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News: Lehrreicher Schlaf

Wenn Schüler oder Studenten sich vor dem Prüfungstag ihre Unterlagen unters Kopfkissen legen, kann man sich zwar darüber amüsieren. Offenbar hat der alte Brauch aber durchaus seine Berechtigung - zumindest, wenn die Prüflinge ihre Unterlagen vorher aufmerksam gelesen haben und danach in einen tiefen, erholsamen Schlaf versanken. Denn in der so genannten REM-Phase des Schlafes ist das Gehirn aktiv und wiederholt das Erlernte, bis es schließlich dauerhaft im Gedächtnis gespeichert wird.
Im Schlaf fährt der Körper die Stoffwechselfunktionen herunter, die Herz- und Atemfrequenz sinkt. Der gesamte Organismus befindet sich in einer Art Erholungs- und Regenerationsphase. Umweltreize wie zum Beispiel leise Töne oder einige Gerüche dringen nicht mehr ins Bewusstsein. Stille – zumindest von außen betrachtet. Denn im Innern arbeitet ein Organ unermüdlich auf Hochtouren weiter: das Gehirn. Und seine nächtliche Aktivität scheint in direktem Zusammenhang mit dem Erinnerungsvermögen zu stehen. Forscher fanden heraus, dass ein Schlafentzug auf viele Tiere und den Menschen verheerende Folgen für das Gedächtnis hat. Besonders Fertigkeiten, die kurz vor dem Einschlafen erlernt wurden, sind davon betroffen. Am schlimmsten wirkt sich eine Unterbrechung in der so genannten REM-Phase – benannt nach den schnellen Bewegungen der Augen (Rapid Eye Movement) während des Schlafes – auf das Gedächtnis des Menschen aus. Bei Ratten konnten Wissenschaftler beobachten, dass im Schlaf neuronale Erregungsmuster wiederholt werden, die kurz zuvor im Gehirn der Tiere entstanden, als sie neue Umgebungen erkundeten.

Um auch der Aktivität des menschlichen Gehirns auf die Schliche zu kommen, untersuchten Pierre Maquet von der Universität Liège in Belgien und seine Mitarbeiter mit einem Positronen-Emissions-Tomographen die nächtliche Aktivität der neuronalen Zentren von sieben Versuchspersonen. Mit dieser Technik konnten die Forscher direkt auf dem Bildschirm die Gehirnaktivität in dreidimensionaler Darstellung verfolgen. Zunächst zeichneten die Wissenschaftler die Tätigkeit verschiedener Gehirnbereiche auf, während die Freiwilligen lernten, die Tasten eines Computers in einer bestimmten Reihenfolge zu drücken. In den Aufnahmen leuchtete eine bestimmte Konstellation von neuronalen Feldern auf. Als die Probanden später schliefen, waren bei ihnen in der REM-Phase dieselben Bereiche stärker aktiviert als bei Kontrollpersonen, welche die Fähigkeit zuvor nicht erlernt hatten (Nature Neuroscience vom August 2000). Wie Axel Cleermann von der Université Libre de Bruxelles vermutet, sorgen diese Wiederholungen von neuronalen Erregungsmustern dafür, dass neue Erlebnisse schließlich dauerhaft gespeichert werden.

Der Neurologe Robert Stickgold von der Harvard University hält die Entdeckung für "verblüffend". "Es überrascht mich, dass die Reaktivierung so gut bei der bildgebenden Beobachtung des Gehirns zu sehen ist." Die erhöhte Aktivität bedeutet, dass der Körper einen großen Energieaufwand betreibt, um Erlerntes während des Schlafes zu festigen.

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