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News: Naturschutz, der sich rechnet

Weltweit fordern Wissenschaftler wie Politiker den Schutz tropischer Regenwälder, unter anderem wegen deren Funktion als Kohlenstoffsenke. Aber für viele der betroffenen Länder sind diese Wälder eine wichtige Ressource, die sie wirtschaftlich nutzen wollen - was häufig ungehemmten Kahlschlag bedeutet. Eine Studie über einen madegassischen Nationalpark zeigt, dass sich der Schutz solcher Gebiete offenbar sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene finanziell lohnt, wohingegen für den Nationalstaat an sich die Abholzung lukrativer wäre. Wen wundert es da noch, dass es den Verantwortlichen schwer fällt, 'Nein' zu Holzeinschlagsfirmen zu sagen. Die Autoren entwickeln darum ein Alternativmodell, in dem auch Industrienationen zur Kasse gebeten werden - und noch etwas davon haben. Schließlich geht es alle an.
Jahr für Jahr fallen schätzungsweise 13 Millionen Hektar Waldfläche der Kettensäge oder Brandrodungen zum Opfer. Allein die Entwaldung in den Tropen ist für 20 bis 30 Prozent der anthropogenen Kohlenstoff-Freisetzung verantwortlich. Dementsprechend fordern Wissenschaftler wie Politiker weltweit, vor allem tropische Wälder zu schützen – notfalls auch auf Kosten der wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Staaten. Manche deren Vertreter halten entgegen, dass die Wälder insbesondere für arme Länder eine wichtige Einkommensquelle darstellen, die sie mangels Industrie dringend benötigen, um die Entwicklung im Land anzukurbeln. Naturschutz ist für sie nur reizvoll, wenn er sich auch wirtschaftlich lohnt.

Entscheidungsträger verlassen sich allerdings ungern auf vage Vermutungen oder Schätzungen, sie wollen harte Zahlen. Seit einigen Jahren versuchen Wissenschaftler daher, für bestimmte Faktoren einen wirtschaftlichen Gegenwert zu benennen, zum Beispiel, was die Abholzung eines Waldstückes für den Klimaschutz kostet. Die Ergebnisse solcher Studien sind oft jedoch sehr widersprüchlich und heftig umstritten.

Auch Claire Kremen von der Stanford University hat zusammen mit sieben Ökologen und Ökonomen eine solche Hochrechnung erstellt. Als Datengrundlage wählten sie den Masoala National Park in Madagaskar. Die Regierung hatte das 2300 Quadratkilometer große Gebiet 1997 zum Nationalpark erklärt, obwohl ihr mehrere verlockende Angebote von ausländischen Holzeinschlagsfirmen vorlagen. Das Gebiet ist zwar von einer 1000 Quadratkilometer großen, ungeschützten Pufferzone umgeben, doch die Einwohner bauen dort in Subsistenzwirtschaft Reis an, für den sie Felder roden und immer weiter in den Wald vordringen.

Die Wissenschaftler rechneten verschiedene Modelle durch, jeweils über eine Laufzeit von 10 und 30 Jahren. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass sich der Schutz des Gebietes sehr wohl rechnet – allerdings nur auf lokaler Ebene und global betrachtet. Für den Staat Madagaskar wäre es jedoch lukrativer, den Park zur Abholzung freizugeben (Science vom 9. Juni 2000).

Die lokale Bevölkerung profitiert von dem Wald, indem sie zum Beispiel mit Blättern die Dächer ihrer Häuser decken oder aus Stämmen Boote bauen. Außerdem ernähren sie sich von Früchten und den dort lebenden Tieren. Umgerechnet "verdient" so jedes Dorf in einem Zeitraum von zehn Jahren 200 000 Dollar, während der Brandrodungsfeldbau mit Reis in derselben Zeitspanne nur 12 000 Dollar einbringt.

Aus lokaler Sicht zählt vor allem die Rolle des Waldes als Kohlenstoffsenke. Die Forscher veranschlagten 20 Dollar für jede Tonne Kohlendioxid, die in der Region gespeichert wird. Bei diesem Betrag würde die Weltwirtschaft in zehn Jahren 180 Millionen Dollar einsparen, wenn der Masoala National Park nicht in Flammen aufgeht.

Weniger vielversprechend sieht die Rechnung für den madegassischen Staat aus. Verglichen mit den 200 000 Dollar pro Dorf in zehn Jahren könnte das Land 90 Millionen Dollar einnehmen, wenn es ausländischen Firmen die Abholzungsgenehmigung erteilt.

Nun kann sich Naturschutz meist nur gegen wirtschaftliche Interessen durchsetzen, wenn er sich rechnet. Darum präsentieren die Forscher auch eine Lösung für dieses Problem auf der Basis des Klimaschutzabkommens von Kyoto. Sie schlagen ein Punktesystem für die Emission von Treibhausgasen vor. Ölförderungsgesellschaften und Regierungen von Industriestaaten könnten dabei nicht nur Punkte sammeln, wenn sie ihre eigenen Emissionen drosseln. Sie sollen auch die Möglichkeit haben, durch die Förderung von Schutzprojekten in Entwicklungsländern ihr Punktekonto zu verbessern. So könnte zum Beispiel eine Tonne "geretteten" Kohlenstoffs vier Dollar kosten. Wenn andere Staaten diese Kohlenstoff-Punkte kaufen, könnte Madagaskar seine Naturschutzanstrengungen finanzieren – die ja schließlich für die gesamte Welt von Nutzen wären.

Der Bericht kommt "genau zur richtigen Zeit", meint Peter Frumhoff von der Union of Concerned Scientists, da die Unterzeichner des Kyoto-Protokolls in Bonn zur Zeit einen solchen Punkteplan für Kohlenstoff diskutieren. Kritiker wie Jerry Taylor vom Cato Institute in Washington weisen allerdings darauf hin, wie schwierig es ist, den wirtschaftlichen Wert von Ressourcen zu ermitteln, da es dafür nun mal keinen Markt gibt, der Preise festlegt.

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