Lexikon der Biologie: Blatthornkäfer
Blatthornkäfer, 1)Lamellicornia, Scarabaeoidea, Überfamilie der Käfer mit den Familien (neues System, ä vgl. Tab. ) Hirschkäfer (Lucanidae), den in Europa nicht heimischen Zuckerkäfern(Passalidae), den Erdkäfern(Trogidae), Roßkäfern (Geotrupidae;Mistkäfer) und den Eigentlichen Blatthornkäfern (Scarabaeidae); die Käfer sind unter anderem durch den charakteristischen Bau der Fühler ( ä vgl. Abb. ) gekennzeichnet: die 3–7 letzten Glieder sind seitlich blattartig vergrößert, tragen auf ihren Innenflächen zahlreiche Sinnesorgane und können bei den Scarabaeidae über Hämolymphdruck auseinandergespreizt werden. Die Larve ist als Engerling bekannt. 2)Eigentliche Blatthornkäfer, Scarabaeidae, Familie der Polyphaga, mit 30 000–40 000 Arten eine der umfangreichsten Käferfamilien, in Mitteleuropa ca. 210 Arten. (Diese große Familie wird heute vielfach in eine Reihe weiterer Familien zerlegt.) Hierher gehören so bekannte Käfer wie die Maikäfer ( ä vgl. Abb. ), Mistkäfer, Pillendreher, Rosenkäfer und Nashornkäfer. Die Vertreter sind sehr vielgestaltig; unter den Riesenkäfern finden sich mit über 15 cm Körperlänge (Herkuleskäfer) die größten Käfer überhaupt. Die Arten sind einschließlich ihrer Larven (Engerlinge) hauptsächlich Pflanzenfresser, aber in biologisch sehr unterschiedlicher Weise: Larven am Boden lebend, frei an Wurzeln verschiedener Pflanzen; die Käfer fressen dann häufig Blätter von Kräutern, Sträuchern oder Bäumen; hierher gehören die vielen Vertreter der Maikäferartigen (Unterfamilie Melolonthinae) mit dem Maikäfer und dem Junikäfer und verwandte Unterfamilien, wie die Rutelinae: in Mitteleuropa z. B. Julikäfer oder tropische Riesenkäfer (Dynastinae). Die Larven können auch im Boden zersetzte Pflanzenstoffe fressen; sie finden sich dann in Komposthaufen (Larven des einheimischen Nashornkäfers), in Kleinsäugernestern und Ameisenhaufen (Larven einiger Rosenkäfer). Andere Larven entwickeln sich in zerfallendem und moderndem Holz und finden sich im Mulm alter Bäume, hierher gehören die Engerlinge der meisten Riesenkäfer, der Pinselkäfer (Trichius) und des fast 3 cm großen, nach Juchtenleder riechenden Eremiten oder Juchtenkäfers (Osmoderma eremita), dessen Larve nur noch selten in hohlen Linden gefunden wird; auch die meisten Larven unserer Rosenkäfer und Pinselkäfer leben in faulem Holz. Die große Gruppe der Dung- und Mistkäfer, koprophage Scarabaeiden, lebt als Larve und meist auch als Käfer von tierischen Exkrementen, vor allem denen der Pflanzenfresser; hierbei kann auch häufig intensive Brutpflege vorkommen, indem die Weibchen oder auch beide Geschlechter Dungteile in Form von Kugeln, Brutpillen oder Würsten in selbstgegrabene, unterirdische Bauten bringen; hierher gehören neben den Mist- und Dungkäfern (Geotrupinae, Aphodiinae) die Pillendreher (Scarabaeinae) und Verwandte, wie der Stierkäfer (Typhoeus) oder der Mondhornkäfer (Copris lunaris). Schließlich gibt es Larven, die tierische Reste wie Hufe, Nägel oder Gehörne fressen, z. B. die Arten der Gattung Trox, oder wie der im Südosten der USA lebende Pillendreher Deltochilum gibbosum, der seine Brutpille aus Federn und Haaren formt, die er mit Erde und trockenem Laub umgibt. – Die erwachsenen Käfer sind zum Teil Blattfresser, wie der Maikäfer und Junikäfer. Die Wahl der Fraßpflanze ist meist eingeengt. So lebt der fast 4 cm große, weiß marmoriert gezeichnete Walker oder Müller (Polyphylla fullo, ä vgl. Abb. und Käfer I) – ein naher Verwandter unserer Maikäfer – vor allem in Sandgebieten von den Nadeln der Kiefer; wenn man ihn stört, gibt er laut zirpende Töne von sich (Stridulation); seine Larve lebt an den Wurzeln von Gräsern. Unsere Maikäfer leben vor allem von Blättern der Laubhölzer. Der in vielen Farbvarianten (Flügeldecken gelbbraun, dunkelblau, grün oder schwarz) auftretende, bis 15 mm große Julikäfer (Anomala dubia) lebt als Käfer besonders an Weiden oder Birken. Daneben gibt es viele Vertreter, die Blütenbesucher sind und dort Blütenteile oder nur Pollen fressen. Erstere sind Blütenzerstörer. Zu ihnen gehören die auf Grasblüten und damit gelegentlich auch auf Getreide fressenden Getreidekäfer der Gattung Anisoplia (bei uns hauptsächlich die Getreidelaubkäfer Anisoplia segetum H. und Anisoplia villosa Goeze = agricola F.). Auch der bei uns ab Ende Mai häufige Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola) frißt einerseits an allen möglichen Blättern, vor allem aber lebt er in Blüten (z. B. Heckenrosen) und frißt alle Blütenteile. Reine Pollenfresser stellen die Pinselkäfer der Gattung Trichius (bei uns vor allem der ca. 1 cm große, schwarz-gelb gezeichnete Trichius fasciatus) und viele Rosenkäfer dar. Letztere leben gelegentlich auch von süßen Säften und bohren sich daher in faulendes Obst ein oder lecken ausfließenden Baumsaft, wie es von unserem großen Hirschkäfer bekannt ist und von unserem Nashornkäfer angenommen wird. Käferblütigkeit. ä Blatthornkäfer .
H.P.
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