Lexikon der Geowissenschaften: Radiocarbondatierung
Radiocarbondatierung, 14C-Datierung, Radiokohlenstoffdatierung, Kohlenstoffdatierung, physikalische Altersbestimmung mit dem Isotop 14C, das in Organismen und Sedimenten eingebaut wird und mit konstanter Rate zerfällt. Als datierbare Materialien eignen sich alle Organika (bes. Holz, Knochen), Kalkfossilien, Travertin, Keramik, Eis und Grundwasser. Die Bildung des 14C erfolgt kosmogen in der Stratosphäre ( Abb.) durch die Wechselwirkung des Luftstickstoffs 14N mit Neutronen (n) der kosmischen Strahlung unter Freisetzung von Protonen (p). Über die Nahrungskette wird der Kohlenstoff in organisches Material oder durch Carbonatausfällung in Sedimenten mit einem initialen Gehalt (14C0) eingelagert. Dort zerfällt das Isotop mit einer Halbwertszeit von 5730±40 Jahren unter β--Emission (gegenwärtiges Isotopenverhältnis 14C zu 12C beträgt 1,2·10-12). Für eine Datierung muß der 14C0-Gehalt bekannt sein und ein C-Austausch der Probe ausgeschlossen (geschlossenes System) oder quantifizierbar sein.
Der 14C0-Gehalt unterliegt folgenden räumlichen sowie zeitlichen Änderungen:
a) Isotopenfraktionierung: Da bei der Photosynthese bevorzugt das leichtere 12C eingebaut wird, ergibt sich bei pflanzlichem Material eine Isotopenverschiebung zu leichterem C. Die Isotopenfraktionierung wird als Abweichung der Proben-Isotopie zum PDB-Standard (mit δ13C=0‰) angegeben (Peedee-Belemnit-Standard). Andere gebräuchliche Standards sind der Niers-Standard (δ13C=-0,64‰) und der NBS (National Bureau of Standards, δ13C=-1,06‰). b) Reservoireffekt: Die Isotopenzusammensetzung ist in Atmosphäre, Hydrosphäre und Biosphäre jeweils unterschiedlich und überträgt sich auf die dort gebildeten Substanzen. c) Hartwassereffekt: Durch Lösung fossiler (14C-abgereicherter) Kalke wird die Isotopenzusammensetzung von aquatisch, besonders vor Flußmündungen oder in grundwassergespeisten Seen, zu leichteren Werten verändert. d) De-Vriess-Effekt: Die zyklische Änderung der Sonnenaktivität verursacht Schwankungen der 14C-Produktionsrate um ca. ±2% und mit verschiedenen Perioden (wiggles). Hohe Sonnenfleckenrelativzahlen bewirken eine geringere Bildungsrate, die zu Altersüberbestimmung führt. e) Suess-Effekt, Industrie-Effekt: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts werden große Mengen fossiler Brennstoffe verfeuert, die zur Reduzierung des 14C-Gehaltes in der Atmosphäre um ca. 0,03% pro Jahr führt. Die resultierende scheinbare Altersüberbestimmung betrifft nur Proben, die jünger sind als etwa 1850. f) Kernwaffen-Effekt: Durch die oberirdisch gezündeten Kernwaffen seit den 1950er Jahren ist der atmosphärische 14C-Gehalt um gegenwärtig 20% gegenüber dem natürlichen Wert erhöht.
Die Altersberechnung ermittelt zunächst das unter definierten Modellannahmen (Libby-Halbwertszeit=5568 Jahre, Wert für die Isotopenfraktionierung δ13C=25‰, zeitlich konstantes 14C0) berechnete konventionelle 14C-Alter. Das Bezugsjahr ist 1950 n.Chr., das Symbol BP (before present). Der Kalibration dieses Alters dienen regional gültige Eichkurven, die bis ca. 11.000 Jahre v.h. aus dendrochronologischen Zählungen, davor aus Uranreihenaltern erstellt wurden. Die kalibrierten Alter werden mit der Einheit cal BC (before Christ, Kalenderjahre v.Chr.), cal AD (Anno Domini, Kalenderjahre n. Chr.) oder cal BP (before present, Kalenderjahre vor 1950) belegt. Bei der Kalibration zeigt sich, daß die konventionellen Alter vor etwa 2000 BP systematisch um etwa 10–15 Prozent altersunterbestimmt sind. Eine Schwierigkeit stellen ferner Suess-Wiggles der Kalibrationskurven dar, bei denen das konventionelle Alter kaum oder gar nicht mit den Kalenderjahren anwächst. Besonders während der Zeiten von 6900–6700, 4200–4000, 3350–3050, 2850–2600 und 800–400 v. Chr. ergibt die Kalibration nicht eindeutige Kalibrationsalter. Der datierbare Altersbereich beträgt 300–35.000 ± 4000 Jahre. Bei Isotopenanreicherung sind 50.000 Jahre prinzipiell möglich; sie sind jedoch wegen nicht abtrennbarer 14C-Verunreinigungen mit hohem Fehler behaftet. [RBH]
Literatur: [1] WAGNER (1995): Altersbestimmung von jungen Gesteinen und Artefakten. – Stuttgart. [2] GEYH (1983): Physikalische und chemische Datierungsmethoden in der Quartär-Forschung. – Clausthaler Tektonische Hefte 19.
Radiocarbondatierung: Entstehung von 14C aus 14N durch Einwirkung kosmischer Strahlung und Darstellung einiger Komponenten des Kohlenstoffkreislaufes, die für die Radiocarbondatierung wichtig sind. Radiocarbondatierung:
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