Lexikon der Biologie: Baumwollpflanze
Baumwollpflanze, Gossypium, über die Tropen und Subtropen verbreitete Gattung der Malvengewächse. Zumeist strauchige, mitunter auch baumförmige, ein- oder mehrjährige Pflanzen mit wechselständigen, langgestielten, fünflappigen Laubblättern, aus deren Achseln sich im oberen Bereich die meist großen, fünfzähligen weißen, gelben oder purpurroten Blüten ( vgl. Abb. ) entwickeln, die von einem Außenkelch aus 3 großen, langgezähnten Hochblättern umgeben werden. Die drei- bis fünfklappig aufspringenden, ungefähr walnußgroßen Fruchtkapseln ( vgl. Abb. ) enthalten 5–10 kaffeebohnengroße schwärzliche Samen, die von einem aus der reifen Kapsel herausquellenden, etwa faustgroßen Wollbausch umgeben werden (Farbtafel Kulturpflanzen III, XII). Dieser setzt sich aus einzelligen weißen, seltener gelblichen oder bräunlichen, bandartig abgeflachten und in sich selbst schraubig verdrehten Samenhaaren (Baumwolle;vgl. Abb. ) zusammen, die zu rund 90% aus Cellulose bestehen. Neben bis zu 5 cm langen Fasern (Lint) kommt oft noch eine wenige Millimeter lange, kurzfaserige, der Samenschale dicht anliegende Grundwolle (Linters) vor. Die Baumwollpflanze ist eine uralte Kulturpflanze, über deren wilde Stammform(en) Ungewißheit herrscht. Als Ursprungszentren gelten zum einen das südliche Afrika oder Indien und Indonesien, zum anderen das nördliche Andengebiet. In Europa gelangte die Baumwollpflanze jedoch erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, mit dem Beginn der Industrialisierung, zu größerer Bedeutung. Sie entwickelte sich dann dank ihrer Festigkeit, der Faserlänge, Spinnbarkeit und guten Anfärbbarkeit rasch zu einer Weltwirtschaftspflanze, deren Anbaugebiet infolge steigender Nachfrage bald auch auf die warmen Gebiete der gemäßigten Zonen ausgedehnt wurde ( vgl. Tab. ). Hauptkriterium für die Bewertung der Faser ist ihre Länge (Stapel). Angebaut werden daher vor allem die durch besonders lange Samenhaare gekennzeichneten Arten Gossypium arboretum und Gossypium herbaceum (Faserlänge ca. 2 cm; Alte Welt) sowie Gossypium hirsutum (Upland-Baumwollpflanze; Faserlänge 2–3 cm) und Gossypium barbadense (Sea-Island-Baumwollpflanze; Faserlänge 3–4 cm; Neue Welt) als auch die durch Kreuzung dieser Arten entstandenen Zuchtsorten. Sind die Kapseln der in Kultur nur einjährig gehaltenen Baumwollpflanzen ausgereift, werden die Baumwolle mit der Hand oder mit Pflückmaschinen geerntet und die Samen durch Entkernungsmaschinen (Gins) von den Samenhaaren getrennt. Die Lintersfasern, aus denen Zellstoff, Kunstseide, Watte, Papier und Polstermaterial hergestellt werden, werden dann von den Lintfasern gesondert, die wiederum gebleicht, gefärbt und zu Garnen versponnen werden. Durch Mercerisieren, ein nach dem engl. Chemiker J. Mercer (1791–1866) benanntes Verfahren, bei dem die Baumwollpflanze mit kalter, konzentrierter Natronlauge behandelt wird, kann die Oberfläche der Faser geglättet und ihre Drehung verringert werden, wodurch ein dauerhafter Glanz sowie eine höhere Reißfestigkeit und bessere Anfärbbarkeit entstehen. Bei der Verarbeitung der Baumwollfaser anfallendes Baumwollwachs dient zur Konservierung von Lebensmitteln, als Schmiermittel für Maschinen der Lebensmittelindustrie und als Grundlage für Cremes und Salben. Die Baumwollsamen, die 7–12% Wasser, 16–24% fette Öle, 15–34% Protein und 21–33% Kohlenhydrate enthalten, dienen als Saatgut oder werden geschält und ausgepreßt. Das dabei gewonnene dunkle, meist tiefrote, nach Reinigung und Bleichen hellgelbe, halbtrocknende Öl (Baumwollöl, Baumwollsaatöl, Baumwollsamenöl, Cottonöl) ist seines hohen Gehalts an Linolsäure (40–55%) wegen besonders für die Margarineherstellung geeignet (Inhaltsstoffe vgl. Tab. ). Weitere Pressungen der Samen ergeben ein Öl, das in der Seifen-, Kosmetik- und Kerzenindustrie oder als Schmieröl Verwendung findet. Der Preßkuchen ist aufgrund seines hohen Proteingehalts von 23–44% ein wertvolles Viehfutter. Wegen des in ihm (und im ungereinigten Baumwollsaatöl) enthaltenen Gossypols, einer giftigen phenolischen Verbindung, kann er jedoch nur von Wiederkäuern genutzt werden. Bei Menschen und Tieren mit einfachen Mägen hemmt das Gossypol die Umwandlung von Pepsinogen in Pepsin (Störung des Proteinabbaus). Baumwollwachs, Entlaubungsmittel, Wachstumsregulatoren.
N.D.
Lit.:Hobhouse, H.: Fünf Pflanzen verändern die Welt. Chinarinde, Zucker, Tee, Baumwolle, Kartoffel. München 1992.
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