News: Dünn besiedelt
Mit Hinblick auf irdische Mikroorganismen, die in extremen Umgebungen leben und ihre Energie aus geochemischen Quellen beziehen – wie es spezialisierte Bakterien in der Nähe von Tiefseeschloten machen –, haben die Forscher bestimmt, wieviel Energie auf dem Mars zur Verfügung stünde. Da die Menge des vulkanischen Gesteins, das der Planet im Laufe seines Lebens ausgeschleudert hat, mehrere hundertmal kleiner ist als auf der frühen Erde, ist vermutlich auch die erreichbare Energie aus hydrothermalen Schloten entsprechend geringer, meint Jakosky.
Die Erfindung der Photosynthese erschloß für das Leben auf der Erde eine zuverlässige Energiequelle hoher Intensität. Sie ermöglichte es, daß auf jedem Quadratzentimeter Landfläche im Durchschnitt 20 Gramm Organismen in 1 000 Jahren gebildet werden. Nach Angabe von Shock würde es auf dem Mars vier Milliarden Jahre dauern, diese 20 Gramm zusammenzukratzen – vorausgesetzt, die Lebewesen wären auf chemische Energiequellen angewiesen. "Aber es gibt bisher keine Anzeichen für Leben auf dem Mars, geschweige denn für Photosynthese", sagt Jakosky.
So wird es vermutlich eine Enttäuschung bei den Anhängern von Marsmikroben oder gar grünen Männchen geben, wenn im Laufe des kommenden Jahrzehntes eine Raumsonde die erste Probe Marsgesteins zur Erde bringen wird. Die Wahrscheinlichkeit, daß darin Fossilien oder sogar Lebewesen enthalten sind, ist nach Meinung von Jakosky und Shock äußerst gering. Sie schlagen deshalb vor, die Suche auf erloschene oder aktive hydrothermale Schlote zu konzentrieren, die an den Wänden der Schluchten zutage treten könnten, oder auf aktive Energiequellen an der Oberfläche.
Ihre Prognose für Leben auf dem Jupitermond Europa sieht noch düsterer aus. Der Satellit könnte nach Messungen der Sonde Galileo flüssiges Wasser unter seinem dicken Eispanzer haben. Doch falls es dort Leben geben sollte, dann nicht im Wasser selbst, sondern im Gestein darunter, sagen die Forscher. Denn dort könnte die Energie der inneren Wärme des Mondes genutzt werden. Allerdings ist das noch weniger als der Mars hergibt.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 2.6.1998
"Feuchte Vergangenheit"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 5.3.1998
"Schneematsch auf Europa" - Spektrum Ticker vom 20.11.1997
"Eine Erklärung für flüssiges Wasser auf dem vorzeitlichen Mars"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 1/97, Seite 50
"Die Klimageschichte des Mars"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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