Lexikon der Biochemie: Glycogenstoffwechsel
Glycogenstoffwechsel, die Synthese und der Abbau des Glycogens im Organismus (Abb. 1). Ausgangsverbindung für die Synthese ist Glucose-6-phosphat, das durch eine Phosphoglucomutase in Glucose-1-phosphat umgewandelt wird. Wichtiges katalytisch wirkendes Cosubstrat ist dabei Glucose-1,6-diphosphat. Die Glycogensynthese verläuft über ein aktiviertes Zuckerderivat, die Uridindiphosphatglucose. Hierbei wird enzymatisch das C-Atom 1 der Glucoseeinheit an das C-Atom 4 des endständigen Glucoserestes eines vorgegebenen Startpolysaccharids (α-1,4-Glucosyl)n – Glycogen, Dextrin oder im Extremfall Maltose – angeheftet. Eine Transglycosidase (Glycogenverzweigungsenzym, Q-Enzym, EC 2.4.1.18) löst nachfolgend ein Kettenstück aus dieser 1→4-Bindung und knüpft es an die Hydroxylgruppe in Position 6 einer Glucoseeinheit. Das Glycogenverzweigungsenzym ist damit für die Verzweigungen im Glycogenmolekül verantwortlich (Abb. 1).
Der Abbau des Glycogens (Glycogenolyse) erfolgt phosphorolytisch unter Katalyse der Glycogenphosphorylase (EC 2.4.1.1). Das Enzym überträgt den Glucoserest vom nichtreduzierenden Ende des Glycogens auf anorganisches Phosphat unter Bildung von Glucose-1-phosphat, das zu Glucose-6-phosphat isomerisiert und dann in den allgemeinen Kohlenhydratabbau einfließt (Glycolyse). Die 1→6-Verzweigungsstellen werden nicht durch die Phosphorylase, sondern durch eine Hydrolase gespalten. Beim vollständigen Abbau des Glycogens entstehen damit neben Glucose-1-phosphat auch stets etwa 10 % freie Glucose.
Die Regulation des Glycogenstoffwechsels erfolgt über Enzymumwandlungen (kovalente Enzymmodifizierung; Abb. 2).
Die Glycogen-Synthetase kommt in den Muskeln gewöhnlich in der aktiven Form vor, während die Phosphorylase in ihrer inaktiven Form (b) vorliegt. Die Phosphorylase b kann aber durch explosionsartiges Auftreten von AMP aufgrund von Muskelaktivität allosterisch akiviert werden, so dass die Phosphorylierung einsetzen kann. Jedoch stellen hormonelle und nervöse Stimulierungen wichtigere Regulatoren des Glycogenstoffwechsels dar. Adrenalin und Glucagon aktivieren die Adenylat-Cyclase (EC 4.6.1.1). Das dabei gebildete cAMP aktiviert eine Reihe von Protein-Kinasen, u. a. auch eine, die die Phosphorylase-Kinase (EC 2.7.1.38) aktiviert und die Glycogen-Synthase inaktiviert. Die inaktive Form der Phosphorylase kann auch allosterisch aktiviert werden durch Ca2+-Ionen, die als Resultat einer Muskelkontraktion freigesetzt werden. Die aktivierte Phosphorylase-Kinase a überführt inaktive Phosphorylase b in aktive Phosphorylase a. Die Phosphorylase a ist Gegenstand der allosterischen Inhibierung durch Glucose-6-phosphat, so dass der Glycogenabbau verlangsamt wird durch den Aufbau dieses Produkts. Zusätzlich aktiviert Glucose-6-phosphat in allosterischer Weise die Glycogen-Synthase.
Das System entspannt sich und kommt zum Ruhezustand, wenn eine Reihe von Phosphatasen die von Kinasen addierten Phosphatgruppen abspalten. Von diesen Enzymen ist wenig bekannt, sie müssen jedoch ebenfalls reguliert werden. Das Gesamsystem wird also sowohl allosterisch reguliert durch Substrate und Produkte als auch durch posttranslationelle Modifizierung der Enzyme als Antwort auf Hormone und Nervenimpulse.
Abb. 1. Glycogenstoffwechsel. Synthese und Abbau von Glycogen.
Abb. 2. Glycogenstoffwechsel. Regulation des Glycogenstoffwechsels.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.