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News: Gesundheit unter Spannung

Der Grat zwischen Panikmache und lobbyistischem Stoizismus ist schmal. Dennoch versuchen einige Wissenschaftler vorsichtig, die Frage zu klären, ob Hochspannungsleitungen nun die menschliche Gesundheit gefährden oder doch für den Organismus harmlos sind. Eine neue statistische Erhebung aus dem Südwesten Englands weist auf ein höheres Krebsrisiko hin und bestätigt zugleich eine Hypothese, wonach elektrisch geladene Staubteilchen das verhängnisvolle Bindeglied zwischen den Stromtrassen und den Krankheitsfällen sind.
Schon für sich genommen sind Dreck und Staub keine angenehmen Zeitgenossen. Wenn sie aber in die Nähe von Hochspannungsleitungen geraten, können sie von den starken elektrischen Feldern ionisiert und mit dem Wind bis zu 400 Meter weit davongetragen werden. Atmet ein Mensch die Teilchen ein, dann bleiben sie auf Grund ihrer Ladung eher in der Lunge hängen und können schließlich sogar zu Krebs führen.

Diese noch nicht bewiesene Theorie von dem Physiker Dennis Henshaw von der University of Bristol bekommt nun Unterstützung durch eine epidemiologische Studie. Alan Preece von der gleiche Universität hat sämtliche diagnostizierten Krebsfälle im Südwesten Englands überprüft und festgestellt, dass vor allem Lungenkrebs überdurchschnittlich oft bei Menschen auftritt, die innerhalb von 400 Metern Abstand zu einer Hochspannungsleitung wohnen. Allerdings kommt es tatsächlich auch auf die Windrichtung an: Nur wer die "elektrisierte" Luft atmen musste, hatte ein höheres Erkrankungsrisiko. An einen Zufall mag Preece nicht glauben: "Ich bin überrascht, wie robust [die Ergebnisse] anscheinend sind."

Auf einer Tagung der Bioelectromagnetics Society hatte er sogar quantitative Aussagen gewagt. Er schätzt den Anstieg des Krebsrisikos auf 29 Prozent – damit wären Hochspannungsleitungen ebenso gefährlich wie der Straßenverkehr, an dem in Großbritannien jedes Jahr rund 3000 Menschen sterben.

Die Stromerzeuger sind natürlich nicht überzeugt. Und auch Preece selbst möchte seine Resultate noch einmal überprüfen: "Um vorsichtig zu sein, würde ich am liebsten die Studie in einer anderen Region von England wiederholen und sehen, ob wir den gleichen Effekt erhalten. Das wäre sehr einfach durchzuführen." Und einfache Tests könnten vielleicht endlich zu verlässlichen Aussagen zu diesem strittigen Thema führen.

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