News: Genaues Hinsehen lohnt sich!
Dass sich die Wissenschaftler mit ihrer Vermutung jedoch gründlich geirrt hatten, entdeckte kürzlich Huiming Bao von der University of California in San Diego und seine Mitarbeiter. Denn sie fanden den anomalen chemischen Fingerabdruck auch in Gipsablagerungen in der namibischen Wüste und in Ablagerungen vulkanischer Aschen in Nebraska und South Dakota. Die Forscher konnten daraus schließen, dass die Anomalie der Sauerstoff-Isotope auch tatsächlich auf der Erde entstand, da sie in Sulfat-Mineralien auftrat, die sich vor 20 Millionen Jahren in Asche-Ablagerungen angesammelt hatten. Die namibischen Gipsschichten bringen die Forscher mit Schwefel-produzierenden Meeresorganismen zusammen, die während der letzten zehn Millionen Jahre Dimethylsulfid in die Atmosphäre abgaben. Die Küste Zentral-Namibias ist eine Hauptzone für aufsteigende Tiefenströmungen, die mit einer intensiven biologischen Aktivität korreliert sind. Die einzigartige Umwelt der Wüste konservierte anschließend die chemischen Fingerabdrücke. "Wir glauben letztendlich, dass diese ungewöhnlichen chemischen Fingerabdrücke aus der Erdatmosphäre stammen", meint Bao, " und diese Spuren werden von Ozon und anderen atmosphärischen Oxidationsmittel während der Oxidation von reduzierten Schwefelgasen, wie sie von den marinen Mikroorganismen oder durch Vulkanausbrüche freigesetzt werden, auf Sulfat übertragen."
"Die Entdeckung wird uns ermöglichen, die Geschichte der Erde und möglicherweise des Klimas in einem bisher nicht erreichbaren Zeitmaßstab besser zu verstehen", meint Mark H. Thiemens von der Division of Physical Sciences der University of California in San Diego. Den Wissenschaftlern steht nun ein Zeitfenster zur Verfügung, mit dem sie Millionen oder sogar Milliarden Jahre in die Vergangenheit der Erde zurücksehen können, um beispielsweise Fragen über die Zusammensetzung der Erdatmosphäre, atmosphärische Prozesse während frühzeitlicher Vulkanausbrüche, das Muster früherer Meeresströmungen und die frühzeitliche biologische Produktivität zu beantworten. Das Ergebnis der Forscher sollte ihrer Ansicht nach aber auch dazu führen, dass Astronomen vorsichtiger werden, wenn sie den Ursprung ungewöhnlicher Verhältnisse von Sauerstoff-Isotopen in Meteoriten bestimmen. "Einige der Anomalien könnten von den Meteoriten schon während ihres Aufenthalts auf der Erde übernommen worden sein", meint Bao, "einige Meteoriten liegen über Tausende von Jahren auf Eis oder in der Wüste, sodass es möglich ist, dass die sekundären Mineralien in ihnen von der Erde stammen".
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 21.3.2000
"Päckchen aus dem All"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 3.11.1998
"Neue Indizien für einen Meteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
Der Heidelberger Verlag Spektrum der Wissenschaft ist Betreiber dieses Portals. Seine Online- und Print-Magazine, darunter »Spektrum der Wissenschaft«, »Gehirn&Geist« und »Spektrum – Die Woche«, berichten über aktuelle Erkenntnisse aus der Forschung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.