Schlifffehler: Warum hatte Hubble einen Sehfehler?
Albrecht Frey, Ofterdingen
Herr Frey bezieht sich hier auf die Berichterstattung in SuW 12/1990, S. 701, und in SuW 12/1993, S. 863–867. In der Tat geht der Fehler im Schliff des Hauptspiegels des Hubble Space Telescope auf einen unpräzise zusammengebauten optischen Nullkorrektor zurück. Mit ihm wurde während der Herstellung des Spiegels dessen Form genau kontrolliert, und die Schleif- und Polierarbeiten wurden entsprechend angepasst. Das Gerät bestand aus zwei konkaven Spiegeln und einem geeichten Metallstab genau bekannter Länge aus Invarstahl, an dessen unterem Ende sich eine Feldlinse befand. Sie warf bei den Kontrollen das Licht vom Hauptspiegel in den Nullkorrektor. Am oberen Ende befand sich eine Lochblende, durch die das Licht des Messlasers auf die Spitze des Messstabs fallen sollte.
Wie sich nach dem Start herausstellte, waren jedoch beim Zusammenbau des Kontrollinstruments Fehler begangen worden, unter anderem durch das Einfügen einer nicht vorgesehenen Unterlegscheibe. So wurde das Laserlicht nicht an der Spitze des Messstabs, sondern an der 1,3 Millimeter höher befindlichen Lochblende reflektiert. Dies führte dazu, dass der 2,4 Meter große Hauptspiegel von innen nach außen zunehmend stärker von der geforderten gekrümmten Schliffform abwich. Tatsächlich war der Hauptspiegel am Rand rund 2,2 Mikrometer zu flach ausgefallen, das entspricht einem Fünfzigstel der Dicke eines menschlichen Haars. Somit wies der präzise falsch geschliffene Hauptspiegel eine beträchtliche sphärische Aberration auf, die dazu führte, dass ein Großteil – rund 85 Prozent – des aufgefangenen Lichts nicht scharf auf der Brennebene abgebildet wurde. Das Licht vom Rand des Spiegels wurde erst 38 Millimeter unter der Brennebene fokussiert. In der Folge war das Weltraumteleskop in gewisser Weise kurzsichtig und zunächst eine große Blamage für die NASA.
Besonders ärgerlich war, dass die Techniker vom Hersteller Perkin-Elmer den Hauptspiegel auch mit zwei anderen optischen Nullinstrumenten vermessen hatten, die deutlich auf den Schlifffehler hinwiesen. Aber der Hersteller verließ sich zu sehr auf den im eigenen Haus gefertigten Nullkorrektor und wollte die Messwerte der anderen Geräte nicht glauben. Trotz der Vorwarnungen ließ sich die NASA also auf den Start von Hubble im April 1990 ein – der Rest ist Geschichte.
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