Lexikon der Biologie: Plethodontidae
Plethodontidae [von *pleth- , griech. odōn = Zahn], lungenlose Salamander, mit 23 Gattungen ( vgl. Tab. ) und über 180 Arten umfang- und erfolgreichste Familie der Schwanzlurche; enthält mehr als 60% aller Schwanzlurcharten. Kennzeichnend sind das Fehlen von Lungen – nur die Bachsalamander haben noch Reste davon – und eine mit Drüsen ausgekleidete Rinne, die vom Nasenloch zur Oberlippe zieht und bei einigen Arten an der Oberlippe zu einem kleinen Cirrus ausgezogen ist; dient wahrscheinlich dazu, Geruchsstoffe vom Boden an die Nasenöffnungen zu leiten. Viele Arten haben geschlechtsspezifische Balzdrüsen, die bei den komplizierten Paarungsmärschen eingesetzt werden; bei einigen Arten haben die Männchen vergrößerte Zähne im Oberkiefer, die ebenfalls bei der Balz eingesetzt werden. Plethodontiden sind meist schlanke, mittelgroße bis kleine, äußerst agile Salamander; manche können sogar springen, andere klettern, und die wasserlebenden Arten sind schnelle Schwimmer. Mit ihren großen Augen und den vorschnellbaren Zungen können viele Vertreter auch flinke Insekten wahrnehmen und erbeuten. Die Bachsalamander, die keine weit vorstreckbare Zunge besitzen, haben einen besonderen Kiefermechanismus entwickelt: sie heben den Oberkiefer und halten den Unterkiefer starr. Die olfaktorische Orientierung ist ebenfalls gut ausgebildet; manche Arten bilden Territorien und können die anderer Artgenossen vom eigenen am Geruch unterscheiden. Die oberirdisch lebenden Arten sind nachtaktiv, Hauptaktivitätszeiten der meisten Arten sind Frühjahr und Herbst; hohe Temperaturen vertragen nur einige Schleuderzungensalamander. Bei Gefahr können einige Arten giftigen und sehr klebrigen Schleim absondern, der z.B. einer kleinen Schlange den Mund so verkleben kann, daß sie erstickt. Andere Arten können den Schwanz autotomieren. – Die Plethodontiden sind ökologisch sehr vielgestaltig. Sie besiedeln alle für Salamander geeigneten Lebensräume. Neben permanent wasserlebenden Vertretern, wie manche Bachsalamander der Gattung Desmognathus und vor allem Leurognathus, gibt es unterirdisch lebende, wie Gyrinophilus palleucus (Porphyrsalamander) und die Brunnenmolche, Grottensalamander und Blindsalamander, sowie terrestrische (die Mehrzahl) und sogar baumlebende Arten (Baumsalamander). Ihr Verbreitungsschwerpunkt ist Nordamerika. Von dort haben die Schleuderzungensalamander über Mittelamerika die südamerikanischen Tropen bis zum 20. Breitengrad erobert und dabei eine reiche adaptive Radiation durchgemacht: mehr als die Hälfte der Plethodontiden-Arten gehört zu den Schleuderzungensalamandern. Nur die Höhlensalamander der Gattung Hydromantis, ebenfalls Schleuderzungensalamander, fallen aus dem Rahmen: sie haben Vertreter in Kalifornien (heute von manchen Autoren als Hydromantoides abgetrennt) und in Südeuropa. – Die Plethodontiden waren wahrscheinlich ursprünglich Bewohner kühler, sauerstoffreicher Bergbäche, ähnlich wie heute noch der Bachsalamander Leurognathus. Hier haben sie die Lungen verloren, die, weil sie Auftrieb verleihen, in rasch fließendem Wasser wegen der Gefahr der Abdriftung nachteilig sind. Ihre Evolution begann vermutlich im Osten von Nordamerika. Sie führte einerseits zur Entwicklung unterirdischer Arten, andererseits zu immer weitergehender Unabhängigkeit vom Wasser. Die Bachsalamander und die Hemidactylini ( vgl. Tab. ) haben noch aquatische Larven, und Arten wie Gyrinophilus palleucus und die Grotten- und Blindsalamander, alles Höhlenbewohner, sowie manche Wassersalamander behalten zeitlebens larvale Merkmale, wie äußere Kiemen, und bleiben im Wasser. Manche Bachsalamander legen ihre Eier schon am Land ab, am Ufer von Bächen, und das Weibchen bewacht diese; die Larven schlängeln sich später von dort ins Wasser. Die Waldsalamander, Baum- und Schleuderzungensalamander schließlich legen wenige große Eier unter Steinen, in feuchtem Fallaub oder in Baumlöchern ab; diesen Eiern entschlüpfen fertig verwandelte Jungsalamander. Bei vielen Arten bewacht das Weibchen die Eier und hält sie feucht. Gleichzeitig mit der Evolution zu mehr terrestrischen Formen erfolgte eine Ausbreitung nach Westen. Die Bachsalamander bewohnen nur den Osten Nordamerikas, ebenso die meisten Hemidactylini. Wald- und Baumsalamander haben Vertreter im Osten und Westen Nordamerikas, der Eschscholtz-Salamander (Ensatina eschscholtzii) und die Schleuderzungensalamander fehlen im Osten; sie haben sich vom Westen aus weiter nach Süden bis in die Tropen ausgebreitet. – Plethodontiden sind in Nordamerika beliebte Objekte wissenschaftlicher Forschungen (Einnischung verschiedener sympatrischer Arten, sexuelle Selektion, Habitatselektion, Energiehaushalt, „optimal foraging Theorie“ und anderes).
P.W.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.