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Lexikon der Biochemie: Gluconeogenese

Gluconeogenese, Glucoseneusynthese, die Bildung von Glucose aus Nichtkohlenhydratvorstufen. Die G. ist ein universeller anaboler Stoffwechselweg bei allen Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Bei Tieren sind die wichtigsten Vorstufen Lactat, Pyruvat, Glycerin und der größte Teil der Aminosäuren. Die G. ist bei höheren Tieren in der Leber und in wesentlich geringerem Umfang in der Nierenrinde lokalisiert und liefert Glucose für den Bedarf in Gehirn, Muskeln und roten Blutkörperchen. Der anabole Weg von Pyruvat bis zur Glucose ist praktisch der umgekehrte Stoffwechselweg der Glycolyse, an dem sieben reversibel wirkende Enzyme beteiligt sind und drei praktisch irreversible Schritte der Glycolyse durch andere Enzyme katalysiert werden müssen. Es handelt sich dabei um a) die Umwandlung von Pyruvat in Phosphoenolpyruvat über Oxalacetat unter Beteiligung der Pyruvat-Carboxylase, Malat-Dehydrogenase (Malat-DH) und Phosphoenolpyruvat-Carboxykinase (EC 4.1.1.49), b) die Dephosphorylierung von Fructose-1,6-diphosphat durch die Fructose-1,6-diphosphatase (EC 3.1.3.11) und c) die Dephosphorylierung von Glucose-6-phosphat durch die Glucose-6-phosphat-Phosphatase (EC 3.1.3.9; Abb. 1). Aus der Gesamtgleichung der G. vom Pyruvat bis zur Glucose: 2Pyruvat + 4ATP + 2GTP + 2NADH + 4H2O → Glucose + 4ADP + 2GDP + 6Pi + 2NAD+ + 2H+

wird deutlich, dass für jedes gebildete Molekül Glucose sechs energiereiche Phosphatgruppen erforderlich sind.
Glycolyse und G. werden getrennt und reziprok reguliert. Dadurch wird vermieden, dass unter normalen Umständen ein Leerlaufzyklus (engl. futile cycle) abläuft, in dem die Energie der ATP-Hydrolyse in Wärme überführt wird. Die erste Regulationsstelle ist der Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex (Glycolyse) und die Pyruvat-Carboxylase (Abb. 2). Die Aktivität des erstgenannten Enzyms wird durch Acetyl-CoA inhibiert, die des zweitgenannten stimuliert. Der zweite Regulationspunkt ist die Fructose-1,6-diphosphatase des Gluconeogenesepfads, die durch AMP stark inhibiert wird, und die Phosphofructokinase der Glycolyse, die durch AMP und ADP stimuliert, durch Citrat und ATP inhibiert wird. Ein Überschuss an Acetyl-CoA und/oder ATP in der Zelle fördert so die Biosynthese von Glucose aus Pyruvat und deren Speicherung als Glycogen.
Die G. kann vom Kohlenstoffgerüst jeder Aminosäure ausgehen, die in eine C4-Carbonsäure überführt werden kann (glucoplastische Aminosäuren), d. h. in eine der Zwischenstufen des Tricarbonsäure-Zyklus, die in Oxalacetat umgewandelt werden können.
Die G. in der Leber wird durch Glucagonund Adrenalingefördert, deren Wirkungen durch cAMP vermittelt werden. Wenn der Organismus fastet, werden Glucocorticoide (z. B. Cortisol) aus den Nebennierenrinden freigesetzt. Diese induzieren in der Leber die Synthese der Enzyme der G. Die Glucocorticoide machen die Zellen anscheinend auch empfindlicher gegenüber cAMP und damit gegenüber Glucagon. Als Folge tritt bei fastenden Tieren eine erhöhte G. aus Aminosäuren ein.



Abb. 1. Gluconeogenese. Reaktionsschema.



Abb. 2. Gluconeogenese. Die Verwertung von Pyruvat: entweder Umwandlung in Glucose und Glycogen durch Gluconeogenese oder Oxidation zu Acetyl-CoA und Energiegewinnung. Jeweils die ersten Enzyme der beiden Pfade werden durch Acetyl-CoA reziprok reguliert. [aus: A.L. Lehninger, D.L. Nelson u. M.M. Cox Prinzipien der Biochemie, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1994, 699]

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