Kompaktlexikon der Biologie: Sterbehilfe
Sterbehilfe, Begriff, der zum einen die Hilfe im Sterben im Sinne von Sterbebegleitung meint und die Unterstützung Sterbender durch Pflege, Schmerz lindernde Behandlung und menschliche Zuwendung umfasst. Zum anderen ist mit S. die Hilfe zum Sterben gemeint, also das Sterben lassen oder Töten eines sterbenden, schwer kranken oder leidenden Menschens auf sein ausdrückliches Verlangen hin.
S. im Sinne von Hilfe zum Sterben wird meist in vier Formen unterschieden: a) Passive S. (Sterben lassen) durch Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen. b) Indirekte S. durch Schmerz lindernde Maßnahmen unter Inkaufnahme des Risikos der Lebensverkürzung. c) Beihilfe zur Selbsttötung durch Hilfeleistung zur Selbsttötung bzw. die Beschaffung und Bereitstellung eines tödlich wirkenden Medikaments, und d) die aktive S. durch absichtliche und aktive Beschleunigung oder Herbeiführung des Todes, wobei hier, im Unterschied zu c) die letztentscheidende Tatherrschaft nicht beim Sterbenden selbst, sondern bei einem Dritten liegt.
Die Hilfe zum Sterben wird im Hinblick auf unterschiedliche Situationen diskutiert, die vom Sterbenden oder schwer bzw. unheilbar (körperlich oder seelisch) kranken und unerträglich leidenden oder im Weiterleben keinen Sinn mehr sehenden Menschen, über den dauerhaft bewusstlosen oder bewusstseinsgetrübten Patienten, der sich nicht mehr zu Weiterführung oder Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen äußern kann, bis zum schwerst geschädigten Neugeborenen mit geringer Lebenserwartung oder der Aussicht auf ein Leben mit großem Leiden reicht.
Diskutiert wird die moralisch und strafrechtlich relevante Unterscheidung zwischen Tötung als aktiver Handlung und dem Sterben lassen als einer Unterlassung. Grundsätzlich wird in Betracht gezogen, dass jeder therapeutische, palliative (nicht der Heilung, sondern der Leidensminderung dienende) oder lebensverlängernde Eingriff einer Zustimmung des Patienten bedarf. I.Allg. wird dem Recht auf einen natürlichen Tod Rechnung getragen, d.h. der Arzt kann auf Verlangen des Patienten außergewöhnliche lebensverlängernde Behandlungsmaßnahmen unterlassen, auch wenn dadurch der Tod früher eintritt. In der Diskussion der Frage der Zulässigkeit der Selbsttötung gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze, die die Selbstbestimmung unterschiedlich begrenzen: Die Verfechter des einen Ansatzes gehen von einer Unantastbarkeit des menschlichen Lebens aus, die dieses auch der eigenen Verfügbarkeit grundsätzlich entzieht; sie wird vor allem von den Kirchen vertreten und lässt die Beihilfe zur Selbsttötung und die aktive S. keinesfalls zu. Verfechter des zweiten Ansatzes vertreten die Ansicht, dass eine selbstbestimmte Verkürzung des eigenen Lebens um der menschlichen Würde willen nicht unbedingt verboten werden darf, was sowohl für die passive als auch für die aktive S. gilt. Bei der aktiven S. stellt sich zusätzlich die Frage danach, ob die Tötung durch Dritte (Fremdtötung) überhaupt zulässig ist.
In vielen Ländern (so auch in Deutschland) gibt es bislang keine expliziten gesetzlichen Regelungen für die Frage der S., jedoch ist in den meisten Ländern die aktive S. verboten und damit strafbar (Stand Anfang 2002). Eine Ausnahme sind die Niederlande, wo seit Sommer 2001 ein Gesetz zur Zulassung der S. (das erste weltweit) in Kraft ist. (Bioethik)
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