Lexikon der Biologie: Marienkäfer
Marienkäfer, Coccinellidae, Familie der polyphagen Käfer, weltweit ca. 4500, in Mitteleuropa etwa 90 Arten. Die allgemein bekannten Käfer haben vielfach lokal weitere deutsche Namen wie Glückskäfer, Sonnenkälbchen, Herrgottskäfer und andere, welche die Beliebtheit dieser kleinen bis mittelgroßen (1,5–12 mm), hochgewölbten, halbkugeligen Käfer bezeugen. Die meisten Arten sind oberseits sehr lebhaft rot, gelb oder bräunlich mit einem Flecken- und Punktmuster gefärbt. Die Farben selbst verblassen nach dem Tod rasch; bei den Farbstoffen handelt es sich um Lycopin und andere α- und β-Carotine. Insbesondere die Zahl der auf den Flügeldecken (Elytren) vorhandenen Flecken diente oft der lateinischen Namensgebung und hat nichts mit dem Alter der Käfer zu tun. Bemerkenswert ist hier die enorme Variabilität dieses Zeichnungsmusters bei einigen Arten. Die Fühler sind kurz, an der Spitze meist keulig verdickt. Die Tarsen der Beine sind 4gliedrig, wobei das 2. Treterglied in einen langen Lappen ausgezogen ist und dadurch das 3. Glied in sich kaum noch sichtbar aufnimmt (pseudotrimer). Bei Störung und Gefahr geben die Tiere aus den Gelenken zwischen Schenkel und Schiene der Beine eine orangefarbene oder gelbliche Flüssigkeit ab, die meist als Hämolymphe bezeichnet wird. Sie enthält das Gift Coccinellin, das zweifellos der Abwehr dient (Insektengifte), auch wenn es nicht wenige Raubinsekten und Vögel gibt, die dennoch Marienkäfer fressen. Die auffällige Färbung ist in diesem Zusammenhang eine Warnfärbung (Warnsignal). Die Käfer sind Blattlaus-, Schildlaus-, einige Arten auch Pilz- oder Pflanzenfresser. Die Eier werden meist im Frühjahr an den Aufenthaltspflanzen abgelegt. Die Larven sind ebenfalls oft auffällig gefärbt: meist blaugrau mit gelben, roten und schwarzen Punkten. Sie laufen mit langen Beinen sehr flink auf Blättern und Ästen umher, wo sie bei den räuberischen Arten ebenfalls der Blattlaus- und Schildlausjagd nachgehen. Verpuppung als Sturz-Puppe; die Puppen selbst sind oft ebenfalls sehr lebhaft gefärbt. – Die Marienkäfer unterteilt man in Pflanzenfresser (Epilachninae) und Räuber (Coccinellinae). In Wärmegebieten oft nicht selten ist Henosepilachna (früher Epilachna) argus, 6–8mm, bräunlich-rot mit 6 Punkten auf jeder Elytre; Larven und Käfer fressen vor allem an Zaunrübe. Häufig ist auch Subcoccinella vigintiquattuorpunctata (Luzerne-Marienkäfer, 24-Punkt-Marienkäfer), der gelegentlich sogar schädlich an Klee und Luzerne (Schneckenklee) auftritt, meist jedoch auf trockeneren Wiesen an Nelkengewächsen frißt. Die Mehrzahl der Marienkäfer sind Räuber. Hierher gehören z.B.: 1) Siebenpunkt, Coccinella septempunctata ( ä vgl. Abb. und Insekten III ), 5–8 mm, rot mit 7 schwarzen Punkten auf beiden Flügeldecken zusammen, Halsschild schwarz mit weißen Makeln in den Vorderecken; er ist einer unserer häufigsten Marienkäfer und ist eifriger Blattlausvertilger; eine Larve frißt in ihrem Leben etwa 600 Blattläuse. 2) Zweipunkt, Adalia bipunctata ( ä vgl. Abb. ), 3,5–5,5 mm, sehr häufig, mit ähnlicher Lebensweise. Bemerkenswert ist die enorme Farbvariation, die von Flügeldecken rot mit je einem schwarzen Punkt über ausgedehntere Schwarzmusterung bis schwarz mit roten Punkten reicht (Selektion I). Die einzelnen Farbmorphen basieren auf mindestens 3 allelomorphen Genen, die in unterschiedlicher Weise rezessiv und dominant sind. Rein rot mit wenig schwarz ist rezessiv. Die einzelnen Farbmorphen haben unterschiedliche Temperatur-Überlebenschancen, so daß sich im Laufe des Jahres und nach der Überwinterung als Käfer diese in wechselnden Häufigkeiten innerhalb einer Population finden (balancierter Polymorphismus). Käfer und Larven sind eifrige Blattlausfresser. 3) Der Augenmarienkäfer, Anatis ocellata ( ä vgl. Abb. ), ist mit 8–12 mm Länge unser größter Marienkäfer, der mit Vorliebe in Nadelwäldern von Blattläusen lebt. 4) Bei uns überall häufig ist der Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer, Thea vigintiduopunctata ( ä vgl. Abb. ), 3–4,5mm, hellgelb, mit 22 schwarzen Punkten auf beiden Elytren; wie alle Psylloborini-Arten Mehltaupilzfresser. 5) Überaus artenreich sind die sehr kleinen Vertreter der Gattung Scymnus, die oft hochspezialisiert Jagd auf Schildläuse machen. 6) Spinnmilben werden von winzigen (1,5 mm) Stethorus punctillum gefressen. Abart (Abb.), biologische Schädlingsbekämpfung; Mimese .
H.P.
Marienkäfer
Siebenpunkt (Coccinella septempunctata),a Larve, b Puppe, c Adultus; d Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfer (Thea vigintiduopunctata),e Augenmarienkäfer (Anatis ocellata),f Zweipunkt (Adalia bipunctata)
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