Deutschland im Klimawandel: Landwirtschaft: Leidtragende und Mitverursacherin
Titelthema: Deutschland im Klimawandel
Dieser Artikel ist Teil des mehrteiligen Titelthemas »Deutschland im Klimawandel« der Septemberausgabe von Spektrum der Wissenschaft. Die weiteren Artikel finden Sie hier:
- Mike Beckers: Deutschland im Klimawandel
- Andreas Bolte: Der große Waldumbau
- Ralf Weisse: Küsten unter Druck
- Rita Adrian und Benjamin M. Kraemer: Schlaglicht auf Seen und Flüsse
Wie sich Temperaturen und Niederschläge im Jahresverlauf verhalten, bestimmt Saat- und Pflanzzeiten, das Wachstum, Erntezeiten und die Zeit der Vegetationsruhe, in der die Pflanzen nicht wachsen. Genauso hängt davon ab, wie viel Wasser verfügbar ist, welche Struktur die Böden aufweisen, wo Schädlinge und Pflanzenkrankheiten auftreten und wie sie sich verbreiten – sowie letztlich Ertrag und Qualität der Ernte. Der Witterungsverlauf schwankt von Jahr zu Jahr, worauf die Landwirtschaft eingestellt ist und sich mit flexiblen Produktionszyklen anpasst. Doch mit fortschreitendem Klimawandel verändern sich Temperaturen und Niederschläge im Jahresverlauf drastischer und werden die Schwankungen teils so stark, dass herkömmliche Produktionsmethoden an ihre Grenzen stoßen. Bereits jetzt treten Hitze- und Trockenperioden, Dauer- und Starkregen vermehrt auf; sie können ganze Ernten vernichten und Landstriche degradieren. Auch in Deutschland sind in den vergangenen Jahren gehäuft meteorologische Extreme aufgetreten, wie etwa die Hitze und Trockenheit in den Jahren 2018 und 2019. Dadurch haben Ackerbaubetriebe vielerorts geringere Ernten eingefahren, beispielsweise bei Weizen, Gerste und Raps. Milchviehbetriebe hatten durch verringertes Wachstum auf Grünland zu wenig eigenes Futter produziert, und die Milchkühe litten unter Hitzestress. Die extreme Trockenheit führte zudem zu erhöhter Winderosion, und in Mittel- und Nordostdeutschland brachen Flächenbrände aus.
Selbst wenn es gelingt, die globale Erwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, wie im Pariser Klimaabkommen festgelegt, wird das für die Landwirtschaft in Deutschland bereits weit reichende Auswirkungen haben. Der Sonderbericht des Weltklimarats vom September 2018 zu den Folgen einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad zeigt, wie viel kleiner diese ausfallen, verglichen mit einer Erwärmung um 2 Grad, bei der bereits sehr drastische Folgen zu spüren sind. Im Projekt Impact2C haben wir mit rund 80 Expertinnen und Experten aus ganz Europa die zu erwartenden Veränderungen modelliert und herausgearbeitet, was zwei zusätzliche Grad für verschiedene Bereiche wie Landwirtschaft, Wasserhaushalt oder die Wälder in Europa bedeuten. Unter anderem haben wir so abgeschätzt, wie anfällig verschiedene Nutzpflanzen gegenüber einer Erwärmung sind. Weizen – der in Europa fast die Hälfte des erzeugten Getreides ausmacht – hat demnach in Deutschland eine mittlere bis hohe »Vulnerabilität«, würde also unter den neuen Gegebenheiten deutlich schlechter wachsen. Für Gerste ergibt sich ein ähnliches Bild. Landwirte müssen sich daher Gedanken machen, wie sie ihre Felder für die Zukunft fit machen …
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