Lexikon der Biologie: Mistkäfer
Mistkäfer, Coprophaga, Gruppe der dung- und kotfressenden (koprophilen) Blatthornkäfer (Koprophagen), die weltweit sehr artenreich ist; in Mitteleuropa etwa 140 Arten. Sie zeichnen sich durch oft intensive Brutfürsorge aus, indem sie, nachdem sie olfaktorisch einen ihnen passenden Kot- oder Dunghaufen eines Säugers (selten auch eines Vogels oder einer Schildkröte) gefunden und sich verpaart haben, entweder direkt darunter oder in der Nähe Gänge in den Boden graben. Das Ende eines Ganges und/oder weiterer Seitengänge wird mit diesem Kot vollgestopft und jede Brutkammer mit einem Ei belegt. Die Anlage der Brutstätten wird entweder nur vom Weibchen oder von beiden Geschlechtern vorgenommen. Besonders in letzterem Fall sind die Männchen oft stark sexualdimorph (Sexualdimorphismus); sie haben auf dem Kopf und/oder Halsschild kleine oder mächtige Hörner, mit denen in Schiebekämpfen der Konkurrent vertrieben werden soll. Hierher gehören bei uns vor allem Vertreter der Unterfamilien Geotrupinae, Scarabaeinae und Aphodiinae, die sich innerhalb der Familie Scarabaeidae (Eigentliche Blatthornkäfer) u.a. durch kräftige Grabbeine und eine oft zu einer Grabschaufel vorgezogene, gezähnte Stirn auszeichnen. – 1) Geotrupinae: Mistkäfer i.e.S., Roßkäfer, Arten der Gattung Geotrupes ( Insekten III ), 10–26 mm, meist dunkel schwarzbläulich, gelegentlich mit blauem oder grünlichem Metallschimmer; Körper hochgewölbt; leben im und am Kot von Pflanzenfressern (bei uns vor allem Rinder und Pferde). Frühlings-Mistkäfer (Geotrupes vernalis), 12–20 mm, bei uns überall. Wald-Mistkäfer (Geotrupes stercorosus), 12–20 mm, bei uns die häufigste Art, überall; vor allem in Wäldern, wo er im Frühjahr seine bis 10 cm tiefen Gänge anlegt und mit Kot vollstopft; Larvalentwicklung ca. 10 Monate. Stierkäfer oder Dreihorn-Mistkäfer (Typhoeus typhoeus), 15–25 mm, Männchen mit 3 nach vorne gerichteten Hörnern auf dem Halsschild, Weibchen ohne Hörner; bei uns vor allem in Sandgebieten, wo er bereits im sehr zeitigen Frühjahr einen tiefen (1–1,5 m) Stollen in die Erde gräbt, der mehrere Nebengänge mit den Brutpillen aufweist; es wird bevorzugt Kaninchenkot eingetragen. Rebschneider oder Rebenschneider (Lethrus apterus), mit großem Kopf, der oben abgeflachte und scheibenartig vortretende, sehr prominente Mandibeln trägt; 15–25 mm, schwarz, matt glänzend; die bei uns nur im südöstlichen Mitteleuropa vorkommende Art liebt trockensandige Steppengebiete, in denen sie Gänge bis 50 cm Tiefe mit Seitenabzweigungen gräbt; diese stopft der Käfer mit frischen Pflanzentrieben voll, um sie nach einem Gärungsprozeß für seine Larven verfügbar zu machen; er stellt sich den Kot gewissermaßen selbst her; da er hierbei gelegentlich auch frische Rebentriebe abbeißt, gab man ihm den deutschen Namen Rebenschneider. 2) Scarabaeinae: hierher die Pillendreher (Gattungen Scarabaeus, Sysiphus und Gymnopleurus; Insekten III ) und der in Deutschland im Bestand stark gefährdete Mondhornkäfer (Copris lunaris), schwarz, stark gewölbt und glänzend, Kopf beim Männchen mit einem nach oben gerichteten Horn, Halsschild mit vierzipfeligem Buckel; Weibchen ohne Kopfhorn und mit nur schwachen Halsschildbuckeln; bei uns nur noch lokal verbreitet; vor allem unter Rindermist. In Südeuropa findet sich daneben der ähnliche, aber viel größere Copris hispanicus, bei dem das Männchen ein noch mächtigeres Kopfhorn aufweist. Die Gattung der Kotfresser oder Kotkäfer (Onthophagus) umfaßt bei uns etwa 20 Arten, die kleine (4–5 mm) oder Tiere bis etwa 15 mm Körpergröße umfassen; Geschlechtsdimorphismus ist oft ausgeprägt; meist sind sie schwarz, braungelb oder metallisch-braun gefärbt; die Brutstollen werden vor allem von den Weibchen angelegt, denen die Männchen nur wenig helfen. 3) Aphodiinae, Dungkäfer: Arten der Gattung Aphodius, kleine bis mittelgroße (3–15 mm), längliche, oft parallelseitige Vertreter, bei uns über 80 Arten; die vielfach auf bestimmte Kotsorten spezialisierten Weibchen legen ihre Eier meist direkt in das Substrat; Aphodius porcus (im Bestand stark gefährdet) betätigt sich als Brutparasit (Brutparasitismus) beim Wald-Mistkäfer, indem er seine Eier in dessen Brutstollen legt. ä Blatthornkäfer , ä Käfer II .
H.P.
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