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News: Ein molekularer Schalter läßt Zellen wuchern

So verschieden die Krankheiten auf den ersten Blick wirken, sie haben doch etwas gemeinsam: Bei Krebs wie bei rheumatischer Arthritis beobachten Wissenschaftler unkontrolliertes Zellwachstum und die Aktivierung eines bestimmten Proteins in den Zellen. Den Mechanismus, in dem diese Verbindung eine zentrale Rolle spielt, konnten Wissenschaftler nun genauer entschlüsseln. Das ist vielleicht ein erster Schritt zu neuen Behandlungsmethoden für beide Krankheiten.
Sergei S. Makarov und seine Mitarbeiterin Julia A. Romashkova von der School of Medicine der University of North Carolina in Chapel Hill und dem Thurston Arthritis Research Center konnten das komplizierte Wechselspiel des Transkriptionsfaktors NF-kappaB mit den drei OnkogenenMyc, Akt und Ras aufdecken. Onkogene sind Gensequenzen, die an der Entartung von normalen Zellen zu Krebszellen beteiligt sind. NF-kappaB steuert dabei die Aktivität der drei Gene, die bei der Regulierung der Zellteilung eine entscheidende Rolle spielen (Nature vom 2. September 1999).

"Die Stoffwechselwege, die Zellwachstum und Zelltod steuern, sind grundlegend miteinander verknüpft. Sich teilende Zellen sterben, wenn nicht bestimmte Wachstumsfaktoren vorhanden sind. Das ist ein körpereigener Schutz gegen Krebs. Wenn dieser Schutz versagt, gerät die Zellteilung außer Kontrolle", erklärt Makaro. "Deshalb ist es so wichtig, die molekularen Mechanismen zu verstehen, die den Zelltod und die Zellteilung kontrollieren."

Eine Stimulierung mit Wachstumsfaktoren setzte bei Untersuchugen an Zellkulturen in den Zellen eine komplizierte Abfolge von molekularen Signalen in Gang, an denen auch Ras und Akt beteiligt sind. Dieser über mehrere Proteine verlaufende Stoffwechselweg mündet schließlich in der Aktivierung von NF-kappaB. Dieses wiederum löst die Synthese von c-Myc aus, einem Protein, das eine Schlüsselrolle in der Regulierung von Wachstum, Differenzierung und Tod von Zellen besitzt.

"Wir wissen, daß c-Myc für die Zellteilung essentiell ist", sagt Makarov. Wenn zuviel c-Myc hergestellt wird, sterben die Zellen jedoch ab. Sind aber Wachstumsfaktoren zugegen, so ist c-Myc nicht tödlich, sondern fördert die Zellteilung. Wie nun die Wachstumsfaktoren die Funktion von c-Myc steuern, konnten die Wissenschaftler bisher nicht klären. "Wenn wir die Aktivierung von NF-kappaB unterbanden, verhinderten die Wachstumsfaktoren nicht den von c-Myc ausgelösten Tod der Zellen. Andererseits konnte aktiviertes NF-kappaB selbst die tödliche Wirkung einer Überproduktion des c-Myc-Proteins verhindern. Das bedeutet, daß die Wachstumsfaktoren über NF-kappaB die Zellteilung anregen und den Zelltod verhindern."

Die Studie wurde zwar an Zellkulturen mit normalen Zellen durchgeführt, die Ergebnisse könnten sich jedoch eventuell auf Tumorzellen, die ungehemmtes Zellwachstum zeigen, übertragen lassen. Denn hier sind Mutationen an Ras, Akt und Myc recht häufig, und dazu passend ist die Aktivierung von NF-kappaB ein oft beobachtetes Merkmal von menschlichen Tumorzellen.

Diese molekularen Mechanismen sind vielleicht auf rheumatische Arthritis übertragbar. In früheren Untersuchungen konnten Makarov und weitere Wissenschaftler nachweisen, daß die Überproduktion von c-Myc und die Aktivierung von NF-kappaB mit Veränderungen des Gewebes einher gehen, die charakteristisch für die Krankheit sind. Dazu gehören Entzündungen und das übermäßige Wachstum von Synovialzellen – den Gelenkinnenhautzellen – an den Gelenken.

"Rheumatische Arthrithis und Tumoren haben viel gemeinsam", meint Makarov. "In beiden findet man unkontrolliertes Zellwachstum. Und in beiden beobachtet man die Überproduktion von c-Myc und die Aktivierung von NF-kappaB." Damit könnte NF-kappaB ein Zielobjekt für die Forschung nach Behandlungsmethoden beider Krankheiten werden.

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