News: Fahrtenschreiber für Wanderfische
Dass sich aber offenbar nicht alle Bachforellen an den Wanderzyklus halten, der in vielen Lehrbüchern beschrieben wird, fanden die Ökologin Karin Limburg von der State University of New York at Syracuse und ihre Mitarbeiter heraus. Denn in jedem Fisch ist eine Art Fahrtenschreiber – ein so genannter Otolith – integriert. Dabei handelt es sich um ein kleines Kalkkörperchen, das zum Gehör- und Gleichgewichtsorgan gehört und sich unterhalb des Gehirns befindet. Ähnlich wie die Jahresringe an einem Baum entstehen, wächst der Otolith wächst während des gesamten Lebens schubweise. Dabei lagert er Stoffe in einem ganz bestimmten Verhältnis an – je nachdem, wie sie gerade in der Umwelt vorliegen. Schichten, die beispielsweise ein größeres Verhältnis von Strontium zu Calcium aufweisen, sind bei einem Aufenthalt in Meerwasser gewachsen. Ist das Verhältnis dagegen geringer, schwamm die Forelle zu dieser Zeit im Süßwasser.
Als die Wissenschaftler die Otolithen von erwachsenen Bachforellen aus der Ostsee bei der schwedischen Insel Gotland analysierten, entdeckten sie, dass nur manche Tiere zwischen Süß- und Salzwasser wanderten. Andere zogen es dagegen offenbar vor, ihr ganzes Leben im Süßwasser zu verbringen, während es einige ihrer Artgenossen schon sehr früh ins Meer zog, um überhaupt nicht mehr oder nur sehr viel später wieder ins Süßwasser zurückzukehren. In weiteren Arbeiten stellte die Ökologin fest, dass auch Aale und Heringe aus dem Hudson River alle verschiedenen Wanderzyklen aufweisen. "Die Otolithen sagen uns, dass sie sich so verhalten hatten, aber bis jetzt wissen wir nicht, warum", meint Limburg.
Die Forscherin hält die Entdeckungen für wichtig, um gefährdete Fischarten zu schützen. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Verhältnisse nicht so einfach sind, wie bisher angenommen. "Die Anzahl der verschiedenen Wanderungen ist komplexer, als man zuvor vermutete", meint John Musick vom Virginia Institute of Marine Science in Gloucester Point.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 14.6.2000
"Ein chemischer Kompass für den richtigen Weg?" - Spektrum Ticker vom 11.4.2000
"Die Wege der See-Elefanten"
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