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Lexikon der Chemie: Glycerin

Glycerin, Glycerol, Propan-1,2,3-triol, der einfachste Alkohol mit drei Hydroxygruppen, eine viskose, hygroskopische, süß schmeckende, farb- und geruchlose Flüssigkeit; F. 18,6 °C, Kp. 290 °C (Z.), nD20 1,4746. G. ist wasserdampfflüchtig und mit Wasser und niederen Alkoholen unbegrenzt, mit Ether jedoch nicht mischbar.

Vorkommen. In der Natur ist G. als alkoholischer Bestandteil der Fette, fetten Öle und vieler Phosphatide weit verbreitet. Durch fettspaltende Enzyme (Lipasen) werden die Fette im Verdauungstrakt hydrolysiert, das freiwerdende G. wird vom Organismus resorbiert und im Stoffwechsel umgesetzt.

Gewinnung. G. wird technisch aus Allylchlorid oder Allylalkohol durch Addition von unterchloriger Säure HOCl und anschließende alkalische Hydrolyse hergestellt, ferner mittels Fettspaltung, die industriell mit Wasserdampf bei etwa 200 °C und einem Druck von 2·103 kPa durchgeführt wird. Die durch Zugabe von Sulfiten besonders gelenkte alkoholische Gärung, die zu einem relativ hohen Anteil am G. führt, wird zur biotechnologischen Herstellung genutzt.

Eigenschaften und Reaktionen. Mit Alkalimetallen bildet G. salzartige Glycerate, mit Schwermetall-Ionen Metallkomplexe. Bei der Oxidation entstehen je nach Reaktionsbedingungen verschiedene Produkte (Abb.). Einwirkung milder Oxidationsmittel, z. B. Bromwasser, läßt ein Gemisch von Glycerinaldehyd und 1,3-Dihydroxyaceton entstehen. Diese beiden Verbindungen können sich über ein Endiol ineinander umlagern (Lobry-de-Bruyn-van-Ekenstein-Umlagerung). Weitere Produkte sind Glycerinsäure, Tartron- und Mesoxalsäure. Veresterungen sind mit vielen anorganischen und organischen Säuren möglich. Mit Monocarbonsäuren werden Mono-, Di- oder Triester, z. B. Glycerinacetate, gebildet.



Glycerin. Abb.: Oxidationsprodukte des Glycerins.

Die Veresterung mit Phthalsäure und anderen Dicarbonsäuren führt zu Polyestern, die als Alkydharze breit angewendet werden, z. B. im Alkydharzlack. Bei Einwirkung einer Mischung von konz. Salpetersäure und Schwefelsäure auf G. entsteht Glycerintrinitrat, bekannt als Nitroglycerin (Sprengstoff bzw. in hoher Verdünnung Medikament gegen Angina pectoris).

Verwendung. G. wird in großem Maßstab als Frostschutzmittel, Bremsflüssigkeit bzw. zur Druckübertragung in hydraulischen Anlagen, als Salbengrundlage, Textilhilfsmittel, Weichmacher und zur Wärmeübertragung in Heizsystemen verwendet. Wegen seiner hygroskopischen Eigenschaften dient es als Zusatz zu Seifen, Tabak, Hautpflegemitteln, Zahnpasten und Druckfarben. In der Nahrungs- und Genußmittelindustrie wird es zum Süßen von Likören und Essenzen verwendet.

  • Die Autoren
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Redaktion:
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