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News: Gene ohne Artgrenzen

Ein einzelnes Gen hat sich in Dutzende nicht verwandter Blütenpflanzen eingenistet, indem es von Art zu Art sprang. Dabei hat es sich schneller ausgebreitet, als bisher für andere Gene beobachtet wurde. Dies bedeutet, daß Gentransfer zwischen Arten, die sich nicht paaren, wohl häufiger vorkommt, als bisher angenommen wird.
Vor drei Jahren entdeckte eine Team unter der Leitung des Evolutionsbiologen Jeffrey Palmer von der Indiana University in Bloomington, daß eine seltsame Art eines natürlich vorkommenden Gens namens "Gruppe I-Intron" von einem Pilz auf Schwarzen Pfeffer und auf einen Fingerhut übergesprungen ist. Verblüfft begannen die Wissenschaftler, die DNA aus 335 unterschiedlichen Pflanzengruppen, darunter Gurkengewächse, Kaffeepflanzen, Immergrün und Philodendren zu isolieren. Sie wollten feststellen, wie weit sich das Gen unter den Blütenpflanzen ausgebreitet haben könnte. Mit Hilfe radioaktiv markierter DNA, die nur an Gruppe I-Introns bindet, konnten die Forscher jenes Gen in 48 nicht verwandten Pflanzengruppen lokalisieren.

Wie aber verbreitete sich das Gen? Um die Variationen in der DNA-Sequenz von 29 "befallenen" Pflanzen zu analysieren, simulierte Palmers Team am Computer die Evolution des Gens. Dabei entdeckten sie, daß sich das Vererbungsmuster des Gens gänzlich von der bekannten Evolutionsgeschichte der Blütenpflanzen unterscheidet: Dieses Gen springt von Art zu Art anstatt nur von den Eltern auf die Nachkommen überzugehen.

Das Intron reist sozusagen Huckepack zu anderen Pflanzen, mit Hilfe von Bakterien, Viren oder saugenden Insekten. Einmal dort angekommen, baut es sich in die Pflanzen-DNA ein. In den letzten zehn Millionen Jahren, so schätzt Palmer, hat das Gen mehr als 1000mal die Spezies gewechselt – unter mehr als 13 500 unterschiedlichen Gruppen von Blütenpflanzen (Proceedings of the National Academy of Sciences vom 24. November 1998, Abstract).

"Es ist kein anderes Gen bekannt, das sich so schnell so weit verbreitet hat, egal ob in Tieren oder Pflanzen. Die Übertragungsrate ist wirklich bemerkenswert", sagt die Pflanzen-Molekularbiologin Mary Schuler von der University of Illinois, Urbana-Champaign. "Dies eröffnet die Möglichkeit, daß andere Gene ebenfalls in der Lage sein könnten, auf diese Weise zu reisen und sich so fortzupflanzen."

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