Lexikon der Biologie: DNA-Polymerasen
DNA-Polymerasen, Enzyme (Polymerasen), die den schrittweisen Aufbau von DNA-Ketten lenken. Als Substrate werden die vier 2´-Desoxyribonucleosid-5´-triphosphate (dATP, dCTP, dGTP, dTTP) umgesetzt, deren 2´-Desoxyribonucleosid-5´-monophosphat-Reste auf die 3´-Enden der wachsenden DNA-Kette (Starter-DNA, engl. primer) übertragen werden, wobei Pyrophosphat freigesetzt wird ( vgl. Abb. ). Die Reihenfolge der vier Mononucleotidbausteine wird dabei durch den komplementären (Komplementarität) elterlichen DNA-Strang (Matrize, engl. template) bestimmt. Im Bakterium Escherichia coli existieren drei verschiedene DNA-Polymerasen (DNA-Polymerase I, II und III), die sich in die verschiedenen Funktionen, zu denen DNA-Synthese erforderlich ist, nämlich DNA-Replikation, DNA-Reparatur-Synthese (DNA-Reparatur) und DNA-Rekombination, teilen. Die DNA-Polymerase I ( vgl. Abb. ), die 1956 als erste DNA-Polymerase von A. Kornberg isoliert wurde, und wahrscheinlich auch DNA-Polymerase II sind vorwiegend für DNA-Reparatur-Synthesen sowie für das Auffüllen von Einzelstranglücken, die unmittelbar nach der durch DNA-Polymerase III katalysierten DNA-Replikation verbleiben, verantwortlich. Die DNA-Polymerasen I und II arbeiten langsamer (Addition von ca. 50 Nucleotiden pro Sekunde pro Molekül), während das eigentliche replizierende Enzym, DNA-Polymerase III, den Einbau von über 1000 Nucleotiden pro Sekunde pro Molekül katalysiert. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, daß die Polymerase dabei nicht, wie bislang angenommen, am Matrizenstrang entlangfährt, sondern daß das Enzym an bestimmten Bereichen im Zellkern fixiert ist und die DNA mittels eines noch nicht bekannten Mechanismus durch die Polymerase hindurchgezogen wird. Neben der DNA-polymerisierenden Enzymaktivität besitzen DNA-Polymerasen, verankert im gleichen Molekül, auch Exonuclease-(= DNase-)Aktivitäten (Desoxyribonuclease): durch die in Richtung 3´
5´ abbauenden Exonucleasen (nur die DNA-Polymerase I besitzt auch 5´
3´ Exonucleaseaktivität) werden die jeweils zuletzt eingebauten Nucleotide laufend auf korrekte Basenpaarung mit dem Matrizenstrang "überprüft" und im Falle von Fehlpaarung, bedingt durch gelegentlich auftretende Einbaufehler (Basenanaloga) während der Synthese, wieder entfernt. Hilfreich ist hierbei, daß die postreplikative DNA-Methylierung verzögert einsetzt und damit der Tochterstrang als neuer und zu korrigierender Strang identifizierbar ist. Diese Funktion der den meisten DNA-Polymerasen inhärenten Exonuclease wird als Druckfehlerkorrekturfunktion (engl. proof reading) bezeichnet, da durch sie die Fehlerrate von DNA-Polymerasen (etwa 1 Fehler auf 100 000 korrekte Basenpaarungen!) und damit der DNA-Replikation erheblich reduziert wird. Eukaryotische DNA-Polymerasen lassen sich aufgrund ihrer Wirkungsweise, ihrer Empfindlichkeit gegenüber Inhibitoren und ihrer Lokalisation in verschiedene Gruppen unterteilen. Polymerase α, δ und ε vermitteln die Replikation im Zellkern, Polymerase β ist an der Exzision von Basen bei der DNA-Reparatur, Polymerase δ und/oder ε an der Exzision von Nucleotiden beteiligt. Polymerase α ähnelt der bakteriellen DNA-Polymerase III und ist mit einer DNA-Primase komplexiert – sie dürfte daher an der Synthese des Folgestrangs beteiligt sein. Polymerase γ ist in Mitochondrien und Chloroplasten lokalisiert und arbeitet bei der Replikation weitaus schneller als die anderen eukaryotischen DNA-Polymerasen. Nur für die Polymerase δ, die die Synthese des Leitstrangs vermittelt, konnte eine 3´
5´ Exonucleaseaktivität und damit eine Kontrollfunktion nachgewiesen werden. Desoxyribonucleoside, Mutatorgen, Polymerase-Kettenreaktion, Proteine, Replikation (Farbtafel I), reverse Transkriptase, Taq-DNA-Polymerase.
H.K./M.B.
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