplasma infiziert aber auch Menschen, und zwar in ganz großem Stil. Bei uns funktioniert das vermutlich ähnlich. Studien haben ziemlich drastische Effekte gefunden. Die Reaktionszeit steigt durch die Infektion und damit auch das Risiko für Unfälle. Das Immunsystem wird schwächer, bei schwangeren Frauen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie einen Jungen zur Welt bringen. Sie nehmen auch in der Schwangerschaft überdurchschnittlich stark zu. Infizierte Männer werden größer und haben einen ausgeprägteren männlichen Körperbau. Ob Toxoplasma auch sexuell von Mensch zu Mensch übertragen wird ist unklar. Infizierte Männer sind aber anscheinend attraktiver. Auch die Persönlichkeit wird beeinflusst, bis hin zu einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit für Schizophrenie und vermutlich auch andere psychische Erkrankungen. Und: Je länger man infiziert ist, desto stärker werden die Effekte. Weltweit sind etwa 40 Prozent mit dieser netten Manipulations-Mikrobe infiziert, insofern kann man mit einem gewissen Recht sagen: Ein bisschen Zombie sind wir im Grunde alle.

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