Lexikon der Biochemie: Biomembran
Biomembran, eine Struktur, die Lipide, Glycolipide, Proteine und Glycoproteine enthält und die Zelle nach außen abgrenzt (Zellmembran) bzw. sie in Kompartimente unterteilt. Es handelt sich um eine flächige, 6-10 nm dicke Struktur. Die Lipide besitzen hydrophile Kopfgruppen (in der Abb. 1 durch schwarze Kugeln dargestellt) und hydrophobe Schwanzregionen. In wässrigen Lösungen bilden sie spontan Doppelschichten, in denen sich die Moleküle Seite an Seite und Schwanz an Schwanz aufreihen, so dass die Köpfe auf jede Seite der Doppelschicht in die wässrige Phase zeigen und Wasser von den Schwanzregionen ausschließen. Diese Struktur ist im Elektronenmikroskop nach Anfärbung mit Osmiumtetroxid oder Uranylacetat als zwei schwarze Linien zu sehen, getrennt durch einen nichtgefärbten Zwischenraum. Diesem beobachteten Bild wurde bis vor kurzem die jetzt veraltete Bezeichnung "Einheitsmembran" zugewiesen. Mitochondrien und Plastide werden von zwei Membranen umgeben, der Zellkern dagegen von einer Membran, die sich, sich selbst verdoppelnd, zurückfaltet. Das Cytoplasma eukaryontischer Zellen ist durch ausgedehnte Membranstrukturen charakterisiert, z.B. das endoplasmatische Reticulum, den Golgi-Apparat und die Vakuolen. Im Gegensatz dazu besitzen die Prokaryonten keine internen Membranen, obwohl die Membran in einigen Fällen stark eingestülpt ist.
Die hauptsächlich in Membranen vorkommenden Lipide sind Phospholipide, Glycolipide, Cholesterin und Cholesterinester (Membranlipide). Es sind noch verschiedene andere Komponenten vorhanden, die genaue Zusammensetzung der Membran hängt von der Art und dem Typ der Zelle ab. Welche Proteine in welcher Menge vorkommen, hängt davon ab, welche Aufgabe die Membran erfüllt. So enthält die Myelinmembran z.B. nur wenig Protein (18%), während die innere Mitochondrienmembran zu ungefähr 75% aus Protein besteht. Membranproteine nehmen eine Vielzahl von Funktionen wahr, z.B. als Mediatoren von sowohl aktivem als auch passivem Transport von nichtlipidlöslichen Substanzen durch die Membran, als Rezeptoren für Hormone und andere informationsübermittelnde Moleküle und als Enzyme. In bestimmten Fällen können sie auch eine strukturelle Rolle spielen (Abb. 2).
Das zur Zeit allgemein anerkannte Strukturmodell der B. ist das Fließmembran-Modell (engl. fluid mosaic model). Lipidmoleküle und Membranproteine können innerhalb der Doppelschicht, in der sie lokalisiert sind, frei lateral diffundieren und sich drehen. Eine Flip-Flop-Bewegung von der inneren auf die äußere Oberfläche und umgekehrt ist jedoch energetisch ungünstig, weil die hydrophilen Substituenten die hydrophobe Phase durchqueren müssten. Folglich zeigt sich diese Art von Bewegung bei Proteinen so gut wie nie und kommt viel seltener vor, als die translatorische Bewegung der Lipide. Da zwischen der inneren und äußeren Schicht der Doppelschicht nur geringer Materialaustausch stattfindet, können die zwei Oberflächen unterschiedliche Zusammensetzungen besitzen. Für Membranproteine gilt diese Asymmetrie absolut, in der Plasmamembran liegen zumindest in den beiden Monoschichten unterschiedliche Anteile von verschiedenen Lipidklassen vor. Angelagerte Kohlenhydratreste scheinen nur auf der nichtcytosolischen Oberfläche lokalisiert zu sein. Kohlenhydratgruppen, die aus der B. herausragen, sind an den Vorgängen der Zellerkennung, der Zelladhäsion und möglicherweise an der interzellulären Kommunikation beteiligt. Sie tragen auch zu dem verschiedenartigen immunologischen Charakter der Zelle bei.
Integrale oder intrinsische Proteine der B. können nur durch Auflösung der B. mit Hilfe organischer Lösungsmittel oder Detergenzien herausgelöst werden. Diese Proteine sind für die Unebenheiten verantwortlich, die in Gefrierschnittpräparaten von B. unter dem Elektronenmikroskop beobachtet werden. Periphere oder extrinsische Proteine können von der B. durch Änderung der ionischen Verhältnisse oder extreme pH-Werte abgelöst werden.
Membranlipide. Erythrocytenmembran.
Biomembran.Abb. 1. Schematischer Querschnitt durch einen Teil einer Biomembran.
A ist ein intrinsisches (integrales) Protein, das die Membran vollständig durchspannt; in dem gezeigten Beispiel ragt die Proteinkette auf beiden Seiten der Membranoberfläche heraus. Es handelt sich um ein Glycoprotein, Kohlenhydratreste sind nur an jenem Proteinsegment vorhanden, das aus der äußeren Membranoberfläche ragt. Das dargestellte Modell entspricht dem Glycophorin, einem Erythrocytenmembranprotein; die Proteinkette, die aus der inneren Oberfläche der Erythrocytenmembran herausragt, ist vermutlich mit einem extrinsischen Protein, dem Spectrin, assoziiert.
B ist ein intrinsisches (integrales) Membranprotein, das zum Teil in die Membran eingebettet ist und zum Teil auf der Membranoberfläche liegt.
C ist für viele extrinsische (periphere) Proteine repräsentativ, die mehr oder weniger fest mit der Membran assoziiert sind, aber anscheinend nicht in die Phospholipiddoppelschicht integriert sind, z.B. das Spectrin der Erythrocytenmembran. Extrinsische Proteine sind gewöhnlich eher mit intrinsischen Proteinen assoziiert, als nur an die hydrophilen Köpfe der Phospholipidmoleküle angelagert, wie es hier gezeigt wird.
Die Assoziation von Cytochrom c liegt vermutlich zwischen B und C; es ist ein wichtiger funktioneller Bestandteil der inneren Mitochondrienmembran, kann aber extrem leicht abgespalten werden.
Biomembran.Abb. 2. Dreidimensionales zeichnerisches Modell einer Phospholipiddoppelschicht mit intrinsischen Proteinen. A und B wie in Abb. 1.
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