Mundgefühl: Warum bekommt man von Knoblauch Durst?
Warum verursacht Knoblauch Durst? Nun ja: Tut er das denn überhaupt? Zwar mag der ein oder andere Wissenschaftler schon mitten in der Nacht aufgestanden sein, um seinen infolge von Knoblauchverzehr brennenden Durst zu stillen – erforscht hat das aber noch niemand, geschweige denn belegt. Hypothesen gibt es: Möglicherweise triggern die scharfen, schwefelhaltigen Inhaltsstoffe des Knoblauchs spezielle Geschmacksrezeptorzellen und beeinflussen so das Durstgefühl, vermutet der Wissenschaftler und Knoblauchfan Eric Block.
Die Liebe zum Knoblauch spaltet die Menschheit – und mit dem Phänomen »Nachdurst«, dem Durst nach Verzehr des strengen Gewürzes, ist es ähnlich. Nicht jeder Knoblauchkonsument kennt ihn, vermutlich weil wir die Inhaltsstoffe unterschiedlich gut vertragen. Manche leiden nach Knobigenuss unter keinerlei Nebenwirkung, andere unter Mundtrockenheit, wieder andere sind durstig, und ganz Sensible leiden sogar unter einem Hangover, der der weitaus verbreiteteren Alkoholvergiftung zum Verwechseln ähnelt. Der »Knoblauchkater«, wie Betroffene ihn reue- wie liebevoll nennen, macht vielen Knoblauchliebhabern – den Alliophilen – das Leben schwer.
Lauch bleibt Lauch bleibt Lauch
Vermutlich stand Knoblauch, Spitzname Knobi, Knofi oder eben botanisch korrekt Allium sativum, schon in der Steinzeit auf dem Speiseplan unserer Ahnen. Spätestens seit der Antike handelt man Knoblauch aber auch als wertvolles Heilmittel. Ellenlang ist die Liste der Erkrankungen, gegen die Knoblauch hilft: Von Warzen bis Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist wirklich fast alles dabei. Viele Effekte hat die Wissenschaft inzwischen bestätigt. Trotzdem gibt es noch eine Menge Klärungsbedarf, gerade auch, weil die Chemie von Knoblauch so komplex ist.
»Ich kann mich zwar nicht daran erinnern, davon gehört zu haben, dass gerade Knoblauch durstig machen soll«, schreibt der Chemiker Eric Block in einer E-Mail. »Aber tatsächlich geht es mir so, dass ich nach einer mit Knoblauch gewürzten Mahlzeit Durst habe.« Block, emeritierter Professor an der University at Albany, New York, hat die Chemie von Knoblauch, Zwiebel und anderen Laucharten erforscht.
Lange schenkten Wissenschaftler ganz bestimmten Inhaltsstoffen ihre ungeteilte Aufmerksamkeit: den schwefelhaltigen Verbindungen, die dem Knoblauch seinen charakteristischen Geruch verleihen. Heute weiß man, dass auch oder eben gerade die schwefelfreien, geruchsneutralen Knoblauchauszüge pharmakologisch wirken. Aber zurück zu den schwefelhaltigen Verbindungen und darunter einer besonderen: dem Allicin, einer Verbindung, die beim Zerkleinern oder Zerdrücken frischer Knoblauchzehen entsteht, weil Inhaltsstoffe des Knoblauchs miteinander reagieren, die vorher durch Zellwände voneinander getrennt blieben. Allicin wirkt – genauso wie die Stoffe, in die die instabile Verbindung schnell zerfällt – wie eine Art scharfer Kampfstoff, ein Abwehrmechanismus gegen Angriffe, der gefräßige Schädlinge, die es auf den Knoblauch abgesehen haben, in die Flucht schlagen soll.
So weit, so gut. Nur wie soll Knoblauch nun genau durstig machen? Eric Block vermutet, dass Allicin die säureempfindlichen Geschmacksrezeptorzellen, kurz TRCs (englisch: taste receptor cells), auf der Zunge aktivieren könnte, was wiederum das Durstgefühl auslöst. »Es wäre logisch, wenn gerade scharfe und reizende Verbindungen durstig machen würden, um die Schärfe durch Flüssigkeitsaufnahme abzumildern.« Wissenschaftlich überprüft hat das aber noch niemand.
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