Lexikon der Biologie: Lantibiotika
Lantibiotika, von grampositiven Bakterien synthetisierte Peptid-Antibiotika, benannt nach den ungewöhnlichen Thioether-Aminosäuren (2S,6R)-Lanthionin und (2S,3S,6R)-3-Methyllanthionin, daneben auch seltene ungesättigte Aminosäuren, wie 2,3-Didehydroalanin und (Z)-2,3-Didehydrobutyrin ( vgl. Abb. ). Lantibiotika werden grob in die Typen A und B unterteilt ( vgl. Tab. ). Die Synthese verläuft generell ribosomal, und zwar als Prä-Pro-Peptid mit normalen Aminosäuren. Das Prä-Pro-Peptid besteht aus einer sehr hydrophilen N-terminalen Leader-Sequenz (Prä-Peptid) und einem C-terminalen Pro-Peptid. Der Pro-Peptid-Anteil wird posttranslational modifiziert und prozessiert. Zunächst werden aus Serin und Threonin durch Dehydratisierung die beiden ungesättigten Aminosäuren 2,3-Didehydroalanin und (Z)-2,3-Didehydrobutyrin gebildet. An die entstandene Doppelbindung wird stereospezifisch und intramolekular ein Cystein-Schwefel addiert, wodurch die Thioether-Brücken des Lanthionins und β-Methyllanthionins entstehen. Durch Addition von Lysin an Didehydroalanin kann weiterhin auch Lysinoalanin gebildet werden. Weitere Modifikationen der Aminosäuren sind möglich. Nach diesen Ringbildungen wird das modifizierte Prä-Pro-Peptid durch die bakterielle Zellmembran transportiert, wonach auf der Außenseite das Leader-(Prä)-Peptid durch eine Signalpeptidase abgespalten und das fertige Lantibiotikum freigesetzt wird. In Laborkulturen werden Nisin und Subtilin in der späten logarithmischen Wachstumsphase synthetisiert (mikrobielles Wachstum), unter natürlichen Bedingungen eher als Antwort auf äußere Reize. In beiden Fällen ist vermutlich ein „Zwei-Komponenten-System" für die Regulation der Lantibiotika-Synthese verantwortlich. Dabei wird eine membranständige Histidin-Kinase (Rezeptorprotein) an einem Histidin-Rest (Histidin) phosphoryliert und dadurch „aktiviert". Der Phosphat-Rest wird dann auf ein sog. „Response-Regulator-Protein" übertragen. Dieses wiederum fungiert als Aktivator der Transkription der Lantibiotika-Gene selbst sowie der Gene der am Transport beteiligten Proteine. Die antibakterielle Wirkung der Typ-A-Lantibiotika wird auf die Integration der partiell amphiphilen Peptide in bakterielle Membranen zurückgeführt (Porenbildung). Dies führt zur Depolarisation energetisierter Membranen (protonenmotorische Kraft) und zum Austritt niedermolekularer Substanzen, besonders Ionen. Die Wirkung der Typ-B-Lantibiotika scheint dagegen weniger auf dem Efflux löslicher Komponenten aus den Zellen als vielmehr auf einer Hemmung enzymatischer Reaktionen durch Blockierung des jeweiligen Substrats zu beruhen. Auf diese Weise wird z.B. die Biosynthese von Murein gehemmt. Die Produzenten selbst sind gegen ihre eigenen Lantibiotika resistent (Antibiotika-Resistenz). Die molekulare Grundlage hierfür ist noch unbekannt. Besondere biotechnologische Bedeutung hat Nisin mit dem Einsatz als Konservierungsmittel für Lebensmittel gewonnen.
M.H./J.O.
Lantibiotika
Ungewöhnliche Aminosäuren
Lantibiotika
AS = Aminosäure, Lan = Lanthionin, LysAla = Lysinoalanin
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Typ A: langgestreckt, positiv geladen | |||
Subtilin 32 AS, 1 Lan, 4 Methyl-Lan | Bacillus subtilis, ATCC6633 | Streptococcus faecalis, Staphylococcus aureus, Konservierungsmittel | |
Nisin 34 AS, 1 Lan, 4 Methyl-Lan | Lactococcus lactis | Clostridium botulinum, Clostridium butyricum, Konservierungsmittel | |
Epidermin 22 AS, 2 Lan, 4 Methyl-Lan | Staphylococcus epidermidis | Propionibacterium acnes, Aknetherapeutikum | |
Typ B: globulär, neutral oder negativ geladen | |||
Duramycin B,C = Leukopeptin 19 AS, 1 Lan, Methyl-Lan, 1 LysAla | Streptomyces spec. | Phospholipase-A2-Inhibitor, HSV-1-Inhibitor, Entzündungshemmung | |
Cinnamycin = Lanthiopeptin 19 AS, 1 Lan, 2 Methyl-Lan, 1 LysAla | Streptomyces spec. | Phospholipase-A2-Inhibitor, ACE-Inhibitor, Entzündungshemmung, Blutdrucksenkung |
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